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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Sollten in den nächsten Tagen tatsächlich Abgesandte der Fugger kommen, um empört die Herausgabe ihres Fuhrmanns zu fordern, würden sie auf einen reuigen Sünder treffen. Großmütig würde Lechner die Freilassung anordnen. Gut möglich, dass Martin Hueber auch im fernen Augsburg noch im Kerker sitzen musste. Allein um die Blamage seiner Vorgesetzten zu sühnen ... Lechner war sich sicher, beim nächsten Mal würden die Augsburger Kaufleute dann wesentlich kleinlauter auftreten.
    Martin Hueber hatte im Großen und Ganzen gestanden, was er schon gestern angedeutet hatte. Vor knapp zwei Wochen waren ein paar seiner Leute in eine Schlägerei im »Stern«-Gasthof verwickelt gewesen, bei der Josef Grimmer einen der ihren spitalreif geprügelt hatte. Gemeinsam mit einer Rotte von Kumpanen hatten sie sich dann am Dienstagabend hinunter zur Floßlände geschlichen, um den wachhabenden Schongauern eine Abreibung zu verpassen. Doch als sie den Stadl erreichten,brannte dieser bereits. Martin Hueber hatte ein paar Gestalten wegrennen sehen, die wie Söldner aussahen. Allerdings waren sie zu weit weg gewesen, um mehr zu erkennen. Zur Prügelei war es dann doch noch gekommen, aber nur, weil die Schongauer sie der Brandschatzerei verdächtigt hatten.
    »Und wer glaubst du, hat den Stadl angezündet?«, fragte Lechner noch einmal nach, obwohl er bereits in der Tür stand.
    Martin Hueber zuckte mit den Schultern. »Das waren fremde Soldaten, keine aus der Gegend, so viel ist sicher.«
    »Merkwürdig nur, dass keiner der Schongauer Wachleute sie bemerkt hat, sondern nur ihr Augsburger«, hakte Lechner nach.
    Der Rottführer fing wieder an zu jammern. »Bei der Jungfrau Maria, das hab ich Euch doch bereits gesagt! Weil die Schongauer so mit dem Löschen beschäftigt waren. Außerdem hat man bei dem Rauch sowieso kaum etwas erkennen können!«
    Johann Lechner sah ihn durchdringend an. »Möge der Heiland dich davor bewahren, dass du lügst«, murmelte er. »Sonst hängst du, und es schert mich einen Dreck, ob du ein Fuhrmann der Fugger oder meinetwegen des Kaisers bist.« Er wandte sich zum Gehen.
    »Gebt dem Gefangenen eine warme Suppe und ein Stück Brot, bei Gott!«, rief er dem Büttel zu, als er die Treppe bereits nach unten ins Ballenhaus schritt. »Wir sind doch keine Unmenschen!« Hinter ihm schloss sich quietschend die Türe zum Karzer.
    Auf den ausgetretenen Stufen blieb Johann Lechner noch einmal stehen und blickte von hier oben auf die Lagerhalle der Stadt. Trotz der wurmstichigen Balken und der abblätternden Farbe war die Halle nach wie vor derStolz Schongaus. Ballen von Wolle, Tüchern und feinsten Gewürzen stapelten sich teilweise bis zur Decke. Ein Hauch von Nelken lag in der Luft. Wer könnte ein Interesse daran haben, diesen Reichtum in Rauch aufgehen zu lassen? Wenn es wirklich Söldner waren, dann hatten sie einen Auftraggeber. Aber wen? Jemand aus Schongau? Ein Fremder? Doch die Augsburger? Oder war es am Ende wirklich der Teufel gewesen? Der Schreiber zog die Stirn in Falten. Er musste irgendetwas übersehen haben, und das konnte er sich selbst nicht verzeihen. Er war ein Mann der Perfektion.
    »Herr! Der Büttel Andreas von der Fronfeste schickt mich!« Johann Lechner blickte nach unten, wo ein junger Bursche mit Holzpantinen und abgewetztem Leinenhemd soeben zur Tür hereingerannt kam. Er war außer Atem, seine Augen leuchteten.
    » Der Büttel Andreas?«, fragte Johann Lechner neugierig. »Was will er?«
    »Er sagt, dass die Stechlin wieder aufgewacht ist, sie heult und jammert wie zehn Furien!« Der Junge stand jetzt an der untersten Treppenstufe. Er war keine vierzehn Jahre alt. Erwartungsvoll blickte er den Schreiber an. »Werdet Ihr sie jetzt bald verbrennen, Herr?«
    Johann Lechner sah ihn wohlgefällig an. »Nun, man wird sehen«, sagte er, während er dem Jungen ein paar Kreuzer in die Hand drückte. »Halt nur gleich nach dem Medicus Ausschau, dass er uns das Wohlbefinden der Stechlin attestiert.«
    Als der Junge schon wieder losgelaufen war, rief er ihn noch einmal zurück.
    »Aber hol mir den alten Medicus, nicht den jungen! Hast du verstanden?« Der Junge nickte.
    »Der junge ist ein bisschen zu ...« Johann Lechner zögerte,dann lächelte er. »Nun, wir wollen doch alle bald die Hexe brennen sehen, oder?«
    Der Junge nickte. In seinen Augen glomm ein Feuer, das Lechner fast ein wenig Angst machte.
     
    Ein rhythmisches Pochen, als würde ein starker Hammer immer wieder gegen eine Tür

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