Die heiße Nacht auf den Bahamas
in
Ordnung?" fragte er freundlich.
"Mir
geht es gut, danke", antwortete sie.
"Sie
können gern das Haustelefon benutzen, wenn Sie jemanden anrufen
möchten."
"Jemanden
anrufen?"
"Jemanden,
der Sie abholt und nach Hause fährt."
"Nein",
sagte sie.
"Also
gut", sagte er. "Dann werde ich Ihnen ein Taxi rufen."
Cassie
fiel ein, dass sie kaum noch Geld besaß. "Nein, ich wohne
ganz in der Nähe. Ich werde einfach zu Fuß gehen."
Eigentlich
wohnte sie überhaupt nicht in der Nähe. Nach ihren
erfolglosen Bemühungen, Axon zu treffen, war sie zu ihrem Motel
zurückgegangen, einem traurig aussehenden Gebäude, mehrere
Blocks vom Strand entfernt. Doch ihren letzten Abend auf den Bahamas
hatte sie nicht in einem kleinen dunklen Zimmer verbringen wollen.
Deshalb war sie zum Strand spaziert und hatte alles fotografiert, was
ihre Fantasie angeregt hatte: Eine Frau, deren Haar mit Bändern
geschmückt war, einen alten Mann, der Muschelketten verkaufte,
ein kleines Kind, das in den Wellen spielte.
Wie
weit lag ihr Hotel eigentlich entfernt? Eine halbe Stunde? Eine
Stunde?
Lautes
Geschrei unten vom Strand störte ihre Gedanken. In einiger
Entfernung konnte sie den aufdringlichen Mann von vorhin sehen. Er
hatte sich wieder zu seinen Freunden gesellt, und sie sprangen alle
herum, brüllten und machten unanständige Gesten in Richtung
einer Gruppe Frauen.
"Ich
bringe Sie nach Hause", sagte der Barkeeper, und Cassie wandte
sich ihm zu. Er beobachtete die Männer. "Wo wohnen Sie?"
Sie
zögerte. Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie ihm weder sagen
wollte, wo sie wohnte, noch wollte sie von ihm nach Hause gebracht
werden. Sie kannte ihn nicht. Auch wenn sie nur wenige Minuten zuvor
von einer romantischen Szene mit ihm geträumt hatte, war sie
doch immer noch Cassie Edwards, das nette, brave Mädchen aus
Shanville. Die dreiundzwanzig Jahre alte Jungfrau. Die Verlobte von
Oliver Demion.
Nein,
die Exverlobte von Oliver Demion.
"Danke
für Ihr Angebot, aber ich komme zurecht." Nein, sie konnte
sich von ihm nicht nach Hause bringen lassen. Doch es gab etwas, was
sie sich wünschte. Sie nahm ihre Kamera. "Würde es
Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Sie fotografiere?"
Er
sah sie an, als hätte ihm zum ersten Mal jemand so eine Frage
gestellt.
"Es
geht ganz schnell", versprach sie.
"Sicher",
erwiderte er und blieb bewegungslos stehen.
Cassie
schaute durch den Sucher und stellte die Schärfe ein. Der
Barkeeper blickte mit leicht amüsiertem Gesichtsausdruck direkt
in die Kamera.
Cassie
betätigte den Auslöser und lächelte. "Großartig.
Vielen Dank."
Er
zuckte die Schultern. "Keine Ursache."
Während
sie ihre Handtasche öffnete, um ihr Geld herauszuholen,
überlegte sie, ob er wohl hier stehen bleiben würde, bis
sie weggegangen war. Sie legte das Geld auf den Tisch. "Wie ich
schon sagte, bin ich ein Fan von Fotos", erklärte sie.
"Seit ich meine erste Kamera bekam …"
Doch
sie redete mit sich selbst. Er war fort.
Cassie
schaute sich im Lokal um, entdeckte jedoch keine Spur von ihm. Es
war, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Cassie seufzte.
Sie hatte ihre Chance gehabt, aber sie hatte sie vermasselt.
Nach
einem letzten Blick auf die Bar drehte sie sich um und ging.
Plötzlich blieb sie stehen. Der Barkeeper befand sich keine
fünfzehn Meter von ihr entfernt. Er lehnte an einer Palme, hatte
die Hände in die Hosentaschen gesteckt und schaute aufs Meer.
Erneut
überfiel sie Nervosität. Sollte sie jetzt vorbeieilen, als
hätte sie ihn nicht bemerkt? Oder sollte sie versuchen, eine
Unterhaltung mit ihm zu beginnen?
Er
drehte sich um und lächelte. Man hätte fast meinen können,
er hätte auf sie gewartet. "In welche Richtung gehen Sie?"
Irgendetwas
an seinem umwerfenden Lächeln bewirkte, dass sie nicht mehr klar
denken konnte. "Da entlang", sagte sie und wies mit dem
Kopf nach links.
"Ich
auch", erwiderte er. "Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich
ein Stück mit Ihnen gehe?"
Cassie
lachte nervös. "Klar."
"Macht
es Ihnen nun etwas aus oder nicht?"
"Es
macht mir nichts aus", erwiderte sie rasch, und er lächelte
wieder. Dann gingen sie nebeneinander die Straße entlang.
Cassie
war nicht sicher, ob er zufällig die gleiche Richtung hatte wie
sie. Aber sie hoffte, es war kein Zufall. Verstohlen warf sie ihm
einen Blick aus den Augenwinkeln zu. Als sie merkte, dass er sie
ansah, errötete sie und schaute schnell weg. Sie kannten nicht
einmal den Namen des anderen. Doch aus irgendeinem Grund schien das
keine Rolle zu
Weitere Kostenlose Bücher