Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler
bedrohlich funkelte.
» Con calma, signori !«, schnurrte er. »Die Herrn werden sich doch nicht an einer Signorina vergreifen. Noch dazu, wo la bella signorina unter meinem persönlichen Schutz steht.« Er lächelte Magdalena an und deutete auf den Stuhl neben sich. »Bitte setzt Euch und fühlt Euch … come si dice … wie zu Hause.«
»He, du Zwerg!«, knurrte der fette Flößer von vorhin undrumpelte von seinem Platz hoch. »Was fällt dir ein, dich …« Zwei weitere Männer hielten ihn zurück und flüsterten ihm etwas ins Ohr. Der Dicke wurde kalkweiß und setzte sich schweigend wieder hin. Offensichtlich hatten ihm seine Kameraden gerade klargemacht, mit wem er es zu tun hatte.
» Grazie für euer aller Verständnis.« Silvio deutete eine Verbeugung an. »Und nun, Wirtin, ein Fass Branntwein für das ganze Haus. Auf das Wohl der Signorina!«
Verhaltene Jubelrufe erklangen von den Tischen, schon bald war die bedrohliche Stimmung verflogen wie ein schlechter Geruch. Der Schnaps kreiste, und immer wieder prosteten die Männer Magdalena zu, der sie dieses willkommene Geschenk zu verdanken hatten. Silvios grobschlächtige Tischgenossen spielten nun zu dritt weiter Karten. Auch sie tranken in tiefen Zügen von dem spendierten Branntwein und schienen das Interesse an der neuen hübschen Gesellschaft an ihrer Seite schon bald verloren zu haben.
»Schön, Euch wiederzusehen«, flüsterte Silvio, während er weiter lächelnd der Menge zunickte, fast wie ein kleiner König, der Demutsbezeugungen entgegennahm. »Ich hatte schon gedacht, Ihr seid mir auf ewig böse wegen dieses Kusses. Ich hätte das nicht tun sollen. Aber dort, wo ich herkomme …«
»Geschenkt«, unterbrach ihn Magdalena schroff. »Um es kurz zu machen, Simon und ich brauchen Eure Hilfe. Könnten wir wohl eine Weile bei Euch wohnen?«
Der Venezianer grinste über beide Ohren. »Mit dem größten Vergnügen. Ich habe ohnehin nie verstanden, warum eine bella donna wie Ihr in der Gosse bei Bettlern und Gaunern schlafen muss. Ist Euer kleiner stolzer Begleiter denn damit einverstanden?«
Magdalenazögerte keine Sekunde. »Er muss.«
Silvio lächelte. » Ho capito . Ihr habt offenbar die Hosen an. So sagt man doch, nicht wahr?« Dann wurde sein Gesicht ernst. »Aber ich sehe Euch an, dass etwas nicht stimmt. Sprecht, was ist geschehen?«
»Dieser glatzköpfige Meuchelmörder«, flüsterte sie. »Er ist uns ganz dicht auf den Fersen wegen dieses Pulvers!«
»Pulver?« Silvio blinzelte sie verständnislos an.
»Es gibt da ein Pulver, das wir unten in der Alchimistenküche des Baders gefunden haben«, zischte Magdalena. »Halb Regensburg ist offenbar auf der Suche danach. Und der Glatzkopf will uns zum Schweigen bringen, weil er glaubt, dass wir zu viel wissen! Wir müssen irgendwo untertauchen, Ihr seid unsere letzte Hoffnung!«
»Und Euer Vater?«
»Der ist schon …«
Plötzlich hielt Magdalena inne. Ein vages Gefühl sagte ihr, dass sie beobachtet wurden. Sie richtete den Kopf auf und sah sich in dem Gasthaus um. Die meisten Männer hatten sich wieder dem Kartenspielen und Saufen zugewandt und schienen keinerlei Notiz mehr von ihr zu nehmen, nur ganz hinten in der Ecke saß eine vermummte Gestalt, die sich von den Übrigen unterschied.
Der Mann hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und nippte an einem kleinen Zinnbecher. Als er sich die fleischigen Lippen abwischte, rutschte der Stoff seines schwarzen Mantels kurz nach hinten, so dass das glatzköpfige Haupt darunter zu sehen war. Am Hinterkopf lugte ein weißer Verband hervor.
Magdalena zuckte zusammen. Es war der Meuchelmörder, dem sie im Dom die Sebastiansstatue über den Schädel gezogen hatte!
»Da!«,zischte sie Silvio zu. Alle Vorsicht vergessend, deutete sie mit dem Finger auf den Fremden. »Verflucht, der Hundsfott ist mir gefolgt!«
Jetzt hatte auch der Venezianer den Mann erkannt. Ihre Blicke begegneten sich, dann richtete der Fremde sich auf und kam langsam auf ihren Tisch zu. Seine Bewegungen erinnerten Magdalena an das schnelle Kriechen einer tödlich giftigen Schlange.
»Raus hier!«, flüsterte Silvio und stand abrupt auf. Er zog Magdalena mit sich, und gemeinsam bahnten sie sich einen Weg durch die lärmende Menge. Der Fremde folgte ihnen, wobei er die Männer zu seiner Linken und Rechten anrempelte, um schneller voranzukommen. Einige Betrunkene schlugen zurück, ein Tumult entstand, kurz schien der Fremde zu Boden zu gehen, doch dann tauchte er wie ein
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