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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Loch unter den Fundamenten? Gab es auf dem Grundstück vorher ein anderes Gebäude, von dem noch der Keller vorhanden sein könnte? Der Pfarrer sprach von einem alten Altar noch aus heidnischer Zeit ... «
    Jakob Schreevogl ließ sich in einen Sessel neben dem Kamin fallen und überlegte lange. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Nicht, dass ich wüsste. Das Grundstück gehörte unserer Familie schon seit mehreren Generationen. Ich glaube, schon meine Urgroßeltern haben da ihre Kühe und Schafe weiden lassen. Soviel ich weiß, stand dort vor langer Zeit schon einmal eine Kapelle oder Kirche. Wohl auch ein Opferstein oder etwas Ähnliches. Aber das ist schon sehr lange her. Wir haben uns mit dem Grundstück nie groß befasst, bis ich dann den Brennofen bauen lassen wollte.«
    Plötzlich blitzten seine Augen auf.
    »Die Stadtbücher ... Dort müsste so etwas eingezeichnet sein!«
    »Die Stadtbücher?«, fragte Simon.
    »Nun, von jedem Vertrag, von jedem Kauf, aber auch jeder Schenkung gibt es eine Notiz in den Stadtbüchern.Gerade Johann Lechner achtet als Gerichtsschreiber sehr darauf, dass alles seine Ordnung hat. Als mein Vater der Kirche das Grundstück vermachte, gab es eine offizielle Schenkungsurkunde. Und soweit ich mich erinnere, war dieser Urkunde auch ein alter Grundstücksplan beigelegt, den mein Vater noch besaß.«
    Simon spürte, wie sein Mund trocken wurde. Er hatte das Gefühl, der Lösung ganz nahe zu sein.
    »Und wo sind diese ... Stadtbücher?«
    Der Patrizier zuckte mit den Schultern.
    »Nun, wo wohl? Im Ballenhaus natürlich. In der Schreibstube neben dem Ratssaal. Dort im Schrank bewahrt Lechner alles auf, was für die Stadt von Bedeutung ist. Ihr könnt ihn ja fragen, ob Ihr einen Blick hineinwerfen dürft.«
    Simon nickte und wandte sich zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um.
    »Ihr habt mir sehr geholfen, danke.«
    Jakob Schreevogl lächelte.
    »Ihr braucht mir nicht zu danken. Bringt mir meine Clara zurück, das ist genug des Danks.« Der Ratsherr ging die breite Treppe nach oben. »Und jetzt entschuldigt mich. Meine Frau ist immer noch krank. Ich werde nach ihr sehen.«
    Plötzlich blieb er noch einmal stehen. Er schien über etwas nachzudenken.
    »Es gibt da noch etwas ...«
    Simon sah ihn erwartungsvoll an.
    »Nun«, fuhr Jakob Schreevogl fort, »mein Vater hat in seinem Leben viel Geld gespart, sehr viel. Wie Ihr wisst, haben wir uns kurz vor seinem Tod zerstritten. Ich bin immer davon ausgegangen, dass er nach dem Streit sein gesamtes Vermögen der Kirche vermacht hat. Aber ich habe mit dem Pfarrer gesprochen ... «
    »Und?«, fragte Simon nach.
    »Nun, alles, was die Kirche hat, ist dieses Grundstück. Ich habe schon überall bei uns im Haus gesucht, aber ich habe das Geld nirgends finden können.«
    Simon hörte ihn schon fast nicht mehr. Er war bereits wieder draußen auf der Straße.
     
    Mit schnellen Schritten eilte der Medicus zum Ballenhaus. Er war sich im Klaren darüber, dass der Gerichtsschreiber ihn niemals in die Stadtbücher blicken lassen würde. An der Baustelle heute früh hatte er ihm und dem Henker sehr deutlich zu verstehen gegeben, was er vom Verdacht der beiden hielt, nämlich gar nichts. Johann Lechner wollte Ruhe in der Stadt und keinen Medicus, der in seinen Büchern schnüffelte und dabei vielleicht einem Geheimnis auf die Spur kam, das den einen oder anderen Patrizier den Kopf kosten konnte. Aber Simon wusste, dass er diesen Vertrag sehen musste . Die Frage war nur, wie …
    Vor dem Eingang des Ballenhauses lungerten zwei Büttel mit Hellebarden und sahen den letzten Marktfrauen zu, die ihre Stände wegräumten. Jetzt am Nachmittag waren die beiden Wachen die Einzigen, die noch Dienst taten. Simon wusste, dass sich auch keine Ratsherren mehr im Ballenhaus aufhielten. Die Ratsversammlung war heute Mittag gewesen. Die Patrizier waren längst nach Hause zu ihren Familien gegangen, und der Gerichtsschreiber befand sich drüben im Schloss. Das Ballenhaus stand leer. Er musste nur an den zwei Bütteln vorbeikommen.
    Mit einem Lächeln näherte er sich den beiden. Einen von ihnen kannte er von einer früheren Behandlung.
    »Na, Georg, was macht dein Husten? Ist er besser geworden, seitdem ich dir die Lindenblüten für den Aufguss gegeben habe?«
    Der Büttel schüttelte den Kopf. Wie zum Beweis hustete er mehrmals laut und röchelnd.
    »Leider nein, Herr. Eher schlimmer. Jetzt tut’s auch in der Brust weh. Kann kaum meinen Dienst tun. Hab schon drei

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