Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
nicht vertreiben.
Sie war wunderschön, und sie hätte die Wahl unter ebenso gut aussehenden Männern haben können. Vielleicht hatte sie ihn begehrt, weil sie neugierig darauf war, wie es war, mit einem hässlichen Mann Sex zu haben. Möglicherweise hätte sie das nie zugegeben, aber auf diese Weise konnte sie ihn nun schnell loswerden.
„Ich werde nicht noch einmal versuchen, dich zu töten, also kannst du aufhören, mir zu schmeicheln.“
„Das ist aber schön für mich.“ Sie sah ihn immer noch nicht an. Schamesröte stieg ihr ins Gesicht.
„Aber eins lass dir gesagt sein: Wenn du mich noch einmal schlägst, dann schlage ich zurück“, log er. Nie würde er in der Lage sein, ihr etwas zuleide zu tun, dessen war er sich nun sicher.
„Ein Mädchen wird ja wohl noch träumen dürfen, oder?“, säuselte sie und änderte ihre Taktik.
Das machte ihn noch wütender. „Du kannst hierbleiben oder nach Hause gehen. Ich jedenfalls muss neue Sachen für die Reise kaufen, und das will ich allein machen.“
Sie nahm die Schultern zurück und reckte das Kinn. „Ich komme mit. Basta.“
„Nein. Das wirst du nicht.“ Lucien schüttelte den Kopf. „Für den Moment bin ich mit dir fertig.“
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Schön. Ich kenne jedenfalls jemanden in Grönland. Der kann uns alles besorgen, was wir brauchen. Wir können bei ihm vorbeischauen, uns alles Mögliche ausleihen und dann gleich weiter in die Arktis reisen.“
Er. Dieses Wort surrte durch Luciens Kopf und löste einen Sturm der Eifersucht aus. „Wer ist das? Und warum bist du nicht schon vorher bei ihm gewesen, und hast mich stattdessen in die Schweiz gezerrt?“
„Es ist ein Freund von mir, und ich habe dich nicht mit zu ihm genommen, weil ich wollte, dass du mein … Ich wollte, dass wir gemeinsam in Zürich einkaufen gehen. Und ich habe gedacht, dass wir reichlich Zeit hatten.“ Mit dem Fuß stieß sie ein zerbrochenes Glas an. „Verdammt! Ich gucke mir schon wieder meine Füße an!“
„Na, dann hör eben auf damit!“ Sie hatte gedacht, sie hätten noch viel Zeit? Glaubte sie das jetzt nicht mehr? Warum? „Hat Cronus dich bedroht?“ Sobald er diese Frage ausgesprochen hatte, ergab Anyas Verhalten einen Sinn.
Aufrecht drehte sie sich zu ihm um. „Als würde ich mir etwas aus den Drohungen des alten Mistkerls machen!“
Ah, ja. Also hatte Cronus sie bedroht. „Was hat er gesagt?“
„Hör auf! Hör einfach auf! Er hat nichts Wichtiges gesagt. Außerdem, was spielt es für eine Rolle, was er gesagt hat? Was zwischen ihm und mir passiert, geht dich doch wohl kaum etwas an, oder? Also, was ist? Kommst du mit zu William oder nicht?“
„Nein. Ich möchte nicht, dass noch jemand davon erfährt, wonach wir suchen. Sag mir endlich, womit Cronus dich bedroht hat.“
„William wird es noch nicht einmal mitkriegen, dass wir da sind. Ganz sicher. Und verdammt noch mal, Cronus hat gar nichts gesagt.“
„Du meinst, wir nehmen uns einfach die Sachen von William?“
„Ja. Wir stehlen sie. Kommst du jetzt mit oder nicht?“ Sie klang ruhig.
Er betrachtete sie aufmerksam. Die Frau, die jetzt vor ihm stand, war nicht mehr diejenige, die er zuvor geküsst hatte. Sie war unerbittlich, hart und distanziert. Das gefiel ihm nicht, aber Lucien wusste nicht, was er dagegen unternehmen sollte.
Er wünschte sich, er hätte die Macht, den Götterkönig auf der Stelle herauszufordern. Ebenso wünschte er sich, dass er die Stärke hätte, Anya für immer zu verlassen. Sie machte ihn wahnsinnig. Aber im Gegensatz zu dem, was er vor ein paar Minuten behauptet hatte, wollte er nicht allein sein. Er wollte nicht ohne sie existieren.
Als habe sie seine Kapitulation gespürt, drehte sich Anya um und winkte ihm zu. Sie war blass, und ihre Augen waren traurig, dennoch lächelte sie. „Bis gleich, Honey.“
Doch Lucien folgte ihr nicht sofort. Er packte seine Dolche, seine Glock-Pistole, und überprüfte noch ihr Magazin. Er wollte sichergehen, dass sie geladen war, denn man konnte nicht wissen, was für ein Typ dieser William war. Aber um ganz ehrlich zu sein, war es auch gleichgültig, wer dahinter steckte. Denn schon jetzt hasste Lucien ihn.
Während sie auf Grönland waren, hatte er vielleicht die Chance, den Auftrag zu bekommen, die Seele dieses Mistkerls zu holen.
Und schließlich durfte auch ein Krieger noch träumen.
Und genau in diesem Moment, als habe er es gehört, wurde er von seinem Dämon des Todes gerufen. Aber
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