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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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konnte. Süß und schwer war er, wie altes, warmes Bier, das schon zu lange in der Sonne gestanden hatte.
    Der Franziskaner zog unter seiner Kutte einen großen Schlüssel hervor und öffnete die Tür. Er machte eine leichte Verbeugung und deutete mit dem Arm ins Innere.
    »Mein Reich. Fühlt Euch ganz wie zu Hause.«
    Simon betrat ein fast turmhohes Gewölbe, in dem mehrere große Bottiche standen. Aus einigen von ihnen stieg Dampf hervor, der sich unter der Decke des Raumes wie eine Glocke wölbte; Holzfässer mit dem bischöflichen Wappenstapelten sich an den Wänden bis ganz nach oben, in der Mitte stand eine gewaltige Kupferpfanne auf einem beheizten Ziegelofen. Es war so schwül, dass dem Medicus schon nach kurzer Zeit das Hemd am Körper klebte.
    »Eine Brauerei …«, stellte er verwundert fest.
    Pater Hubertus nickte stolz. »Die bischöfliche Brauerei. Wir haben sie erst letztes Jahr bauen lassen, auf den Ruinen eines alten römischen Tors. Und ich glaube sagen zu können, dass wir das verdammt beste Bier in ganz Bayern brauen.«
    »Und Ihr seid …«, begann Simon.
    »Der bischöfliche Braumeister«, unterbrach ihn Hubertus. »Nebenbei der verflucht beste Braumeister, den der Bischof finden konnte. Seine Exzellenz liebt Bier, besonders meines.« Er grinste und goss sich und Simon jeweils einen Humpen aus einem Holzfass ein. »Deshalb kann ich mir vielleicht auch ein bisschen mehr leisten als die anderen Bediensteten. Eher verzichtet der Bischof auf die Sonntagsmesse als auf den Frühschoppen. Prost.«
    Er hielt Simon den schäumenden Humpen entgegen. Simon kostete und riss angenehm überrascht die Augen auf. Das Bier war vorzüglich; kalt, süffig, mit genau der richtigen Note Hopfen.
    »Gut, nicht wahr?« Der Franziskaner blinzelte ihn verschwörerisch an. »Das ist Weißbier. Sagt’s bloß nicht weiter! Das darf in Bayern eigentlich nur der Kurfürst brauen. Aber warum soll ein so vorzügliches Gebräu nur für Seine hochwohlgeborene Exzellenz bestimmt sein, hm? Wär doch jammerschade.« Er nahm einen tiefen Schluck und rülpste laut.
    »Setzt Euch doch und erzählt mir, was Euch als Gelehrten nach Regensburg verschlagen hat.« Pater Hubertus wies auf einen wackligen Tisch und zwei Schemel, die nebeneinem der Dampfkessel standen. »Ihr müsst wissen, dass ich mich neben dem Brauen auch mit anderen Wissenschaften und Theorien beschäftige. Wilhelm von Ockham, Thomas von Aquin, aber auch mit den weltlichen Gelehrten wie Bacon oder Hobbes.« Er seufzte. »Ich bin hier umgeben von nach Malz stinkenden Holzköpfen! Da tut es gut, sich mit einem Gleichgesinnten zu unterhalten. Also, was führt Euch hierher?«
    Simon nippte an seinem Bier und beschloss, wenigstens zum Teil die Wahrheit zu sagen.
    »Ich bin ein Medicus auf der Suche nach einer Anstellung«, murmelte er.
    »Ein Medicus, soso.« Der Pater runzelte die fette Stirn, so dass sich grabentiefe Falten darauf abzeichneten. »Und wo habt Ihr studiert, wenn ich fragen darf?«
    »In … Ingolstadt.« Simon verschwieg dem Geistlichen, dass er sein Studium schon nach wenigen Semestern aus Geldmangel, Spielsucht und Faulheit abgebrochen hatte.
    »Es ist nicht leicht, sich in der hiesigen Zunft der Ärzte durchzusetzen«, fuhr der Medicus nach kurzem Zögern fort. »Die Alten beißen die Neuen weg. Ich warte darauf, mich vor dem Regensburger Collegium prüfen zu lassen.«
    »Habt Ihr Referenzen?«
    »Ich … äh …« Nervös nestelte Simon an seinen Rocktaschen, als könnte er so ein wichtiges Papier hervorzaubern. Doch das Wunder geschah nicht. Stattdessen fühlte er einen ekligen, mehligen Batzen in seinem Münzbeutel.
    Das Pulver aus dem Alchimistenkeller!
    In der ganzen Aufregung war er noch nicht dazu gekommen, es genauer zu untersuchen. Aber im Grunde fehlten ihm dazu auch die nötigen Instrumente und Bücher. In den Katakomben der Bettler würde er dieses Rätsel sicher nicht lösen.
    Plötzlichkam ihm ein Gedanke. Simon kramte den kleinen Lederbeutel hervor und reichte ihn Pater Hubertus.
    »Referenzen habe ich leider keine dabei. Aber die ehrwürdigen Zunftmitglieder haben mir bis zur Prüfung eine Aufgabe gestellt.« Simon setzte eine gelehrte Miene auf. »Ich soll bis nächste Woche dieses Pulver bestimmen. Ihr habt nicht zufällig eine Ahnung, was es sein könnte?«
    Der Pater leerte ein wenig von dem Pulver in seine fleischige Pranke und schnupperte daran.
    »Hmm.« Er kratzte sich an der Glatze. »Muffig riechend, leicht bläulich, versetzt

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