Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
es nicht schon begonnen hatte. Er erreichte sein Zimmer, ohneirgendwem über den Weg zu laufen, und umarmte Legion fest, ehe er sie auf dem Sofa absetzte, das Maddox für sie gebaut hatte.
„Warte hier“, sagte er und ging zu seinem Schrank. Binnen Sekunden war er von Kopf bis Fuß mit Messern ausgestattet. Er hätte auch eine Schusswaffe eingesteckt, aber er wollte nicht, dass die noch unbekannte Frau, die er gleich auswählen würde, sie ihm entwenden konnte, während er sich aufs Fliegen konzentrieren musste.
„Aber … aber … Legion issst eben erssst angekommen. Legion hat Euch vermissst.“
„Ich weiß. Und ich habe dich auch vermisst. Aber die Stadtmenschen haben schon vor mir allein Angst. Ich befürchte, wenn sie uns zusammen sehen, fangen sie zu randalieren an.“ Er hatte recht. Sie waren Aeron wegen seines tätowierten Gesichts noch nie mit derselben Ehrfurcht begegnet, die sie den anderen Kriegern entgegenbrachten. „Ich muss eine Frau für Paris suchen und mit ihr hierherfliegen.“
„Aber Ihr könnt doch zwei tragen. Sssie und Legion.“
„Nein. Tut mir leid.“
„Nein!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf, und ihren roten Augen leuchteten hell. „Keine Frauen mit Euch alleine.“
Er wusste, dass ihre Eifersucht nicht romantischer Natur war, sondern eher der eines Kindes glich, dessen Mutter oder Vater zum zweiten Mal heiratete. „Wir haben doch schon darüber gesprochen, Legion. Ich mag keine Menschenfrauen.“ Wenn er sich je einer Frau hingab, musste es eine starke Unsterbliche sein, die hart, belastbar und nicht leicht zu zerstören war.
Aeron verstand einfach nicht, wie Paris und die anderen mit Menschen ins Bett steigen konnten, obwohl sie wussten, dass sie mit Dingen wie Krankheit, Dummheit, Leichtsinn oder anderen Grausamkeiten geschlagen waren, die ihre Artgenossen ihnen zugefügt hatten. Sie würden sterben. Es war immer dasselbe. Selbst Ashlyn und Danika, denen die Götter Unsterblichkeit versprochen hatten, hatten ihre Schwächen.
„Es wird nicht lange dauern“, versicherte er Legion. „Ich habe vor, mir die erste Frau zu schnappen, die mir über den Weg läuft. Jemanden, den ich vollkommen unattraktiv finde.“
Sie fuhr mit einer Kralle über den smaragdfarbenen Samt. „Versssprochen?“
„Versprochen.“
Das besänftigte sie ein Stück weit, und sie seufzte. „Aissso gut. Legion wartet hier. Legion …“ Ihre dünnen Lippen verzogen sich missbilligend.
Im nächsten Augenblick spürte Aeron, wie sich ein unsichtbares Augenpaar auf ihn richtete. Heiß, neugierig und eindringlich.
Legion zitterte, wurde blass, und die Angst legte sich wie ein Schleier auf ihr Gesicht. „Nein. Neeeeeiiiin!“
„Geh“, befahl er, und sie tat es, ohne zu zögern. Im Nu war sie verschwunden.
Langsam drehte er sich im Kreis und suchte nach einem Hinweis auf den … Engel? Aber er sah und roch nichts – keine schimmernde Silhouette, keinen himmlischen Duft. Alles war wie immer. Er biss fest die Zähne aufeinander. Wie gern hätte er das Wesen doch beschimpft und aufgefordert, sich zu zeigen und ihm zu verraten, was es von ihm wollte. Doch er hielt sich zurück. Das war nicht der richtige Zeitpunkt. Aber später …
Er zog sich das Hemd aus, warf es auf den Boden und blickte auf seine tätowierte Brust. Kampfszenen, Gesichter. Er wollte nie vergessen, was er getan hatte. Auch nicht die Mensehen, die er beobachtet hatte, als sie zur Schlachtbank geführt worden waren. Denn er befürchtete, dass er sonst zu der bösen Kreatur wurde, gegen die er immer gekämpft hatte. Dass er zu seinem Dämon wurde, zu Zorn.
Keine Zeit für trübe Gedanken. Auf einen mentalen Befehl hin sprangen seine Flügel aus den versteckten Schlitzen auf seinem Rücken. Sie waren schwarz, hauchdünn und sahen trügerisch zerbrechlich aus, waren in Wahrheit jedoch unglaublich kräftig. In genau diesem Moment meinte er, das kurze, heftige Einatmen einer Frau zu vernehmen. Dann streichelten warme Hände seine Flügel, erkundeten jede Erhebung und jedes Tal. Ohne Vorwarnung bekam er eine Erektion, die seine Entschlossenheit in einem zweifelhaften Licht erscheinen ließ.
Teufel. Nein. Eine Dämonenmörderin begehren? Im Leben nicht. „Nicht anfassen“, presste er hervor.
Das Phantom zog seine Hände schnell zurück.
Wenn dieses Wesen ihm doch in allen Dingen so gehorchen würde. „Wenn du meinen Freunden etwas antust oder vorhast, mich zu bestehlen, werde ich dich in kleine Stücke reißen. Es wäre besser
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