Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
aufgesaugt. Nun, da seine Sorge um Olivia verblasst und sein Adrenalinspiegel gesunken war, spürte er die Schmerzen. Blitzschnell breitete sich in seinem Körper ein furchtbares Feuer aus, als flösse durch seine Adern kein Blut, sondern brennendes Benzin.
Doch das war jetzt egal. „Es geht schon“, sagte er. „Ich hatte schon schlimmere Verletzungen. Mach dir keine Sorgen.“
„Ich kann aber nicht anders.“ Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie die Hand ausstreckte und seine Wange streichelte. „Ich muss mir Sorgen machen.“
Die Berührung sollte ihn trösten. Doch wie immer quälte es ihn, sie zu spüren. Er brauchte mehr. Zorn brauchte mehr und wimmerte in seinem Kopf.
Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Blutverschmierte Leichen lagen hier übereinandergestapelt herum. Aus jedem der leblosen Körper ragten Klingen heraus. Einige waren auf dem Bauch gelandet, andere auf dem Rücken. Alle waren tot. Er würde dem Mädchen für ihre Dekorationskünste danken müssen, denn sie hatten Olivia das Leben gerettet – und nicht er.
Er wusste nicht, ob einige Jäger dieser Schreckenskammer entkommen waren, doch er würde garantiert nicht hierbleiben und abwarten, bis sie mit Verstärkung zurückkämen. Nachdem er Olivia auf die Füße geholfen hatte – Mist! dabei war seine Wunde aufgerissen –, hob er Albtraum auf seine Arme, so wie er es eigentlich schon vor der Unterbrechung durch die Jäger hatte tun wollen.
„Bleib dicht hinter mir“, sagte er. „Mach nur dann einen Schritt, wenn ich einen gemacht habe.“
„Mach ich.“
Er bahnte sich den Weg zum Eingang, wobei er den Leichen auswich und das Gesicht verzog, als das Feuer in seinem Körper heißer wurde.
Es schmerzt, heulte Zorn.
Er zog die Mundwinkel nach unten. Bei dir auch?
Und wie.
Wir gehen nach Hause. Uns ausruhen. Auf den Stufen war nicht ein Tröpfchen Blut zu sehen, was bedeutete, dass es niemand nach draußen geschafft hatte. Fantastisch. Nur dass er … am oberen Ende der Treppe am ganzen Körper zitterte. Er wurde immer schwächer. Seine Augen trübten sich, und er sah wie durch einen Schleier.
Zorn stöhnte.
Dann, endlich, erstickte das Feuer – nur um durch eine Eiseskälte ersetzt zu werden.
„Aeron?“
Er wurde langsamer, seine Bewegungen waren träge, und er stolperte über seine eigenen Füße. „Greif in meine Hosentasche, und hol mein Handy raus.“ In dieser Verfassung würde er es nicht schaffen, beide Frauen in die Burg zu fliegen.
„Was ist los mit dir?“, fragte Olivia, während sie tat, worum er sie gebeten hatte. „Ist es deine Verletzung? Du hast mir doch gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen!“
Er ignorierte ihre Frage genauso wie ihre Sorge. Er wollte sie nicht – schon wieder – anlügen und behaupten, alles käme in Ordnung, aber er hatte auch keine Antwort. Weder er noch Zorn hatten jemals so auf eine einfache Schussverletzung reagiert.
„Weißt du, wie man eine SMS schreibt?“ Sie gingen um eine Ecke.
„Nein. Ich habe die Menschen zwar häufig dabei beobachtet, aber ich habe es noch nie selbst versucht.“
„Und was ist mit Telefonieren?“ Ein Stückchen über sich konnte er bereits das Sonnenlicht sehen, das in den oberen Teil der Gruft fiel. Schweiß überzog seinen gesamten Körper in einem dünnen Film, und dennoch schmolz das Eis nicht. Seine Bewegungen wurden zunehmend langsamer und schleppender.
„Nein“, erwiderte sie noch mal. „Tut mir leid.“
Verdammt. Wenn er das Mädchen absetzte, wäre er nicht in der Lage, sie wieder hochzunehmen, so viel war klar. Verdammt, verdammt, verdammt.
Es gab nur zwei Erklärungen für diese Reaktion: Entweder die Jäger hatten eine spezielle Munition benutzt, oder er hatte sich noch nicht vollständig von ihrem letzten Angriff erholt – so wie er unlängst vermutet hatte. Keine der beiden Möglichkeiten verhieß Gutes für ihn.
Draußen angekommen – endlich! Den Göttern sei Dank! –, suchte er die Umgebung nach Jägern ab. Er konnte keine entdecken, wusste allerdings nicht, ob es daran lag, dass wirklich keine in der Nähe waren, oder daran, dass er immer schlechter sehen konnte. Aber immerhin stürzte sich niemand auf sie.
Ob fliegend oder zu Fuß – auf keinen Fall würde er es bis nach Hause schaffen.
Wieder suchte er mit dem Blick die Umgebung ab, diesmal jedoch nach einem geeigneten Versteck. Wenige Meter vor ihnen stand ein großer Grabstein. Zusammen mit den kunterbunten Blumen, die ringsherum wuchsen und
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