Die Heiratsschwindlerin
fragte sie zittrig.
»Was ist denn los?«, erkundigte sich James, der Milly in die Diele folgte. »Olivia, ist alles in Ordnung mit dir?«
»Nein, keineswegs«, entgegnete Olivia mit stockender Stimme. »Pfarrer Lytton ist heute Nachmittag vorbeigekommen.« Sie sah über ihre Schulter. »Nicht wahr, Isobel?«
»Ja.« Isobel kam aus dem Wohnzimmer. »Er hat bei uns reingeschaut.« Sie zog eine Grimasse in Millys Richtung, und Milly starrte zurück, die Kehle wie zugeschnürt.
»Was hat er denn …«
»Er kam mit einer lächerlichen Geschichte über Milly daher!«, erzählte Olivia. »Hat behauptet, sie sei schon verheiratet.«
Milly rührte sich nicht. Ihre Augen schossen zu Isobel und wieder zurück.
»Bloß dass Isobel sie gar nicht für so lächerlich hält!«, sagte Olivia.
»Ach, wirklich?« Milly warf Isobel einen vernichtenden Blick zu.
»Mummy!«, rief Isobel schockiert. »Das ist nicht fair! Milly, ehrlich, ich habe überhaupt nichts gesagt. Ich habe gesagt, wir sollten warten, bis du wieder da bist.«
»Ja«, sagte Olivia. »Und nun ist sie wieder da. Deshalb sollte mir eine von euch jetzt mal lieber erzählen, was nun eigentlich Sache ist.« Milly sah von einem zum anderen.
»Na gut«, sagte sie mit bebender Stimme. »Lasst mich bloß noch meinen Mantel ausziehen.«
Während sie ihren Schal abnahm, den Mantel auszog und dann beides aufhängte, herrschte Schweigen. Sie drehte sich um und blickte in die Runde.
»Vielleicht sollten wir alle etwas trinken«, schlug sie vor.
»Ich will nichts trinken!«, rief Olivia. »Ich will wissen, was los ist. Milly, hat Pfarrer Lytton recht? Warst du schon mal verheiratet?«
»Wartet eine Minute, ich möchte mich hinsetzen«, bat Milly verzweifelt.
»Kommt nicht in Frage!«, schrie Olivia. »Du brauchst keine Minute! Wie lautet die Antwort? Warst du schon mal verheiratet oder nicht? Ja oder nein, Milly? Ja oder nein?«
»Ja!«, schrie Milly. »Ich bin verheiratet! Ich bin seit zehn Jahren verheiratet!«
Ihre Worte hallten in der Diele wider. Olivia wich zurück und klammerte sich an das Treppengeländer.
»Ich habe geheiratet, als ich in Oxford war«, fuhr Milly mit bebender Stimme fort. »Ich war achtzehn. Es … es hat nichts bedeutet. Und ich hab gedacht, das würde nie jemand herausbekommen. Ich hab gedacht …« Sie brach den Satz ab. »Ach, was soll’s?«
Schweigen. Isobel warf Olivia einen ängstlichen Blick zu. Deren Gesicht war dunkelrot angelaufen, sie schien Probleme mit der Atmung zu haben.
»Ist das dein Ernst, Milly?«, fragte sie schließlich.
»Ja.«
»Du hast wirklich mit achtzehn geheiratet? Und hast gedacht, das käme nicht raus?«
Eine Pause – dann nickte Milly kläglich.
»Dann bist du sehr, sehr dämlich!«, kreischte Olivia. Ihre Stimme peitschte durch den Raum, und Milly erbleichte. »Du bist ein dummes, egoistisches Ding! Wie konntest du dir einbilden, dass das niemand herausfinden würde? Wie hast du so dumm sein können? Du hast uns alles kaputtgemacht!«
»Hör auf!«, befahl James wütend. »Hör auf, Olivia!«
»Es tut mir leid«, flüsterte Milly. »Wirklich.«
»Was bringt es denn, dass es dir leidtut!«, kreischte Olivia. »Dafür ist es zu spät! Wie konntest du mir das antun?«
»Olivia!«
»Ich nehme an, du hast dich für clever gehalten, was? Zu heiraten und es geheim zu halten. Ich schätze, du hast dich für schrecklich erwachsen gehalten!«
»Nein«, erwiderte Milly kläglich.
»Wer war’s? Ein Student?«
»Ein Gastdozent.«
»Hat dein Herz im Sturm erobert? Hat dir alles Mögliche versprochen?«
»Nein!«, brüllte Milly, der es mit einem Mal zu viel wurde. »Ich habe ihn geheiratet, um ihm zu helfen! Damit er in England bleiben konnte!«
Olivia starrte Milly an, und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich allmählich, als sie die ganze Bedeutung von Millys Worten erfasste.
»Du hast einen illegalen Einwanderer geheiratet?«, flüsterte sie. »Einen illegalen Einwanderer ?«
»Sag das nicht so!«
»Was für ein illegaler Einwanderer war das denn?« Olivias Stimme nahm hysterische Töne an. »Hat er dir gedroht?«
»Herrgott noch mal, Mummy!«, sagte Isobel.
»Olivia«, sagte James. »Beruhige dich. Das hilft doch auch nicht weiter.«
»Helfen?« Olivia drehte sich zu James um. »Warum sollte ich helfen wollen? Begreifst du, was das alles bedeutet? Wir müssen die Hochzeit abblasen!«
»Verschieben, vielleicht«, wandte Isobel ein. »Bis die Scheidung durch ist.« Sie warf Milly einen
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