Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
vernichten konnte.
Allmählich entspannte Legion sich. Er war erfreut zu spüren, dass er sie genauso beruhigen konnte wie sie ihn. „Aber wasss macht Ihr hier eigentlich? Legion möchte Fangen und Kratzen spielen.“
„Ich kann nicht. Nicht jetzt. Ich muss Paris helfen.“
„Oh, oh.“ Wieder klatschte sie aufgeregt, wobei die langen Nägel klapperten. „Lassst unsss mit ihm spielen!“
„Nein.“ Es widerstrebte ihm zutiefst, ihr einen Wunsch abzuschlagen, aber er mochte seine Freunde nun mal am liebsten, wenn sie lebendig waren. Und wenn es um Legion und ihre Spiele ging, spielte der Tod normalerweise mit. „Ich brauche ihn.“
Einen Moment lang schwiegen sie. Dann seufzte sie. „Gut. Legion wird sssich Euretwegen langweilen.“
Als Aeron sich wieder der Tür zuwandte, lachte er in sich hinein. Als Paris auch auf sein neuerliches Klopfen nicht reagierte, drehte er den Türknauf. Das Schloss war abgesperrt. „Geh dort rüber, meine Süße. Ich trete jetzt die Tür ein.“
„Nein, nein. Legion weisss wasss Bessseresss.“ Sie glitt an seiner Brust hinab, wobei sie sich mit ihrer unteren Körperhälfte weiterhin an seinem Hals festhielt, streckte die Arme aus und knackte das Schloss mithilfe ihrer Krallen. Klick. Scharniere quietschten, als das Holz zur Seite glitt. Legion kicherte.
„Gut gemacht.“
Während sie sich putzte, betrat er das Schlafzimmer. Früher war das hier der Himmel der Sinnlichkeit gewesen. Gummipuppen, Sexspielzeuge und Seidenbettwäsche hatten den Raum dominiert. Nun hatten die Puppen Löcher – und zwar mehr als normalerweise. Sie waren erstochen worden. Die Spielzeuge stapelten sich im Mülleimer, und vom Bett war jegliche Schönheit abgezogen worden.
Nach einer kurzen Suche fand er Paris im Badezimmer. Er hing über der Toilette und stöhnte. Sein Haar, ein hübscher Mix aus Schwarz und Goldbraun, hatte er sich im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. Er war normalerweise schon blass, doch nun schien er fast durchsichtig zu sein, und seine Adern schimmerten blau und dick unter seiner Haut. Unter den Augen waren dunkle Halbmonde zu sehen, und seine Iris war von einem matten Blau.
Aeron kauerte sich neben ihn und erspähte die Flaschen und Beutel, die den Onyxboden bedeckten. Alkohol und Ambrosia, beides in großen Mengen. „Paris?“
„Ruhe.“ Wieder stöhnte er, dann richtete Paris sich auf und erbrach den restlichen Mageninhalt kurz darauf in die Toilette.
Als er fertig war, sagte Aeron: „Kann ich irgendwas für dich tun?“
„Ja.“ Er war kaum zu hören. „Verschwinde.“
„Nicht in diesssem Ton …“
Aeron gab Legion mit einer Geste zu verstehen, dass sie still sein sollte, und überraschenderweise gehorchte sie ihm. Sie glitt sogar von ihm hinunter und setzte sich mit vor der Brust verschränkten Armen und zitternder Unterlippe in eine Ecke des Bads. Sein Schuldgefühl überkam ihn dermaßen unerwartet und heftig, dass er den starken Drang verspürte, sie in den Arm zu nehmen. Kümmere dich zuerst um Paris.
„Wie lange keinen Sex mehr gehabt?“, fragte Aeron seinen Freund.
Noch ein Stöhnen. „Zwei … drei Tage.“ Paris wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
Das bedeutete, dass Paris vor ihrer Rückkehr das letzte Mal eine Frau gehabt hatte. Doch Aeron wusste, dass Lucien seinen Freund jeden Abend, den sie in der Wüste kampiert hatten, nur aus diesem Grund in die Stadt gebeamt hatte. Hatte Paris Schwierigkeiten gehabt, eine willige Partnerin zu finden?
„Komm, ich bringe dich in die Stadt. Du kannst …“
„Nein. Ich will nur Sienna. Meine Frau. Meine.“
Hm, und jetzt? Soweit Aeron wusste, war Paris wie eh und je Single und pflügte sich durch die weibliche Bevölkerung, wobei er es meistens nur mit einer Frau trieb – manchmal aber auch mit zwei oder drei. Wahrscheinlich ist das nur das wirre Gerede, das so oft auf den übermäßigen Genuss von Ambrosia folgt, entschied Aeron. Dennoch konnte es nicht schaden, den Mann aufzuheitern. „Sag mir, wo sie ist, und ich hole sie.“
Ein bitteres Lachen. „Geht nicht. Sie ist tot. Die Jäger haben sie umgebracht.“
Okay, das war dann doch ein wenig zu speziell, um es allein auf die Ambrosia zu schieben. Aber Aeron hatte Sienna nie kennengelernt, er hatte noch nicht mal von ihr gehört.
„Cronus war kurz davor, sie mir zurückzugeben, aber ich habe dir den Vortritt gelassen. Ich wusste, wie sehr du deinen Blutrausch gehasst hast. Ich wusste, dass Reyes ohne die Blondine sterben
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