Die heißen Kuesse der Revolution
sich den Nacken massierte. War die Anspannung so groß?
„Ich habe mich gefragt, wieso Jack Sie hierhergebracht hat.“
Charles sah sie an.
Da er nichts erwiderte und sie seinen Blick nicht verstand, sagte sie: „Ich habe Jack noch nicht gesehen, seit er Sie hierhergebracht hat. Er kommt und geht, wie es ihm passt. Als ich nach Hause kam und Sie in diesem schrecklichen Zustand hier vorfand, war er längst wieder weg. Also habe ich mich natürlich gefragt, warum Sie hier sind. Lucas sagte lediglich, Jack hätte Sie auf einem Kai in Brest gefunden, wo Sie zu verbluten drohten.“
Er zögerte. „Ich muss Ihnen etwas gestehen, Julianne. Ich habe keinerlei Erinnerung daran, wie ich hierhergekommen bin.“
Sie war verblüfft. „Warum haben Sie denn nichts gesagt?“, rief sie besorgt aus.
„Wir haben uns doch grade erst kennengelernt.“
Diese Erklärung wollte ihr nicht einleuchten. Warum hatte er sie nicht gefragt, was ihn in dieses Haus verschlagen hatte, wenn er selbst sich nicht daran erinnern konnte? Wie merkwürdig! Aber sie war voller Mitgefühl. „Woran können Sie sich denn noch erinnern? Oder haben Sie weitere Gedächtnislücken?“
„Ich weiß noch, dass ich in der Schlacht verwundet wurde“, antwortete er. „Wir kämpften gegen die Royalisten in der Vendée. Als ich einen dumpfen Schlag im Rücken spürte, wusste ich, jetzt hat es mich erwischt. Mein ganzer Körper war erfüllt von Schmerzen, und dann wurde alles um mich herum schwarz.“
Er hatte also tatsächlich an dieser großen Schlacht gegen die Royalisten in der Vendée teilgenommen! Doch als sie ihm von dem Triumph erzählte, hatte er nicht einmal geblinzelt. Julianne fragte sich, warum Charles keine Freude zeigte, denn die Niederlage der Royalisten musste ihn doch eigentlich begeistern. Es kam ihr seltsam vor, dass er sich den Anschein der Teilnahmslosigkeit gab, als er vom Ausgang seiner letzten Schlacht erfuhr. „Liegt Nantes nicht im Landesinneren?“
Er betrachtete den Tisch. „Ich kann nur vermuten, dass mich meine Männer nach Brest gebracht haben. Ich wünschte, ich könnte mich an irgendetwas erinnern. Vielleicht haben sie einen Wundarzt gesucht, uns fehlen ständig Ärzte. Vielleicht wurden wir auch vom Hauptteil unserer Truppen abgeschnitten. Es ist auch möglich, dass es Deserteure waren.“ Jetzt sah er ihr in die Augen. „Es gibt so viele verschiedene mögliche Erklärungen. Sie könnten sogar beschlossen haben, mich dort liegen und sterben zu lassen, als sie es bis nach Brest geschafft hatten.“
Julianne war erschüttert. Wie konnten seine Männer ihn sterbend zurückgelassen haben? Waren es solche Feiglinge? Charles starrte sie so eindringlich an. Ihr lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Was für ein Glück, dass Jack Sie dort gefunden hat! Mir war gar nicht klar, aus welchem Grund er Sie nach Cornwall gebracht haben könnte“, sagte sie und blickte ihn an, „aber es kann sein, dass er sie für einen anderen Schmuggler gehalten hat. So wie ich meinen Bruder kenne, wollte er wahrscheinlich in aller Eile die Segel setzen. Meistens flüchtet er in letzter Sekunde vor fremden Flotten oder dem Zoll. Ich vermute, dass er Sie nicht dort sterben lassen wollte, also brachte er Sie eben an Bord seines Schiffes und segelte hierher. Lucas wird Sie auch für einen Schmuggler halten.“
„Was immer da auch passiert sein mag, es ist in jedem Fall ein großes Glück! Denn hätte Jack mich nicht gerettet, wäre ich jetzt nicht hier.“
Charles sah sie auffordernd an. „Ich bin so froh, dass er Sie gerettet hat“, sagte sie sanft. „Früher oder später wird Jack nach Hause kommen. Dann werden wir schon herausfinden, was wirklich vorgefallen ist.“
Er streckte seine große Hand über den Tisch aus und umschloss ihre viel kleinere zärtlich. „Das Schicksal hat mich in Ihre Hände gelegt“, sagte er. „Das soll uns für den Augenblick genügen, meinen Sie nicht? Sie haben mir das Leben gerettet.“
Der sanfte Klang seiner Stimme verzückte sie. Sie spürte ein Kribbeln, das sich ganz langsam von ihrem Haaransatz im Nacken über den Rücken ausbreitete.
Seufzend löste er seine Hand von der ihren und rieb sich noch einmal den Nacken. „Dem Himmel sei Dank“, sagte er leise, „für Jack.“
Julianne betrachtete ihn.
Er erwiderte ihren Blick und schnitt eine Grimasse. „Ich glaube, ich habe viel zu lange im Bett gelegen. Mein Hals ist ganz verkrampft.“
Ihre Anspannung wuchs. „Haben Sie
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