Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
Kampfhaltung ein, die ihn wohl von ihrer Familie fernhalten sollte. Sie hob das Kinn und sah ihn herausfordernd an.
Sein Körper verkrampfte. Sein Körper verkrampfte jedes Mal, wenn er in ihrer Nähe war. Letzte Nacht hatte er sie sogar gerochen. Sie duftete nach süßem Puder und Gewitter. Stundenlang hatte er geschwitzt und schwer geatmet und war so erregt gewesen, dass er schon Maddox wegen Ashlyn Vorwürfe machen wollte, da er glaubte, sie wäre für seinen erbärmlichen Zustand verantwortlich.
Diese Frau stand für den Himmel, für das Vergnügen, sie war ein Fest für seine gegeißelten Sinne. Sie hatte weder Narben noch andere Male, die auf ein hartes Leben hindeuteten. Nur makellose, sonnengebräunte Haut und strahlend grüne Augen. Volle, rote Lippen, die zum Lachen gemacht waren – und zum Küssen.
Falls sie schon einmal Schmerzen erfahren hatte, so merkte man es ihr nicht an. Und das faszinierte ihn. Obwohl er es besser wusste. Seine Beziehungen konnten nur ein böses Ende nehmen.
„Starr mich nicht so an“, fauchte der kleine, blonde Engel und ballte die Fäuste.
Wollte sie ihn schlagen? Lächerlich. Aber sie wusste ja nicht, dass er es genießen würde. Dass er mehr davon würde haben wollen, bis er sie anflehte, ihn noch mal zu schlagen. Ich täte der Welt einen Gefallen, wenn ich es zuließe, dass die Jäger mich köpfen.
Wie sehr er sich hasste. Er hasste es, zu welchem Verhalten sein Dämon ihn zwang, und er hasste die Sehnsucht, die ihn jetzt erfüllte.
„Wenn du gekommen bist, um uns zu vergewaltigen, solltest du wissen, dass wir uns wehren werden. Wir sind keine leichte Beute.“ Sie hob das Kinn noch ein Stückchen höher und plusterte sich künstlich auf.
Dass ein derart kleines Wesen einen solchen Mut aufbrachte, imponierte ihm, aber er durfte sich nicht von seiner momentanen Aufgabe ablenken lassen. „Weiß jemand von euch, wie man einen Menschen heilt?“
Sie blinzelte verwirrt, und ihre Feindseligkeit ebbte leicht ab. „Einen Menschen?“
„Eine Frau. Wie du.“
Sie blinzelte erneut. „Warum?“
„Weißt du es?“, drängte er, ohne auf ihre Frage einzugehen. „Uns bleibt nicht viel Zeit.“
„Warum?“, wiederholte sie.
Reyes ging langsam auf sie zu. Jeder Schritt bebte vor zurückgehaltener Wut. Doch sie wich nicht zurück, und je näher er ihr kam, umso stärker stieg ihm ihr Duft in die Nase. Er war berauschend und verlockend, wie das Mädchen selbst. Vollkommen unerwartet ließ seine Wut nach. „Antworte mir. Dann lasse ich dich vielleicht noch einen Tag länger am Leben.“
„Danika. Antworte ihm. Bitte.“ Die älteste der Frauen fasste das Mädchen mit einer zitternden, faltigen Hand am Arm, um sie zurück aufs Bett und weg von ihm zu ziehen.
Danika. Der Name rollte durch seinen Kopf und über seine Zunge, und bevor er nachdenken konnte, sprach er ihn laut aus. „Danika.“ Sein Geschlecht zuckte. „Hübsch. Ich heiße Reyes.“
Das Mädchen schüttelte die Hand der alten Frau ab und sah Reyes unverwandt an. Ihre Augenbrauen und Wimpern waren genauso blond wie ihre Haare. Vermutlich ist sie auch zwischen den Beinen blond, dachte er.
Er konnte nicht anders. Obwohl er sich beeilen musste, zog er sie in Gedanken aus. Eine Kurve nach der anderen kam zum Vorschein. Es war ein Festschmaus für seinen hungrigen Blick. Große Brüste mit Himbeernippeln. Ein weicher, flacher Bauch. Weiche und zugleich feste Oberschenkel.
Reyes gestattete sich schon lange nicht mehr, mit Menschen ins Bett zu gehen. Er legte lieber selbst Hand an, wenn er Befriedigung brauchte. Seine Leidenschaft war zu düster und zu schmerzhaft für die meisten Frauen. Und diese hier, die von einer weichen, unschuldigen Aura umgeben war, wäre ganz besonders verletzt und angewidert. Daran hegte er keinen Zweifel. Noch schlimmer war, dass die Frauen, mit denen er schlief, sich an seinem Dämon berauschten und bald genauso versessen darauf waren, sich Schmerzen zuzufügen, wie er.
Selbst wenn er von Danika nicht mehr als einen Kuss verlangte, sie würde nicht damit umgehen können – und er vielleicht auch nicht. Der Gedanke, sie zu verletzen, bis sie blutete, sie zu verstümmeln, hinterließ einen hohlen Schmerz in seiner Brust.
„Ich frage jetzt noch ein Mal: Ist irgendwer von euch eine Heilerin?“, bellte er. Plötzlich wollte er so schnell wie möglich weg von Danika und ihrer verführerischen Unschuld.
Sein harscher Ton ließ sie noch mehr erbleichen, doch sie blieb standhaft.
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