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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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bösen Zauber abwehren sollte. Zwar glaubten die meisten mittlerweile, Andreas Koppmeyer habe sich schlicht überfressen und sei deshalb tot umgefallen. Doch noch immer hielt sich dank Magda das Gerücht, die Diener des Teufels hätten ihn vergiftet, weil er zu viel Gutes in die Welt gebracht habe. Gerade eben brach die Pfarrhaushälterin weinend neben dem Sarg zusammen und musste vom Mesner Abraham Gedler nach draußen gebracht werden.
    Simon beobachtete Benedikta. Auch jetzt wirkte die Landsberger Weinhändlerin gefasst; sie dankte jedem Einzelnen und erinnerte noch einmal an den Leichenschmaus. Das wäre sicher nicht nötig gewesen. Simon vermutete, dass viele der Altenstadter vermutlich nur deshalb auf die Beerdigunggekommen waren, um sich danach einmal wieder so richtig satt zu essen.
    »Nun, Fronwieser? Seid Ihr bei Euren Erkundigungen schon weitergekommen?«
    Simon fuhr herum. Es war Augustin Bonenmayr, der sich in der Kondolenzreihe neben ihn gestellt hatte. Der hagere, großgewachsene Steingadener Abt trug auch hier in der Basilika seinen Kneifer aus Messing. Dahinter blinzelten den Medicus kleine wache Augen an.
    »Leider nein, Hochwürden.«
    »Solltet Ihr Schongau jemals den Rücken kehren wollen, dann kommt doch nach Steingaden.« Bonenmayr zwinkerte. »Das Kloster braucht noch einen klugen, aufgeschlossenen Medicus, wie Ihr einer seid. Vor allem jetzt, da wir umbauen und erweitern. Wenn der Bau erst einmal vollendet ist, werden jedes Jahr Tausende Menschen zu uns pilgern. Menschen mit Krankheiten und Gebrechen. Nicht alle kann Gott heilen.« Der Abt lächelte milde. Dann fiel sein Blick auf den Sarg vor ihnen, er wurde wieder ernst.
    »Ein schwerer Verlust für uns alle«, sagte er. » Koppmeyer war ein Mann aus dem Volk, die Kirche bräuchte mehr von seinem Schlag.«
    »Da habt Ihr recht, Hochwürden.« Simon blickte nervös nach vorne. Nur noch drei Trauergäste standen vor ihm, dann konnte er Elias Ziegler endlich nach dem Gebet von vorhin fragen. In der Aufregung fiel es ihm schwer, sich auf die Worte Augustin Bonenmayrs zu konzentrieren.
    Der Steingadener Abt nahm den Kneifer ab und putzte ihn mit einem Spitzentaschentuch. »Glaubt Ihr immer noch an einen Giftmord?«, fragte er leise. »Vielleicht hat der gute Koppmeyer tatsächlich nur etwas Falsches gegessen. Oder zu viel, es war ja bekannt, dass er den weltlichen Genüssen nicht abgeneigt war. Wenn es allerdings wirklich ein Mord gewesen sein sollte...« Er rieb weiter an seiner Brille, obwohl die Gläser längst so durchscheinend waren wie frisches Wasser. »Habt Ihr Euch eigentlich mal gefragt, wer von Koppmeyers Tod am meisten profitiert? Soviel ich weiß, hatte er nur eine Verwandte, nämlich seine Schwester.« Der Abt wandte sich ab. »Einen schönen Tag noch, Gott behüte Euch.«
    Simon starrte ihm mit offenem Mund hinterher, die Worte Bonenmayrs klangen in seinen Ohren nach. Benedikta, eine Giftmischerin? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Doch zum weiteren Nachdenken blieb keine Zeit, denn in diesem Moment war er endlich am Sarg angelangt. Darin lag mit zusammengefalteten Händen, ein Kruzifix haltend, Andreas Koppmeyer, das Gesicht wächsern und friedlich. In dem schmalen Holzkasten wirkte er plötzlich viel kleiner, als er zu Lebzeiten gewesen war. Simon fand, dass er bereits einen leicht aufgedunsenen Eindruck machte. Trotz der Kälte wurde es offensichtlich höchste Zeit, ihn unter die Erde zu bringen.
    Simon nickte Benedikta zu, die noch immer neben dem Sarg stand und Beileidsbekundungen entgegennahm; der Medicus murmelte einige teilnahmsvolle Worte, dann wendete er sich an den Pfarrer.
    »Eine schöne Predigt, Hochwürden«, flüsterte er. » So mitfühlend.«
    »Danke.« Pfarrer Elias Ziegler lächelte.
    »Besonders die Schlussworte haben mir gefallen. Dieses Gebet, in dem es um das größte Wunder der Menschheit ging. Als es noch keine Erde, keinen Himmel und keinen Baum gab ... Woher stammt es noch mal?«
    »Ach, das Wessobrunner Gebet.« Der Pfarrer nickte verständnisvoll. »Es gilt als das älteste deutsche Gebet überhaupt. Wusstet Ihr das? Es hat, wie ich finde, einen ganz besonderen Zauber. Freut mich, wenn es Euch gefällt. Ich habe es schon lange nicht mehr in einer Predigt verwendet.«
    Simon nickte. »Das Wessobrunner Gebet«, murmelte er. »Warum heißt es so?«
    Der Pfarrer zuckte mit den Schultern. »Nun, weil es seit vielen Jahrhunderten in Wessobrunn aufbewahrt wird. In einem Kloster, nur eine

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