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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Gott näher bringen. Amen.«
    Simon schmunzelte. »Ein ehrwürdiges Unterfangen und sicher bitter notwendig. Ich erinnere mich an eine Stelle bei Thomas von Aquin, wo es heißt: Entferne die Dirnen aus der Welt …«
    »Und du wirst die Welt mit Sodomie erfüllen«, unterbrach ihn Pater Hubertus. Er wog anerkennend seinen fetten Schädel. »Ich sehe, Ihr seid ein wahrer Gelehrter. Nur wenige kennen diese Passage des großen Dominikaners. Darf ich fragen, was Euch in diese missliche Lage gebracht hat?«
    Der Medicus erkannte eine Chance, wenn sie sich ihm bot. Also zögerte er nur einen winzigen Augenblick, bevor er antwortete.
    »Ich war in einen leidenschaftlichen Disput über die Armut unseres Heilands und die treffenden Bemerkungen Wilhelm von Ockhams verwickelt, als die Nachtwächter kamen und uns rüde unterbrachen. Mein streitbarer Gesprächspartnerkonnte fliehen, mich sperrten die Büttel in dieses zugige Loch.«
    Der Mönch schüttelte entrüstet den Kopf. »So geht die Wissenschaft vor die Hunde! Wir sollten dieses Gespräch bei mir zu Hause fortsetzen.«
    Simon sah ihn entgeistert an. »Wie meinen?«
    Pater Hubertus klopfte bereits lautstark an die Tür, die ins Innere des Rathauses führte. Die beiden Handwerker schnarchten unbeirrt weiter.
    »Lasst mich nur machen«, sagte der Mönch. »Ich kenne diese Barbaren da draußen.«
    Es dauerte einige Zeit, bis sich ein Schlüssel knirschend im Schloss drehte und der dürre Nachtwächter seine Nase durch die Türöffnung steckte.
    »Habt Ihr Euren Rausch ausgeschlafen, Pater Hubertus?« Er grinste den Mönch an.
    »Werd nicht frech, Hannes.« Der Pater drohte mit dem Finger. »Das wird ein Nachspiel haben, glaub mir. Ich werde dem Bischof Bescheid geben.«
    Der Nachtwächter seufzte. »Das sagt Ihr immer. Dabei wisst Ihr ebenso gut wie ich, dass wir auch hohe Herrschaften in Gewahrsam nehmen dürfen, wenn sie sich des Nachts ungebührlich …«
    »Ja, ja, ist schon gut.« Pater Hubertus schob den Büttel zur Seite und drückte ihm ein paar Münzen in die Hand. »Musst es ja nicht an die große Glocke hängen.« Der Mönch deutete auf Simon. »Der kommt mit mir.«
    »Der?« Der Nachtwächter sah Pater Hubertus erstaunt an. »Aber das ist ein ganz billiger Herumtreiber. Der ist nicht mal aus unserer Stadt. Das hört man doch.«
    »Und ich höre, wenn einer etwas anderes im Kopf hat als stinkendes Stroh wie euereins. Das ist ein Gelehrter, aber dafür habt ihr Schafsschädel ja keinen Blick.«
    »Soso,ein Gelehrter.« Der Nachtwächter sah Simon misstrauisch an. »Irgendwoher kenn ich diesen Gelehrten, ich weiß nur nicht …«
    »Papperlapapp«, unterbrach ihn Hubertus. »Der Mann kommt mit mir, und damit basta. Hier, für die Auslagen.«
    Er steckte dem Büttel noch zwei weitere Münzen in die Rocktasche und zog Simon in die Wachkammer, die direkt an das Narrenhäuschen angrenzte. Noch immer beäugte der hagere Nachtwächter den Medicus und knirschte dabei mit den Zähnen.
    »Ich find’s schon noch raus«, murmelte er, dann zog er Simon noch einmal ganz nah an sich heran. »Lass dich hier bloß nicht noch mal blicken, Gelehrter «, zischte er. »Das nächste Mal hast du keinen fetten Mönch an deiner Seite, der dir deine Speichelleckereien glaubt. Dann prügeln wir dir die Bildung mit dem Knüppel raus.« Er lächelte süffisant und winkte dem Pater zum Abschied, der bereits durch eine weitere Tür nach draußen polterte.
    »Bis zum nächsten Mal, Pater Hubertus«, säuselte der Nachtwächter. »War wieder nett, mit Euch Geschäfte zu machen!« Dabei blickte er drohend Simon an und fuhr sich mit dem Finger über den Hals.
    Der Medicus stolperte hinaus auf den Rathausplatz, wo soeben die ersten Handwerker ihre Läden vor den Kellern ausklappten. Im Osten ging über den Dächern Regensburgs die Sonne auf.
    Mit einem hässlichen Ratschen riss Magdalena das Hemd des Venezianers entzwei und wusch ihm das Blut von der Brust. Silvio lag in einem Himmelbett, das die gesamte Hälfte eines gewaltigen Schlafzimmers im ersten Stock einnahm. Ebenso wie in der Ankleidekammer waren auch hier Spiegel aufgehängt, außerdem Gemälde, die biblischeSzenen und allerlei kleine fette Putten zeigten. Die Bilderrahmen schienen aus purem Gold zu sein.
    » Santa Maria , ich glaube, ich bin im Himmel«, seufzte der Venezianer mit geschlossenen Augen. »Das hier muss das Paradies sein, und ein Engel sitzt an meiner Brust.«
    »Jetzt haltet endlich still, verdammt!«, fluchte Magdalena

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