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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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bestimmt ein Dutzend, alle trugen sie braune Kutten und Kapuzen mit schmalen Schlitzen vor den Augen. Ohne Eile näherten sie sich dem Medicus, bis sie ihn schließlich zwischen den Getreidesäcken in die Enge getrieben hatten.
    Simon blickte um sich wie ein gehetztes Tier. Sie hatten ihm eine Falle gestellt! Von hier gab es kein Entrinnen.
    Langsam, ganz langsam kam einer der Männer auf ihn zu. Als er direkt vor dem Medicus stand, zog er sich die Kapuze vom Kopf.
    Instinktiv hob Simon die Hand mit dem Stilett. Erst im letzten Augenblick wurde ihm klar, dass der Mann vor ihm kein Unbekannter war.
    Die Kronleuchter funkelten und tauchten den Tanzsaal in ein flackerndes Licht. Eine kleine Kapelle mit Pfeifen, Violinen, Trompeten und einer Harfe spielte einen französischen Tanz, zu dem sich die Ballgäste im Takt wiegten. Man lachte und parlierte, während ein zwergwüchsiger Mohr mit Turban gelierte Häppchen reichte und die Gläserder Gäste immer wieder mit kühlem Pfälzer Weißwein füllte
    Magdalena lehnte an der Wand zwischen zwei mannshohen Porzellanvasen und beobachtete von dort aus die Gesellschaft. Die Henkerstochter trug ein enges Mieder mit weit ausgeschnittenem Dekolleté, darüber eine samtrote, mit Pelz verzierte Jacke und einen dazu passenden Reifrock. Ihre sonst so widerspenstigen schwarzen Haare waren zu einer Art Vogelnest hochgebunden, die Füße schmerzten in den viel zu engen Schuhen. Wenn sie ging, um sich geräucherten Aal oder Quittenpastete von der reichlich gedeckten Tafel zu holen, hatte sie stets das Gefühl, auf Eiern zu laufen. Unter all den Schichten von Kleidern fiel ihr das Atmen schwer. Wie konnten sich die sogenannten feinen Damen nur jeden Tag in solche Kostüme zwängen!
    Auch wenn Magdalena sich unwohl fühlte, schien sie doch auf die Männerwelt Eindruck zu machen. Nicht nur einmal blinzelte einer der Patrizier und Gesandten zu ihr herüber, doch Silvio Contarini hatte von Anfang an zu verstehen gegeben, dass die schöne Unbekannte unter seinem persönlichen Schutz stand. Wann immer es ihm möglich war, suchte der venezianische Gesandte ihre Nähe und wechselte ein paar nette Worte mit ihr.
    Magdalena merkte schnell, dass dieser Ball nur vordergründig der Unterhaltung diente. Sein eigentlicher Zweck war die Politik, und so war Silvio die meiste Zeit damit beschäftigt, über Handelsbündnisse, Devisen und vor allem den kommenden Reichstag zu reden. Die geladenen Patrizier und Kleinadligen umschwirrten ihn wie Motten das Licht. Obwohl ihn die meisten um mehr als einen Kopf überragten, war der kleine Venezianer der beständige Mittelpunkt jeder Unterhaltung. In seinen weiten Rheingrafenhosen,dem eng taillierten Rock und den gewellten schwarzen Haaren ging von ihm eine Aura der Macht aus, die die anderen gierig aufsaugten.
    Die wenigen Frauen, die geladen waren, machten um die Henkerstochter einen weiten Bogen und versprühten giftige Blicke. Für sie war Magdalena nur eine aufgetakelte Mätresse des Venezianers, die er vermutlich von der Straße aufgelesen hatte. Nur die Anwesenheit von Silvio schützte Magdalena vor bösen Worten. Ein glücklicher Umstand, denn vermutlich hätte die Henkerstochter den feinen Damen bei der ersten Beleidigung ihre bleich geschminkten Gesichter zerkratzt.
    Magdalena seufzte und nippte zum hundertsten Mal an ihrem Weinglas, das dünn wie ein Blatt Pergament war. Bis jetzt hatte sie noch nichts herausfinden können, was ihrem Vater geholfen hätte. Immer mehr kam sie sich vor wie eine hübsch herausgeputzte Puppe, die zwischen den Blumenvasen als Dekoration diente. Was hatte sie sich nur dabei gedacht! Ihr Vater hungerte, und sie knabberte an in Honig karamellisierten Rebhuhnschenkeln! Es war an der Zeit, mit diesem Theater aufzuhören.
    Gerade eben wollte sie zum Ausgang eilen, als sich jemand neben sie an die Wand lehnte und ihr zuprostete. Es war ein älterer Mann mit schütterem Haar und Kneifer, der in seinem schlichten schwarzen Rock und der altmodischen Halskrause zwischen all den Gecken merkwürdig fehl am Platze wirkte. Aus den Gesprächen zwischen ihm und Silvio wusste Magdalena bereits, dass es sich um keinen Geringeren als den Regensburger Stadtkämmerer handelte. Bei den Verhandlungen zu honigsüßem Vin Santo und venezianischen Ravioli war es um Summen gegangen, die der Henkerstochter schier den Atem raubten. Und ebenjener Mann, der soeben noch um weitere fünftausendGolddukaten Darlehen gebeten hatte, stand jetzt neben ihr und

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