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Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Titel: Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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In der Sandkiste war plötzlich die Hölle los! Nele saß auf einem brüllenden und heulenden Jungen, dem sie mit Nachdruck immer wieder ihre kleine Plastikschaufel auf den Kopf schlug. Die beiden anderen Kinder, mit denen Nele gespielt hatte, weinten erschrocken.
    Susann sprang von der Bank auf und lief zu ihrer Tochter. »Nele! Hör auf!«, rief sie. »Hör sofort auf!«
    Nele schaute zu ihrer Mutter auf. »Er hat angefangen!«, rief sie, während sie die Schaufel über dem Kopf schwang.
    »Das ist mir völlig egal!«, rief Susann. »Schluss jetzt!«
    Nele schaute noch einmal zu dem wimmernden Jungen, auf dem sie hockte, und stieg dann achselzuckend von ihm herunter.
    Susann nahm die Hand des Jungen und half ihm auf.
    »Alles okay?«, fragte sie.
    Der Junge weinte.
    »Tut dir etwas weh?«, fragte Susann. »Tut dein Kopf weh?«
    »Er hat unseren Turm kaputt getreten, und als wir gesagt haben, er soll aufhören, hat er gesagt, wir sind doof, und hat auch noch die Brücke kaputt getreten, und dann hat er Mara an den Haaren gezogen, und da hab ich …«, rappelte Nele aufgeregt herunter.
    In diesem Moment spürte Susann eine Hand, die sie grob an der Schulter packte und nach hinten zog.
    »Lassen Sie mein Kind in Ruhe!«, keifte eine Frau.
    Susann drehte sich um und sah einer etwa dreißigjährigen Frau ins viel zu stark geschminkte Gesicht.
    »Ich hab nur …«, begann Susann die Situation zu erklären.
    Doch die Frau unterbrach sie barsch: »Niemand fasst meinen Sohn an, du Fotze!«
    Daraufhin schnappte sie sich ihren immer noch plärrenden Jungen und zerrte ihn ruppig hinter sich her. Das Kind drehte sich noch einmal um und zeigte Susann den Mittelfinger. »Fotze!«, rief der Junge.
    Reizend. Susann setzte sich auf den Rand der Sandkiste und sah den beiden kopfschüttelnd hinterher. Sie war nicht wirklich überrascht. Sie unterrichtete an einer stadtbekannten »Problemschule« und hatte es sich längst abgewöhnt, bei Kraftausdrücken und Beschimpfungen zimperlich zu sein.
    »Fotze?«, wiederholte Nele nachdenklich. »Was ist eine Fotze, Mama?«
    »Das ist etwas ganz Geheimnisvolles«, antwortete Jörn, der inzwischen auch dazugekommen war, mit dramatischer Stimme. »Viele haben davon gehört, aber kaum jemand weiß etwas Genaues.«
    Susann musste lachen.
    »Ich jedenfalls weiß so gut wie nichts darüber«, sagte Jörn zu Nele. »Es ist einfach ein großes Rätsel. Ein schwarzes Loch …«
    Susann schüttelte amüsiert den Kopf.
    »Ich kann ja mal meine Lehrerin fragen, was eine Fotze ist, und dann sag ich dir Bescheid«, schlug Nele hilfsbereit vor, was Susann nun endgültig zu einem Lachkrampf verhalf.
    »Frag lieber Onkel Dille«, grinste Jörn.
    Susann riss entsetzt die Augen auf. »Oh Gott, nein!«, sagte sie zu Nele. »Frag ihn nicht. Frag nicht Onkel Dille! Frag niemanden. Ich erkläre es dir nachher in Ruhe, okay?«
    »Kennst du denn das Geheimnis?«, fragte Nele aufgeregt.
    »Ja«, grinste Susann. »Ich weiß Bescheid.«
    * * *
    Dille und Petra schauten sich in der Wohnung um. Marode war das Wort, das die zugige Altbaubude in Bahrenfeld am besten beschrieb. Dille griff nach einer der losen Tapetenbahnen, die nur noch halbherzig an der Wand hingen, und riss sie mit einem Ruck herunter.
    »Die haben hier im Laufe der Jahre mindestens sieben Schichten übertapeziert«, rief er. »Die unterste Schicht ist wahrscheinlich frühes Biedermeier. Vielleicht sind da auch noch Höhlenmalereien drunter. Das müsst ihr alles runterreißen und komplett neu machen. Wahrscheinlich sogar neu verputzen«, seufzte er. »Und dann neue Tapeten kaufen. Für fünf Räume! Das kostet!«
    »Kein Problem«, sagte Lucy.
    »Wir tapezieren nicht. Wir malen einfach nur die Wand an«, erklärte Florian.
    Petra hörte ein knackendes Geräusch und schaute auf den Boden. Eine der Holzdielen war locker, mit einer Tendenz zur Fäulnis. Sie öffnete das Fenster, dessen Scharniere einen ähnlich maroden Eindruck machten wie der Fußbodenbelag, und rümpfte die Nase. »Was stinkt denn hier so?«, fragte sie.
    »Ach das«, sagte Lucy mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Das ist nur die Ketchup-Fabrik da drüben. Das riecht man nur, wenn der Wind von Osten kommt.«
    »Also … Ich weiß nicht …«, wagte Petra einen zaghaften Vorstoß.
    »Die Wohnung ist auch viel zu groß für euch beide«, unterstützte Dille sie.
    »Deshalb suchen wir uns ja noch einen Mitbewohner«, sagte Lucy. »Vielleicht einen aus so einem Obdachlosenprojekt oder so. Die

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