Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
gesprochen, so wird es geschehen.“
Die Worte schwirrten in ihrem Kopf herum. Es war ihr, als solle sie daran ersticken. Sie waren ihr durch die Haut gedrungen, bis in die Knochen gefahren und hatten ihre Seele durchbohrt. Es war wie ein Brandmal, das sie nie würde abschütteln können. Wochenlang war sie danach wie in Trance umhergegangen. Sie war geschockt von der Tatsache, dass ihr Vater verheiratet war, und sie musste begreifen, was der Fluch für sie bedeutete. Es war so viel, sie konnte es kaum ertragen.
Als sie sich von dem Schock erholt hatte, fing sie an, ihren Vater dafür zu hassen, dass er sie ignoriert hatte. Und sie hasste alle Männer dafür, was sie ihr antun konnten, wenn sie nicht gut auf sich Acht gab.
Und sie hatte Angst, schreckliche Angst.
Als ihre Mutter sie zum Kampfunterricht schickte, damit sie sich schützen konnte, da nun so viel auf dem Spiel stand, nahm sie die Stunden sehr ernst. Je stärker sie wurde, desto geringer wurden der Hass und die Angst. Doch sie schwor sich, immer allein zu bleiben.
In all den Jahren, in denen sie inzwischen unter dem Fluch litt, hatte sie niemals einem Mann diese Macht über sich zugestanden. Da die Götter sie in das Gefängnis, das von ihrem Vater bewacht wurde, eingesperrt hatten, wurde sie nur noch entschlossener.
Bis zu diesem Zeitpunkt.
Jetzt wollte sie Luciens zärtlichste Berührung in ihrem Innersten genießen. Sie wollte ihn einfach, ob er nun einer anderen Frau versprochen war oder nicht.
Allein der Gedanke daran, dass sie ihn haben wollte, sorgte dafür, dass sie noch mehr zerfloss. Der dünne Stoff ihres Slips war schon durchnässt. Sie hatte das Gefühl, dass ihre Haut am ganzen Körper spannte. Sie konnte nicht anders, als ihre Oberschenkel an seinen zu reiben.
Freiheit, ermahnte sie sich. Es gab nichts Großartigeres.
All die Menschen, die sie über die Jahre in ihr Bett gelassen hatte, hatten nie wirklich in sie eindringen dürfen. Mit Aias, dem Captain der Wache der Unsterblichen, hatte sie herumgeknutscht. Aber als sie ihn bremste, als er schon dabei gewesen war, sie auszuziehen und zu streicheln, hatte er sie eine Hure und ein Flittchen genannt und sie festgehalten.
Böse hatte er sie angestarrt und an ihren Kleidern und an seiner Hose gezerrt. Sie hatte Angst bekommen und gefordert, dass er sie loslassen solle. Er hatte gelacht. Damals konnte sie sich noch nicht von einem Ort an den anderen teleportieren. Das war ein Geschenk, das einzige, das ihr Vater ihr später gegeben hatte. Also kämpfte sie mit all ihrer Kraft und schaffte es endlich, Aias den tödlichen Schlag zu versetzen, so wie sie es gelernt hatte.
Anya hatte es niemals leid getan. Auch nicht, als sie deswegen im Gefängnis gesessen hatte. Niemand konnte ihr nehmen, was nur ihr allein gehörte. Niemand.
„Woran denkst du?“ Luciens Stimme war rau … War er erregt?
Warum sollte sie ihm nicht die Wahrheit sagen? „An dich. An Sex. An Diebstahl. An einen anderen Mann.“
„Den du geliebt hast?“ Seine Stimme wurde noch tiefer.
Eifersüchtig? „Ja, so ähnlich.“
Er kniff die Augen zusammen.
„Regt es dich auf, Hase, wenn du dir vorstellst, dass ich mit einem anderen Mann zusammen war?“
„Natürlich nicht“, gab er zurück, löste sich aus ihrer Umarmung und stand auf.
Plötzlich fühlte sie sich unglaublich allein gelassen. Vorsichtig erhob sie sich ebenfalls und fuhr mit den Händen über ihre Netzstrümpfe, um den Sand loszuwerden. Es ist am besten so, redete sie sich ein. Du warst zu knapp davor, dich einem Mann hinzugeben, der dich vielleicht noch nicht einmal begehrt. Und außerdem will er dich um jeden Preis töten.
„Worüber sprachen wir gerade? Ashlyn musste sich opfern, um Maddox zu retten“, sagte Lucien mit zusammengekniffenen Lippen. Er ging an die Stelle zurück, wo einst der Altarraum gewesen war und drehte sich um die eigene Achse, um sich die Leere anzuschauen. „Was kann ich also opfern?“
„Lucien!“ Es war Strider. „Es ist bald Zeit zu essen.“
„Ich komme gleich.“ Er sah sie an. „Anya? Opferungen?“
„Fragst du mich, ob hier Opfer dargebracht wurden?“ Sie hatte nicht richtig zugehört, sie war einfach zu traurig. „Ja. Und?“
„Waren es Blutopfer?“
„Ja.“ Worauf wollte er hinaus? „Als der Tempel auf die Erde gebracht wurde, kam es auch zu Blutopfern.“
„Und was haben die Leute, die in diesen Tempel gekommen sind, genau geopfert? Was haben sie geschlachtet?“
Sie ließ ihre Gedanken
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