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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Jammern und ein fast kindliches Kreischen. Ein zweiter, dicklicher Mönch tauchte keuchend hinter dem Marienaltar auf, gefolgt von zwei Männern, von denen einer eine gespannteArmbrust in den Händen hielt. Sie trugen die abgewetzten Hosen von Landsknechten, lange Mäntel und Schlapphüte mit bunten Federn. Der Mann mit der Armbrust blieb kurz stehen, zielte und drückte den Abzugshebel. Mit einem Gurgeln fiel der feiste Mönch nach vorne in das Taufbecken. Der andere Mönch wandte sich nun um, er wich einem geworfenen Kerzenständer aus, unterlief die Deckung des Mannes mit der Armbrust und stieß ihm mit einer schnellen, fast nicht wahrnehmbaren Bewegung seinen Krummdolch tief in die Brust. Kurz taumelte der Landsknecht und versuchte, die Klinge wieder herauszuziehen, dann fiel er gegen eine Grabplatte in der Wand und rutschte daran herunter. Eine breite Blutspur zog sich von der Platte bis zum Boden.
    Die beiden anderen Landsknechte zogen jetzt ihre Säbel und liefen auf den Mönch mit dem Dolch zu. Dieser schien kurz zu überlegen, ob er den Kampf aufnehmen sollte, entschied sich dann aber anders. Er rannte auf das Seil zu, das noch immer aus einer der Fensteröffnungen baumelte. Den blutigen Krummdolch zwischen den Zähnen, zog er sich mit atemberaubender Geschwindigkeit hoch. Einen Moment lang waren noch seine Beine zu sehen, dann war er im oberen Dunkel der Kirche verschwunden.
    Alles war so schnell gegangen, dass Simon dem Geschehen nur mit offenem Mund hatte folgen können. Endlich raffte er sich auf.
    »Benedikta! Raus hier!«
    »Simon, bleibt ruhig!«, versuchte Benedikta zu beschwichtigen. »Wir müssen ...«
    Doch der Medicus rannte schon auf den Ausgang zu. Plötzlich blieb er wie versteinert stehen. Er hatte etwas vergessen …
    Das Schwert!
    Sie durften die Waffe mit der Inschrift auf keinen Fall in der Kirche lassen! Simon hatte einige der Männer erkannt.Der Fremde mit der Armbrust war derjenige gewesen, der in der Nähe des Wessobrunner Klosters auf einem Baum gesessen hatte! Der andere hatte ihnen im Eibenwald aufgelauert. Bestimmt waren sie hinter dem Templerschatz her. Und die Mönche? Vermutlich hatten die Rottenbucher Augustiner in der Kirche Licht gesehen, wollten nach dem Rechten schauen und hatten dabei die Fremden überrascht.
    Aber trugen Augustinerchorherren nicht weiße Kutten? Und wieso hatte der Mönch den Landsknecht wie ein Schwein abgestochen?
    Simon hatte keine Zeit, länger nachzudenken. Er drehte auf der Stelle um, rannte zurück und riss dem heiligen Felicianus das Schwert aus der knochigen Hand.
    Es knirschte leise, Fingerknöchel fielen wie Würfel zu Boden, dann schwang Simon die fast brusthohe Waffe in den Händen. Sie war erstaunlich schwer. Neben dem Medicus stand Benedikta, die sich noch immer nicht rührte. Unverändert starrte sie auf die zwei Männer, die, offenbar ebenso unentschlossen zu ihnen herüberblickten. Simon wollte ihnen keine Gelegenheit geben, es sich anders zu überlegen.
    »Benedikta, folgt mir! Jetzt!«
    Das Schwert wie ein tollwütiger Berserker durch die Luft schwingend, rannte der Medicus auf den Ausgang zu, vorbei an der umgestürzten Marienstatue und dem toten Mönch, der kopfüber im Taufbecken hing. Wie in Trance sah Simon eine Blutwolke, die sich im Weihwasser langsam nach allen Richtungen hin ausbreitete. Er lief weiter, genau auf die zwei Männer zu, die angesichts des wild schreienden, einen gewaltigen Zweihänder schwingenden Medicus zur Seite sprangen. Nur noch wenige Schritte, dann war er an der Kirchentür angelangt! Als Simon endlich das breite Portal erreicht hatte, rüttelte er daran.
    Natürlich war es verschlossen.
    Verdammt, deshalb hatten sie doch den Weg durch das Kirchenfenster gewählt! Panisch sah Simon sich nach allenSeiten um. Was nun? Mit dem Schwert in der Hand würde er niemals das Seil hochklettern können. Die zwei Männer hinter ihm kamen langsam näher.
    Da entdeckte er plötzlich im Seitenflügel ein buntes Glasfenster , das eine schwebende, von kleinen Engeln umflatterte Maria auf dem Weg in den Himmel zeigte. Im Gegensatz zu den anderen neuen Fenstern weiter oben reichte es bis auf Brusthöhe herab. Ohne zu zögern, lief Simon darauf zu und zerschlug mit dem Schwert die liebevoll bemalte Scheibe. Das Fenster zersplitterte in tausend Scherben, und Simon warf sich mit dem Kopf voran nach draußen, wo er auf den verschneiten Pflastersteinen des Vorplatzes landete. Seine Schulter schmerzte, er tastete sich ab. Überall

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