Die Heiratsschwindlerin
bisher.«
»Simon hat nicht mal den Kopf umgewandt«, meinte Milly unglücklich. »Nicht mal zugehört hat er!«
»Typisch. Noch so ein Sturschädel.«
»Ich komme mir so dumm vor«, sagte Milly. »So verdammt dumm!« Ein neuer Tränenstrom setzte ein. »Wie konnte ich ihn nur heiraten wollen? Er hat gesagt, ich hätte das Ehegelöbnis befleckt. Und er könne mir keinen Glauben mehr schenken. Er hat mich angesehen, als wäre ich ein Ungeheuer!«
»Ich weiß«, sagte Esme besänftigend.
»Die ganze Zeit, die wir zusammen waren«, Milly wischte sich die Tränen ab, »sind wir uns gar nicht wirklich näher gekommen, nicht? Simon kennt mich überhaupt nicht! Und wie kann man jemanden heiraten, den man gar nicht kennt? Wie? Eigentlich hätten wir uns nicht mal verloben dürfen. Die ganze Zeit war es bloß …« Als ihr ein neuer Gedanke kam, brach sie unvermittelt ab. »Erinnerst du dich daran, als er mir den Heiratsantrag gemacht hat? Er hatte alles nach seinen Vorstellungen geplant. Er führte mich zu dieser Bank im Garten seines Vaters, und er hatte den Diamantring bereits in der Tasche stecken, und er hatte sogar eine Champagnerflasche in einem Baumstumpf versteckt!«
»Schatz …«
»Aber nichts davon hatte mit mir zu tun, stimmt’s? Nur mit ihm. Er hat gar nicht an mich gedacht, selbst damals.«
»Genau wie sein Vater«, bemerkte Esme mit plötzlicher Schärfe in der Stimme. Milly wandte sich verwundert zu ihr um.
»Du kennst Harry?«
»Von früher.« Esme bürstete schneller. »Jetzt nicht mehr.«
»Ich fand Harry eigentlich immer ganz nett«, schluckte Milly. »Aber, was weiß ich schon? In Simon habe ich mich ja auch total getäuscht, oder?« Ihre Schultern bebten vor Schluchzern, und Esme hörte mit dem Bürsten auf.
»Schatz, warum gehst du nicht ins Bett?«, schlug sie vor. Sie fasste Millys blondes Haar zu einem Strang zusammen und ließ ihn dann fallen. »Du bist überreizt, du bist müde, du brauchst eine große Mütze Schlaf. Denk dran, du bist heute früh aufgestanden, du bist nach London gefahren und wieder zurück. Du hast einen ganz schön anstrengenden Tag hinter dir.«
»Ich werde nicht schlafen können.« Wie ein Kind sah Milly mit verweintem Gesicht zu Esme auf.
»Doch, das wirst du«, erwiderte Esme ruhig. »Ich habe ein bisschen was in dein Getränk gemischt. Es sollte bald wirken.«
»Oh!« Milly starrte einen Augenblick in ihren Becher, dann leerte sie ihn. »Verabreichst du all deinen Gästen Drogen?«
»Nur den ganz besonderen«, erwiderte Esme und schenkte Milly ein heiteres Lächeln.
Als Isobel die Rühreier aufgegessen hatte, lehnte sie sich seufzend zurück.
»Das war köstlich. Dank dir.« Es kam keine Antwort. Sie blickte auf. Olivia saß mit geschlossenen Augen über ihr Weinglas gebeugt. »Mummy?«
Olivia öffnete die Augen. »Du bist fertig«, bemerkte sie benommen. »Möchtest du noch etwas mehr?«
»Nein, danke. Hör mal, Mummy, warum gehst du nicht ins Bett? Morgen Vormittag haben wir eine Menge zu erledigen.«
Einen Augenblick starrte Olivia sie ausdruckslos an; dann, als hätte man sie plötzlich wachgerüttelt, nickte sie.
»Ja. Du hast recht.« Sie seufzte. »Weißt du, einen Augenblick lang hatte ich es vergessen.«
»Geh ins Bett«, wiederholte Isobel. »Ich räum hier auf.«
»Aber du …«
»Mir geht’s gut«, erwiderte Isobel fest. »Außerdem möchte ich mir eh noch eine Tasse Tee machen. Ab mit dir!«
»Na dann, gute Nacht.«
»Gute Nacht.«
Isobel beobachtete, wie ihre Mutter den Raum verließ, dann erhob sie sich und füllte den Wasserkessel. Sie lehnte sich an die Spüle und blickte auf die dunkle, stille Straße hinaus, als sie plötzlich jemanden die Haustür aufsperren hörte.
»Milly?«, fragte sie. »Bist du es?«
Einen Augenblick später ging die Küchentür auf, und ein fremder junger Mann in Jeansjacke kam herein. Er trug eine große Tasche und wirkte schäbiger als die meisten Gäste. Isobel musterte ihn einen Augenblick lang neugierig. Dann ging ihr ein Licht auf, und siedende Wut stieg in ihr hoch. Das war er also. Alexander. Die Ursache allen Übels.
»Wie können Sie es wagen, hier noch einmal aufzukreuzen?« Isobel bemühte sich, nicht zu laut zu werden. »Ich verstehe nicht, wie Sie sich das trauen können!«
»Ich bin nun mal ein tapferer Kerl!« Alexander kam auf sie zu. »Man hat mir verschwiegen, dass Sie auch schön sind.«
»Kommen Sie mir nicht zu nahe!«, zischte Isobel.
»Sie sind aber nicht gerade
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