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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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sich gewesen. Sie hatte ein blutiges Spektakel erwartet, und alles, was sie geboten bekam, war ein gelangweilter Henker, der auf einen leblosen Leib eindrosch.
    Der Gerichtsschreiber hatte ganz vorne in der ersten Reihe gesessen und so das leichte, fast spöttische Lächeln auf den Lippen des Räuberhauptmanns sehen können.Schellers Augen waren wie im Schlaf geschlossen gewesen, die Glieder merkwürdig schlaff, beinahe entspannt. Der Verurteilte war seiner gerechten Strafe entkommen, und Lechner war sich sicher, dass der Henker seine Finger dabei im Spiel gehabt hatte.
    »Ich kann dir im Augenblick nichts beweisen«, zischte der Schreiber und ging zurück zu seinem Schreibpult. »Aber sei gewiss, ich finde es heraus, und dann gnade dir Gott! Ich hol den Augsburger Henker, und der soll dich rädern! Aber diesmal richtig!«
    »Euer Exzellenz, ich weiß nicht, von was Ihr redet.« Jakob Kuisl blieb ruhig, und nur wer sehr genau hinsah, konnte ein feines Lächeln in seinem Gesicht erkennen, kleine Grübchen, verborgen hinter dem dichten Vollbart. »Es kommt öfter vor, dass die Verurteilten vor Angst und Schmerz ohnmächtig werden. Es liegt nicht in meiner Macht, das zu ändern.«
    »Ach was, du hast ihm ein Mittel gegeben! Gib’s doch zu!« Johann Lechner saß inzwischen wieder hinter seinem Tisch, der Gänsekiel bohrte sich in ein Pergament vor ihm. »Wird Zeit, dass ich dir deine verdammten Tiegel, Tränke und Salben endlich wegnehme. Du weißt, ich kann das.« Seine Stimme bekam etwas Drohendes. »Du hast kein Recht, die Leut zu kurieren. Das darf nur der Medicus. In anderen Städten hätten sie dir schon lang die Erlaubnis entzogen.«
    »Dann werd ich leider auch nicht mehr den Trank brauen können, den Exzellenz bei mir angefordert hat. Zu Haus werd ich den Schlafmohn gleich in den Lech schütten.«
    » Hör schon auf.« Der Schreiber schien sich wieder ein wenig beruhigt zu haben. »So war’s ja nicht gemeint. Sorg lieber dafür, dass dieses verdammte Fieber in der Stadt aufhört. Wenn dir das gelingt, kannst du meinetwegen Liebestränke, Kröteneier und Galgenstricke verkaufen, bis du schwarz wirst. Und jetzt schleich dich, ich hab zu tun!«
    Jakob Kuisl verbeugte sich schweigend und verschwand durch die niedrige Tür. Lechner blickte ihm noch langenach. Was für ein Sturschädel! Sah einfach nicht, was der Stadt diente und was nicht! Der Schreiber rieb sich die Schläfen und betrachtete den Brief vor sich, der heute früh gekommen war. Darin wurde er noch einmal aufgefordert, dafür zu sorgen, dass der Henker sich ausschließlich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern habe.
    Lechner fluchte leise. Was zum Kuckuck bildete sich dieser Herr Briefeschreiber eigentlich ein! Dass er wie eine Amme über Jakob Kuisl wachte? Und überhaupt, was hatte der Mann in seiner Stadt Befehle zu geben? Befehle nahm Lechner aus München, vom Kurfürsten persönlich oder vom kurfürstlichen Pflegverwalter entgegen, aber doch nicht von irgendeinem geistlichen Würdenträger!
    Er nahm das Kuvert und blickte auf das kirchliche Siegel. Dann schaute er zum wiederholten Mal ins Innere des Kuverts. Geldmünzen oder ein Wechsel wie das letzte Mal waren auch nicht dabei!
    Er zerriss den Brief in kleine Fetzen und warf ihn ins Kaminfeuer. Sollte der hohe Herr doch selbst den Henker gängeln. Er hatte Wichtigeres zu tun.
     
    Kurze Zeit später betrat Jakob Kuisl sein Haus im Gerberviertel. Am Küchentisch saß seine Frau Anna Maria und rieb sich die Augen.
    »Was hast, Weib?«, fragte der Henker. »Ist es wegen der Zwillinge?« Er legte ihr beruhigend die Hand auf die Schultern, mit einem Mal spürte er den Alkohol und den fehlenden Schlaf. »Reiß dich zusammen. Es wird schon nicht das Fieber sein.«
    Anna Maria Kuisl seufzte. Tatsächlich hatte sie in dieser Nacht kaum Ruhe gefunden. Immer wieder war sie vom Husten ihrer beiden Kleinsten geweckt worden, aber auch sie glaubte, dass es nur ein einfacher Katarrh war, der die beiden plagte. Viel mehr als die Kinder hatte ihr der eigene Mann Sorgen gemacht, der, wie so oft vor Hinrichtungen, noch bis früham Morgen gesoffen hatte. Die Henkersfrau hatte ihn die ganze Nacht murmeln und fluchen hören über die Schlechtigkeit der Welt und die Schlechtigkeit der Schongauer im Besonderen. Anna Maria Kuisl wusste, dass sie ihrem Mann in solchen Stunden nicht helfen konnte. Also war sie wach gelegen und hatte über Magdalena nachgedacht.
    Magdalena, ihre Älteste. Ihr Juwel. Störrisch und

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