Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
sowohl ihn als auch Lucien verstecken. Lucien wollte ihn haben, also würde er ihn auch aufspüren. So einfach war das. Aber sie würde Cronus den Käfig nicht als Tauschmittel geben, nicht, wenn er ihn dazu benutzen konnte, die Büchse zu finden und schließlich doch Lucien wehzutun. Nein, sie würde ihm stattdessen den Schlüssel anbieten, so wie es der alte Trottel wollte. Es gab nur diesen Ausweg.
Es war alles nur noch eine Frage der Zeit.
Sie rieb sich den Bauch, um die plötzlich auftretenden Schmerzen zu vertreiben.
„Ich sehe William immer noch nicht“ lenkte sie Lucien von ihren Gedanken ab.
„Ich bin hier“, grummelte eine tiefe Stimme.
Als Anya sich umdrehte, sah sie einen silberfarbenen Steighaken über die Kante des Gipfels klemmen, danach erschien ein Handschuh. Schließlich sahen sie William, der versuchte über den Kamm zu klettern. Sein Gesicht war in einer weißen Skimaske verborgen, die vom Schnee kaum zu unterscheiden war. Nur seine Augen stachen hervor, denn sie strahlten so blau wie der Ozean.
„Vielleicht könnt ihr mir helfen“, japste er.
Lucien bückte sich und ergriff sein Handgelenk.
Vielleicht war es böse von ihr, aber Anya war es lieber, wenn William abstürzte, als dass Lucien sich in Gefahr brachte. Sie stellte sich hinter ihn und hielt ihn an der Hüfte fest, um ihn zu stabilisieren. Zusammen gelang es ihnen, den muskulösen William hochzuziehen.
Der Krieger beugte er sich vorn über, um Luft zu holen. Dann richtete er sich auf und klopfte sich den Schnee von den Schultern. „Es ist Jahre her, dass ich das gemacht habe.“
„Du solltest teleportieren lernen“, sagte sie hilfsbereit.
Er holte aus und schmiss sie um.
Sie kicherte.
Lucien schnaubte.
„Ich wundere mich darüber, dass du nicht nach Hause gekommen bist.“
„Damit du noch mehr Grund hättest, um die Seiten aus meinem Buch herauszureißen?“ William drehte sich um und richtete seinen Blick auf den unendlichen weißen Horizont. Bergkuppe nach Bergkuppe war mit Schnee bedeckt, bei dem kleinsten Windhauch wirbelten die glitzernden Kristalle auf und glänzten im Mondlicht. Dann wandte er sich zu Lucien. „Du siehst gut aus dafür, dass du letztens ziemlich stark verletzt worden bist.“
„Wo sollte sich ein Monster hier verstecken?“ Lucien ignorierte Williams Kompliment.
„Vielleicht ist sie ein Chamäleon“, schlug Anya vor. „Vielleicht ist sie schneeweiß und wir stehen direkt auf ihr ohne es zu merken.“
Alle sahen auf den Boden. Einige Sekunden verstrichen, ohne dass etwas passierte, und alle seufzten enttäuscht.
William sah sie an, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, ließ es dann aber bleiben. Hinter ihrer Schulter sah er eine Waffe hervorstehen, sie hatte sie wie ein Samurai auf den Rücken geschnallt. Er runzelte die Stirn. „Hübsches Schwert“, sagte er trocken.
„Danke.“
„Es ist eines meiner Lieblingsschwerter.“
„Wenn du nett zu mir bist, dann bekommst du es in einem oder zwei Jahren zurück.“
„Du bist zu gütig.“
„Ich weiß. So, wir sprachen gerade über Hydra, glaube ich.“
William schwieg und betrachtete die Landschaft. „Okay. Was machen wir jetzt?“
„Hier lang.“ Lucien deutete in eine Richtung und bedeutete, sie sollten ihm folgen.
Anya unterdrückte einen Seufzer, ging ihm aber nach. „Jetzt sag mir nicht, dass wir etliche Meilen wandern müssen. Dann verdufte ich nämlich vielleicht.“
„Passt einfach gut auf“, gab Lucien zurück, und die drei arbeiteten sich mühsam mehrere Stunden lang voran.
Zuerst fühlte sie sich wie ein Stück Eis, dass an der Oberfläche in einem Glas Limonade umherschaukelt, dann aber wurde ihr ganzer Körper taub. Das hätte alles leichter machen sollen, tat es aber nicht. Wenn sie ihre Arme und Beine regen wollte, hatte sie den Eindruck, sie müsste tonnenschwere Bohlen bewegen.
„Erinnere mich daran, warum ich dein Freund bin“, sagte William in die Stille hinein. „Erinnere mich daran, warum ich dich in meinem Haus willkommen geheißen habe, und zwar häufig. Auch wenn ich wusste, dass du Ärger hattest, und dass er vor meiner Tür nicht halt machen würde. Denn im Moment weiß ich nicht mehr warum ich das alles für dich getan habe.“
„Du hast sie in dein Haus gelassen, weil sie aufregend und leidenschaftlich ist, und es nie langweilig wird, wenn man mit ihr zusammen ist.“ Lucien sah sie an.
Ah. Ihr wurde warm, als würde das Eis in ihrem Blut zu schmelzen beginnen. Die Wärme half gegen
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