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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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den Bader umgebracht haben soll.«
    »Habt Ihr wirklich geglaubt, dass mein Vater seine Schwester und seinen Schwager auf dem Gewissen hat?«, fragte Magdalena und band ihr nasses Haar zu einem Zopf zusammen. »Einem Blinden hätte doch auffallen müssen, dass er in eine Falle gelaufen war!«
    Der Kämmerer runzelte die Stirn. »Nicht so voreilig, junges Mädchen, Euer Vater war der Schwager eines führenden Freien. Damit stand er unter Verdacht. Wir mussten ihn peinlich befragen, allein schon, um herauszufinden, ob er mehr über dieses Pulver wußte.« Er zuckte mit den Schultern. »Euer Vater ist wirklich ein zäher Brocken. Wir Stadträte hatten uns deshalb nach einer längeren Beratung in meinem Haus entschieden, die Folter zunächst aussetzen zu lassen. In der darauffolgenden Nacht ließ ich Heinrich von Bütten im Dom eine Nachricht zukommen, dasser nach einer Verbindung zwischen Silvio Contarini und den Freien suchen sollte, um Euren Vater zu entlasten.« Mämminger setzte seinen Kneifer wieder auf. »Leider ist Jakob Kuisl in der gleichen Nacht geflohen und hat sich damit erneut verdächtig gemacht. Schade, wir hätten zu gerne von ihm gehört, wer der eigentliche Anführer der Freien ist.«
    »Ich glaube, in diesem Punkt können wir Euch weiterhelfen«, sagte Simon. »Es ist der Floßmeister Karl Gessner. Er war es auch, der Jakob Kuisl die Falle stellte.«
    Die Augen des Kämmerers weiteten sich ungläubig. »Gessner? Aber wieso …?«
    »Rache«, mischte sich Magdalena ein. »Gessner und mein Vater kannten sich noch vom Krieg her. Dass der Floßmeister der Anführer der Freien ist, hätte Euch aber auch dieser werte Herr sagen können.«
    Die Henkerstochter deutete auf Nathan, der sie mit Unschuldsmiene anlächelte und weiter Münzen in einen Beutel zählte. Missmutig zog Paulus Mämminger die rechte Augenbraue hoch und musterte den Bettlerkönig. Doch dieser zog es vor, den Inhalt seiner Nase zu untersuchen.
    »Ich weiß wirklich nicht, von was die zwei da reden«, murmelte Nathan. »Ich würde nie …«
    »Was wird jetzt aus Silvio Contarini?«, fragte Simon dazwischen. »Ist er entkommen?«
    Der Kämmerer blinzelte kurz irritiert, bevor er sich schließlich dem Medicus zuwandte. »Kein Mensch hat je all die Höhlen dort unten erforscht, die das Wasser in den Fels gegraben hat«, erklärte er mit ernster Stimme. »Das ist ein nasses, dunkles Labyrinth, von dem keiner sagen kann, wie tief es hinabreicht. Vielleicht bis zur Hölle. Mag sein, dass der Venezianer einen Ausgang findet. Es ist aber auch möglich, dass er sich verirrt und schließlich wieder zurBrunnstube zurückkehrt. Wir haben auf alle Fälle den Ausgang verriegelt. Da kommt keiner raus. Und jetzt …«
    In diesem Augenblick ertönte das Geräusch brechender Ähren. Ein schweißüberströmter Wachsoldat stürmte durch die Felder auf Paulus Mämminger zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Kämmerer runzelte kurz die Stirn, dann setzte er seine rote Amtshaube auf und eilte den Feldweg entlang. Winkend bedeutete er den anderen, ihm zu folgen.
    »Euer Vater wird uns hoffentlich bald selbst Rede und Antwort stehen können«, sagte er, während sie gemeinsam mit den Wachen und den Bettlern auf die Stadt zueilten. »Sie haben ihn unten an der Floßlände erwischt. Wenn wir uns allerdings nicht beeilen, wird von ihm nicht mehr sehr viel übrig sein.«
    Jakob Kuisl spürte die stinkenden Kohlstrünke, die Steine und faulen Fische kaum, die auf seinen Körper und sein Gesicht herabhagelten. Auch das Geschrei der Menge klang seltsam hallig, wie in einem langen Tunnel. Als er mühsam den Kopf wendete, sah er neben sich den annähernd besinnungslosen Philipp Teuber, der ebenso wie er selbst eine Schlinge um den Hals trug. Die Regensburger hatten aus dem Hafenkran einen Galgen gebaut, der hoch über der Floßlände thronte. Beide Henker standen auf Kisten, die zu einer Art Schafott aufeinandergestapelt worden waren. Einige junge Zimmermannsgesellen warteten feixend an der Kurbel, mit der man die Stricke am Kran in die Höhe ziehen konnte, und schnitten Grimassen in Richtung des Henkers. Kuisl ließ seinen Blick an dem morschen, bestimmt zwanzig Fuß hohen Holzgerüst emporwandern. Er schätzte, dass man von dort oben ganz Regensburg überblicken konnte.
    Wenigstens stimmt die Aussicht …
    Trotz der hochsommerlichen Temperaturen fröstelte Kuisl, das Fieber hatte sich mit aller Macht zurückgemeldet. Aber auch ohne die Schmerzen und

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