Die Heiratsschwindlerin
immer Allans Schulter küsste, langte versuchsweise um sie herum und berührte ihre Brust – und stellte zu seiner Überraschung fest, dass er erregt war. Er wollte den Körper dieses Mädchens berühren. Er wollte sie küssen. Der Gedanke, wieder mit ihr zu schlafen, erregte ihn. Er war normal. Er konnte normal sein.
»Läufst du vor mir davon?«, fragte Allan ein paar Tage später, als sie zusammen Nudeln aßen. »Brauchst du etwas Freiraum?«
»Nein!«, erwiderte Rupert allzu nachdrücklich. »Alles in Ordnung.« Einen Augenblick sah Allan ihn schweigend an, dann legte er seine Gabel ab.
»Bitte keine Panik.« Er langte nach Ruperts Hand und zuckte zusammen, als Rupert sie fortzog. »Gib nichts auf, was wunderschön sein könnte, nur weil du Angst hast.«
»Ich habe keine Angst!«
»Natürlich hast du Angst. Jeder hat Angst. Ich auch.«
»Du?« Rupert versuchte, nicht trotzig zu klingen. »Wieso in aller Welt hast du Angst?«
»Ich habe Angst«, erwiderte Allan langsam, »weil ich verstehe, was du tust, und ich weiß, was das für mich bedeutet. Du versuchst zu fliehen. Du versuchst, von mir loszukommen. In ein paar Wochen gehst du auf der Straße an mir vorbei und siehst weg. Habe ich recht?«
Er schaute Rupert mit dunklen Augen an und wartete darauf, dass er ihm widersprach. Aber Rupert schwieg.
Danach war es schnell bergab gegangen. Eine Woche vor Beginn des neuen Semesters führten sie eine letzte Unterhaltung in einer kaum besuchten Bar des Keble College.
»Ich kann einfach nicht …«, murmelte Rupert, steif vor Befangenheit, ein Auge auf den gleichgültigen Barkeeper gerichtet. »Ich bin nicht …« Er beendete den Satz nicht, trank stattdessen einen großen Schluck Whisky. »Du verstehst nicht.« Er sah flehend zu Allan auf, dann rasch wieder fort.
»Nein«, sagte Allan leise, »ich verstehe nicht. Wir waren glücklich miteinander.«
»Es war ein Fehler. Ich bin nicht schwul.«
»Du fühlst dich von mir also nicht angezogen?«, fragte Allan und heftete die Augen auf Ruperts. »Ist es das? Du fühlst dich von mir nicht angezogen?«
Rupert erwiderte seinen Blick und hatte dabei das Gefühl, etwas würde in ihm entzweireißen. In einem Pub warteten Ben und zwei Mädchen auf ihn. Diese Nacht würde er fast sicher mit einer von ihnen schlafen. Aber er wollte Allan mehr als jedes Mädchen.
»Nein«, sagte er schließlich. »Tu ich nicht.«
»Gut«, sagte Allan wütend. »Lüg mich an. Lüg dich an. Heirate. Bekomm ein Kind. Tu so, als seist du hetero. Aber du wirst fühlen, dass du es nicht bist, und ich fühle es auch.«
»Bin ich aber«, entgegnete Rupert schwach und sah Allans Augen verächtlich aufblitzen.
»Was auch immer.« Sein Glas war leer, und er stand auf.
»Wirst du klarkommen?«, fragte Rupert, der Allan beobachtete.
»Tu nicht so gönnerhaft«, rief Allan hitzig zurück. »Nein, ich komme nicht klar. Aber ich komme darüber hinweg.«
»Es tut mir leid.«
Allan hatte nichts mehr erwidert. Rupert hatte wortlos beobachtet, wie er die Bar verließ, eine oder zwei Minuten lang empfand er nichts als rohen Schmerz. Doch nach zwei weiteren Whiskys fühlte er sich ein wenig besser. Wie ausgemacht traf er Ben in dem Pub, trank ein paar Pints und noch eine ganze Menge Whisky. Später an diesem Abend, nachdem er mit dem hübscheren der beiden Mädchen, die Ben aufgerissen hatte, geschlafen hatte, lag er wach und sagte sich immer wieder, er sei normal, er sei wieder auf Kurs, er sei glücklich. Und noch eine ganze Weile war es ihm gelungen, das zu glauben.
»In ein paar Minuten wird Tom da sein.« Francescas Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück. Rupert blickte auf. Sie stand an der Tür, in den Händen ein Tablett. Darauf die cremefarbene Teekanne, die sie für ihre Hochzeitsliste ausgewählt hatten, dazu Tassen, Untertassen und ein Teller mit Schokoladenkeksen.
»Verdammt, Francesca«, sagte Rupert matt. »Wir veranstalten doch keine Teeparty.« Sie machte ein verletztes, schockiertes Gesicht, dann fing sie sich wieder und nickte.
»Vielleicht hast du recht«, sagte sie und stellte das Tablett auf einem Stuhl ab. »Vielleicht ist das ein bisschen unpassend.«
»Die ganze Sache ist unpassend.« Rupert stand auf und ging langsam zur Tür. »Ich spreche doch mit Tom nicht über meine sexuellen Neigungen!«
»Aber er möchte helfen!«
»Ach was!«, widersprach Rupert Francesca. »Er möchte dirigieren. Nicht helfen.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Francesca und runzelte die
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