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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Ratschen aufriss. Blut quoll darunter hervor, der kleine Gesandte taumelte, stolperte über eine Taurolle und krachte schließlich gegen die Reling, wo er stöhnend liegen blieb.
    Mit einem siegessicheren Lächeln beugte sich der Fremde über ihn, das Rapier hielt er direkt an den Hals des Gegners, wo sich bereits ein feines, rotes Rinnsal bildete. Silvio starrte seinen Feind mit großen Augen an, der teure Hut war ihm vom Kopf gerutscht, jeden Augenblick erwartete er den Todesstoß.
    »Das Spiel ist aus, Silvio Contarini«, zischte der Glatzkopf mit glockenheller Stimme. »Im Namen des Kaisers …«
    Plötzlich verstummte er. Sein Mund bildete ein lautloses Oh , Blut quoll zwischen den Lippen hervor. Einen letzten Moment stand er schwankend aufrecht, dann richtete er den Blick in den rötlich leuchtenden Morgenhimmel und fiel mit einem lauten Platschen über die Reling ins Wasser. Mit dem Rücken nach oben schaukelte er sanft neben dem Boot hin und her.
    »Was ist geschehen, Silvio? Ist er tot?«
    Erleichtert sprang Magdalena auf, erst jetzt sah sie den Armbrustbolzen, der zwischen den Schulterblättern des Fremden steckte.
    »Futter für die Fische«, keuchte der Venezianer, sichtlich außer Atem. Kurz verharrte sein Blick noch auf der Leiche seines Feindes, die langsam davontrieb, dann wandte er sich dem Ufer zu.
    »War allerhöchste Zeit!«, rief er hinein in die sich langsam aufhellende Dunkelheit. » Maledetti ! Warum habt ihr nicht eher geschossen?«
    »Gingnicht, Meister!«, ertönte eine tiefe Stimme von jenseits der Kaimauer. »Sonst hätt’s am Ende noch Euch getroffen bei all dem Gewackel.«
    Im nächsten Augenblick tauchten aus der Dunkelheit drei Gestalten auf, von denen einer eine gewaltige Armbrust in den Händen hielt. Magdalena stockte der Atem. Es waren die drei grobschlächtigen Kerle, mit denen Silvio im ›Walfisch‹ Karten gespielt hatte! Jetzt konnte sie sich auch die Schritte im Dunkeln erklären, die sie während ihrer Flucht gehört hatte. Offensichtlich waren die drei Burschen Diener des Gesandten, die ihrem Herrn gefolgt waren und ihm nun in letzter Sekunde das Leben gerettet hatten.
    Aber warum waren sie überhaupt gemeinsam aus dem sicheren ›Walfisch‹ geflohen? Und was meinte der Fremde, als er kurz vor seinem Tod vom Kaiser gesprochen hatte?
    Lächelnd kam Silvio auf Magdalena zu. Er beugte sich zu ihr hinunter und wischte ihr sanft die Locken aus dem Gesicht.
    »Mea Culpa« , flüsterte er. »Ich hätte Euch niemals in solche Gefahr bringen sollen. Dafür seid Ihr zu wertvoll. Madonna , was für eine Verschwendung!« Seine Augen glänzten traurig, während ihr schwarzes Haar durch seine Finger glitt. »Aber Ihr seid nicht nur schön, sondern eben auch schlau. Zu schlau. Außerdem brauchen wir jemanden für unser Experiment.«
    »Ex… Experiment?«, stammelte Magdalena. Dann versagte ihr die Stimme.
    Silvio Contarini nickte nur. »Ich bin wirklich gespannt, wie es diesmal ausgeht. Nach all den Fehlschlägen wird es Zeit für eine Erfolgsmeldung.«
    Ein Messer blitzte, und Silvio hielt eine ihrer Locken in die Höhe. »Schenkt mir dies als Erinnerung.« Er verbeugte sich galant.
    Mittlerweilehatten auch die drei Kerle das schwankende Boot bestiegen; im Osten der Stadt ging gleich einem glutroten Ball die Sonne auf.
    »Was sollen wir mit ihr machen?«, knurrte der Mann mit der Armbrust. »Über Bord werfen?«
    Silvio seufzte. » Grande stupido! Ihr werdet sie wohl fesseln und knebeln müssen. Sie ist widerspenstig, und wir wollen doch nicht, dass unser Experiment schon wieder, mmh…« Er zog die Stirn in Falten, als suche er ein treffendes Wort. »… ins Wasser fällt. So sagt man doch, nicht wahr?«
    Wie erstarrt hatte Magdalena seinen Worten gelauscht. Erst als sich ihr nun die drei stiernackigen Kerle grinsend mit Ankertauen näherten, kam sie wieder zur Besinnung.
    »Was … was hat das alles zu bedeuten?«, flüsterte sie.
    Silvio zuckte mit den Schultern. »Ihr sollt eine Erklärung bekommen, aber nicht hier. Ich kenne einen ungestörten Platz, wo wir sehr viel Zeit miteinander verbringen können. Also schweigt besser, und …«
    »Ohne mich, du welscher Dreckskerl!«
    Wie ein glitschiger Fisch ließ sich Magdalena über die Reling fallen und tauchte ein in das grüne, nach Unrat und Verwesung stinkende Wasser der Donau. Dunkle Wellen schlugen über ihr zusammen, sie versuchte davonzuschwimmen, doch im letzten Moment ergriffen sie kraftvolle Hände und zerrten sie

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