Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
Zweifel spann.
Fragen und Beobachtungen waren schließlich keine Lügen, oder doch?
Als sein Dämon wieder mal Zweifel streute, hatte Sabin Maddox für das Menschenmädchen beten gehört und klinkte sich sofort ein. Er säte in Maddox noch größeren Zweifel, ob sie ohne göttliche Hilfe überleben würde. Dass sie überlebte, kam Sabin nur recht, denn so konnte er Maddox’ Schuld einfordern.
Wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte und die Krieger tatsächlich kämen – Sabin war sicher, dass sie in diesem Fall entgegen seiner Anweisung bewaffnet wären –, würden er und seine Männer auf sie warten. Und hoffen. Wie würden sie auf das unerwartete Wiedersehen reagieren?
Höchstwahrscheinlich mit Hass.
„Halt die Klappe“, herrschte er seinen Dämon an. Es machte ihm nichts aus, bei anderen Zweifel zu säen, aber er hasste es, wenn diese dämliche Kreatur versuchte, ihn zu verunsichern.
Seine Zimmertür schwang auf.
Er griff nach dem Messer, das er an einem Schaft im Nacken befestigt hatte, und machte sich zum Angriff bereit. Als er seinen Besucher erblickte, entspannte er sich.
„Was ist denn das für eine Begrüßung?“, flachste Kane.
Cameo, Amun und Gideon begleiteten ihn. Sie waren seit Badens Tod zusammen. Seitdem sie sich ihren Dämonen hingegeben hatten. Ihnen war jedes Mittel recht gewesen, um jene zu bestrafen, die ihnen ihren Freund geraubt hatten.
Die Zerstörungen, die sie angerichtet hatten, die Menschen, die verletzt wurden … Sabin schauderte bei der Erinnerung. Es hatte lange gedauert, bis sie sich selbst wiederfanden, aber da war es zu spät gewesen. Sie würden niemals vollständig in die Gesellschaft eintauchen können oder etwas anderes sein als Krieger.
Die Jäger ließen es nicht zu.
Sie hatten nicht nur Baden getötet, sondern auch jeden Menschen umgebracht, der den Kriegern etwas bedeutete, und jedes Zuhause zerstört, das sie sich aufbauten. Dafür würde Sa-bin bis ans Ende seiner Tage gegen sie kämpfen. Mit anderen Worten: bis in alle Ewigkeit. Er würde so lange kämpfen, bis der Letzte von ihnen seinen letzten Atemzug tat.
Sabin setzte sich halb auf, stützte sich auf die Ellbogen und lehnte sich gegen das Kopfende seines Bettes. „Gibt’s was Neues?“
„Jede Menge“, antwortete Gideon.
„Gar nichts“, widersprach Kane und verdrehte die Augen.
Gideon war vom Dämon der Lüge besessen. Im Gegensatz zu Sabin brachte der Mann nicht ein wahres Wort über die Lippen. Jeder im Raum verstand es, stets das genaue Gegenteil von dem zu glauben, was er behauptete.
Sabin bedachte Gideon mit einem Blick, der sagte: Halt das nächste Mal einfach die Klappe, doch sein Freund zuckte nur mit den Schultern, was so viel hieß wie: er mache sowieso was er wolle und wann er es wolle. Und so war es auch. Schon immer gewesen. Er war ein wahrer Rebell.
Gideon war genauso groß wie Sabin und ebenfalls ein Krieger, doch da hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Während Sabin braune Haare, braune Augen und ein grob geschnitztes Gesicht hatte, war Gideon durch und durch Punk, der den modernen Gothic-Look liebte und ihn mit einer Prise Grunge und gewissen Filmstarattitüden mischte.
Sein von Natur aus blondes Haar trug er metallisch blau gefärbt. Angeblich hatte er das gemacht, weil es seine Augen betonte. Natürlich war das gelogen. Viel wahrscheinlicher war es, dass er mit seinem Aussehen die Menschen warnen wollte. Nach dem Motto: Nähern auf eigene Gefahr.
Er war am ganzen Körper gepierct und tätowiert. Er trug nur Schwarz und verließ das Haus stets mit einem kompletten Waffenarsenal am Körper.
So wie die anderen auch.
„Wo ist Strider?“, erkundigte sich Sabin.
Gideon machte den Mund auf, um – mit einer Lüge – zu antworten, aber Kane, der Träger des Dämons der Katastrophe, kam ihm zuvor. „Er konnte die Niederlage nicht akzeptieren und sucht immer noch.“
Natürlich. Sabin hätte es wissen müssen. Weil Strider vom Dämon der Niederlage besessen war, musste er gewinnen, ganz egal, was er tat – ob Kriege führen, Karten oder Tischtennis spielen. Wenn er unterlag, litt er körperliche Qualen und war tagelang unfähig, das Bett zu verlassen.
Sabin hatte seinen Freunden aufgetragen, mit den Stadtbewohnern zu sprechen, um irgendetwas über die anderen Krieger oder die Büchse in Erfahrung zu bringen. Strider käme also nicht zurück, ehe er Erfolg hatte.
Cameo, die einzige Frau in ihrer Gruppe der Verdammten, ließ sich ihm gegenüber auf das
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