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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Patrizier waren bereits in seiner Stube zu Gast gewesen. Und alle hatten sie einen anständigen Batzen Geld dagelassen.
    Stundenlang hatte ihr Vater damals auf sie eingeredet, hatte versucht, ihr klarzumachen, dass eine Ehe mit Simonniemals in Frage kommen würde, dass alles, was sie damit erreichen würde, Spott und im schlimmsten Fall die Verbannung aus der Stadt wäre, doch zwecklos. Schließlich musste Philipp Hartmann unverrichteter Dinge wieder abreisen; seine Mitgift, wohlverwahrt in einer kleinen Truhe, nahm er mit nach Augsburg.
    Und jetzt saß Magdalena hier bei ihm, aß von seinem Fasan und seinem Weißbrot und bat um eine Bleibe für die Nacht. Sie fühlte sich schmutzig und schlecht, nur stockend berichtete sie, was ihr passiert war.
    Der Henker hörte ihr schweigend zu. Als sie geendet hatte, nickte er. »Also doch kein Freiersbesuch ... « Er machte eine lange Pause, und Magdalena spürte einen großen Stein in ihrem Bauch. »Nun, wie auch immer …«
    Er stand auf und schürte draußen im Gang nach. »Dein Geld ist jedenfalls weg«, rief er in die Stube hinein. »Ich kenn die zwei Burschen, das sind üble Gesellen, hab sie schon mal am Pranger gehabt und auch öffentlich mit Ruten ausgehauen. Die dürfen eigentlich schon lang nicht mehr in der Stadt sein. Das Aug hab ich dem Großen ausgestochen, weil er sich in Augsburg noch einmal hat blicken lassen. Das nächste Mal hängen sie.« Er kam zurück in die Stube und wischte sich die rußigen Pranken an einem feinen weißen Leintuch ab. »Was hätt’st denn für deinen Vater und die Hebamme besorgen sollen?«
    Aus dem Kopf zählte Magdalena die einzelnen Kräuter und Zutaten auf. Schon seit jeher besaß sie ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Der Henker nickte. »Melisse, Sonnentau und auch die meisten anderen Kräuter hab ich hier«, sagte er nachdenklich. »Das Mutterkorn bekommst du in der Apotheke.«
    »Aber ich hab doch kein Geld!« Magdalena schlug die Hände über dem Gesicht zusammen. »Zwanzig Gulden, woher soll ich so viel Geld nehmen!«
    Philipp Hartmann zögerte, dann ging er zur Truhe in derEcke und öffnete sie mit einem Schlüssel, der bislang an einem Bund an seinem Gürtel gehangen hatte. Magdalena hörte es klimpern, schließlich kam der Henker zurück und öffnete die Hand. Zehn glitzernde Gulden rollten über den Tisch und blieben vor ihr liegen.
    »So viel wirst du für die Apotheke brauchen«, sagte Hartmann. »Den Rest bekommst du von mir.«
    Magdalena sah ihn ungläubig an. »Aber ... «, begann sie.
    Etwas anderes rollte auf sie zu. Es war eine schwarz glänzende Kugel, so groß wie eine Kinderfaust, aus einem ihr unbekannten, fremdartigen Material. Als Magdalena sie in die Hand nahm, rasselte etwas im Inneren.
    »Ein Bezoar«, sagte der Henker. »Wenn du mich fragst, ein unnützes Zauberding für abergläubische Weiber. Behalt es, ich habe ohnehin keine Verwendung mehr dafür.«
    »Ich werde dir das nie wieder zurückzahlen können«, flüsterte Magdalena.
    Der Henker zuckte mit den Schultern. »Als Mitgift hättest du das Fünfzigfache bekommen. Ich bin keine arme Kirchenmaus wie dein Vater. In ein paar Jahren will ich mir das Bürgerrecht kaufen. Und wer weiß ... « Er versuchte, freundlich auszusehen, aber sein Gesicht verzog sich zu einer grinsenden Grimasse. »Vielleicht überlegst du dir es doch noch mal. Ich bin keine schlechte Partie, und die Barbara braucht dringend eine Mutter.« Er richtete sich auf und ging zur Tür. »Du kannst hier in der Stube auf der Bank schlafen. Morgen gehst zur Apotheke, und dann schaust du dir ein wenig Augsburg an. Du wirst sehen, es lebt sich hier nicht schlecht.«
    Magdalena hörte seine schweren Schritte auf der Stiege nach oben. Ihr Bauch fühlte sich an, als hätte sie den Bezoar verschluckt.
     
    Der Fuhrmann lag auf dem Bett aus Stroh und schrie wie am Spieß. Erschrocken zog Bonifaz Fronwieser seine Hand weg, die eben noch die Bauchdecke abgeklopft hatte.
    »Hm, hier tut es also weh«, sagte der ältere Medicus und blickte seinen Sohn vielsagend an. Neben den beiden Ärzten kniete Anton Steingadeners Frau und wischte ihrem Gatten den Schweiß aus der Stirn, um die Finger ihrer linken Hand wand sich ein Rosenkranz. Vor einer Stunde war das alte Ehepaar im Haus der Fronwiesers erschienen, wo sich seit der Mittagszeit schon einige Patienten eingefunden hatten. Die meisten litten unter dem Fieber, das seit Wochen in Schongau umging. Doch dieser Fall erschien Simon, falls das überhaupt

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