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Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Titel: Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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Bernhard.«
    Anita schaute mich erstaunt an, dann begriff sie – und umarmte mich! Ohne jede Vorwarnung. Es war eine herzliche, luftraubende Umarmung. Ich war völlig überrascht.
    »Oh, wie schön! Bernhard hat so viel von dir erzählt!«, rief sie so laut, dass sich drei Männer, die gerade auf der anderen Straßenseite aus einem Auto stiegen, zu uns umdrehten.
    »Echt?«, staunte ich. »Hat er das?«
    »Ja. Von euch allen. Den Kirschkernspuckern, stimmt’s? Er hat stundenlang von euch erzählt. Er hat euch furchtbar vermisst.«
    Ich fing an zu heulen. Einfach so. Von einer Sekunde auf die andere, als würde etwas in mir explodieren, flennte ich los.
    Und so standen wir auf der Straße, diese große, klobige Frau und ich, der heulende Mann. Die Männer am Auto glotzten immer noch zu uns herüber. Einer von ihnen lachte.
    »Du bist ja süß«, sagte Anita.
    Ich zog die Nase hoch und schämte mich furchtbar. Ich hatte in den letzten zwei Jahren öfter geweint als in den zwanzig davor. Vielleicht hatte dieser Arzt mit der milden Depression doch recht gehabt? Es war mir unsagbar peinlich, so dazustehen, verheult und hilflos. Doch Anitas Blick vertrieb diese Scham. Sie lächelte mich anerkennend an, als hätte ich etwas Tolles geleistet. So, als könne ich stolz darauf sein, dass ich keine Kontrolle über meine Tränenkanäle besaß.
    »Können wir … vielleicht … irgendwo …«, stammelte ich.
    »Ja, komm, wir gehen etwas essen. Ich hab einen Mordshunger«, sagte Anita und hakte mich bei sich unter.
    Kurz darauf saßen wir in einem griechischen Restaurant, und Anita bestellte sich eine Fischplatte mit Pommes und ein Bier. Ich bestellte mir auch ein Bier, dazu nur etwas Zaziki mit Brot.
    »Ich hab mir dich größer vorgestellt«, sagte Anita. »Wenn Bernhard von dir geredet hat, warst du immer ganz groß.«
    »Tja«, lächelte ich nervös.
    Der Kellner servierte unser Bier.
    »Du kanntest Bernhard also gut?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Ich habe oft bei ihm geschlafen«, sagte sie und fügte, als sie meinen erstaunten Blick bemerkte, hinzu: »Keinen Sex. Ich mag keinen Sex. Aber ich habe oft neben ihm gelegen und ihn gehalten und umarmt. Er hatte manchmal Angst, dass er morgens nicht mehr aufwachen würde. Und manchmal war er so betrunken, dass ich ihn nach Haus bringen musste, und dann bin ich gleich dageblieben.«
    »Das finde ich toll, dass du dich um ihn gekümmert hast«, sagte ich.
    Anita schaute mich plötzlich wütend an. »Wir waren Freunde«, rief sie und schlug mit der Faust so fest auf den Tisch, dass ich zusammenzuckte. »Ich war nicht seine Pflegerin!«
    Die anderen Gäste drehten sich zu uns um.
    »Entschuldige«, stammelte ich, erschrocken über ihre lautstarke Zurechtweisung.
    »Er war so ein zarter, sanfter Mann«, sagte Anita und war von einer Sekunde auf die andere wieder ruhig. »Er hat mich gerührt. Und ich mochte seine Träume. Er hat sie mir erzählt. Fremde Länder, Menschen, denen er helfen wollte, Dorfgemeinschaften, Rituale, Rettungen … Er war ein großartiger Geschichtenerzähler. Wenn er mit mir zusammen war, hat er nie gestottert. Und manchmal, wenn er total betrunken war, flossen Phantasie und Realität ineinander, und dann tat er so, als hätte er es wirklich erlebt. Als ob ich es nicht besser wüsste. Aber ich hab mitgespielt, und manchmal hab ich so getan, als ob ich auch dabei gewesen wäre, und hab so was gesagt wie: ›Weißt du noch, wir beide gemeinsam, damals in Mali …‹, und dann hat er manchmal gelacht, und manchmal haben wir es auch ernsthaft weitergespielt, stundenlang, und das war schön.«
    »Hast du versucht, ihn vom Trinken abzubringen?«, fragte ich vorsichtig und hoffte, dass das keine Frage war, die sie wieder wütend werden ließ.
    Doch sie schüttelte bloß den Kopf. »Hätte keinen Sinn gehabt«, sagte sie. Dann räusperte sie sich und fuhr fort: »Er hat mir erzählt, dass du dich damals in der Schule neben ihn gesetzt hast«, sagte sie. »In der ersten Klasse. Dass du der erste Mensch warst, der sein Freund sein wollte.« Anita schaute mich an. Dann grinste sie: »War kein anderer Platz frei, oder?«
    Ich nickte.
    Anita zuckte mit den Schultern. »Egal. Du hast dich da hingesetzt, und ihr seid Freunde geworden, und das ist alles, was zählt.«
    Der Kellner brachte unser Essen. Anitas Portion war gigantisch groß und sah sehr lecker aus. Mein Zaziki-Schälchen war dagegen jämmerlich klein. Ich hoffte, Anita würde mir etwas von ihrem Teller anbieten,

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