Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
hielt, zitterte. Für Aeron, dachte sie, als sie sich wie die Tiere bereit zum Kampf machte. Auf einmal war sie froh, dass sie so stur gewesen und bei ihr geblieben waren.
Zwei Männer traten aus dem Blattwerk hervor, und im ersten Moment erkannte sie sie nicht. Sie war viel zu sehr darauf fixiert, diesen Mann zu retten. Den Mann, den sie … liebte? Doch gerade als sie auf einen der beiden zustürzte, machte der Hund einen Satz nach vorn und erreichte das Zielobjekt als Erster.
„Au! Lass mich los, du räudige Töle“, fluchte er.
Sie erkannte die Stimme – es war William –, konnte das Messer jedoch nicht mehr rechtzeitig herunternehmen, da sie zu viel Schwung hatte. Kurz bevor sie ihn traf, packte jemand sie am Handgelenk und riss sie zur Seite.
„Brrr, Liv“, sagte der andere mit einem Lachen. Auch seine Stimme war ihr vertraut. Paris. „Ich darf dich doch Liv nennen, oder? Nimm bitte das Messer runter, okay?“
Erleichtert ließ sie die Waffe fallen.
„Und jetzt sag diesem Köter, dass er mich loslassen soll!“, fluchte William.
„Das sind Freunde von mir“, sagte sie zu dem Hund. „Ich bin jetzt in Sicherheit.“
Der Hund ließ Williams Knöchel los, und im nächsten Augenblick sausten die Tiere davon, als hätten sie nur darauf gewartet, dass jemand Olivias Schutz übernahm.
Was für kleine Schätzchen. „Ich danke euch“, rief sie ihnen nach.
„Nun, da William angemessen begrüßt wurde“, meinte Paris mit einem weiteren Lachen, „sollten wir zum Wesentlichen kommen.“ Sorge trübte sein schönes Gesicht, als er zu Aeron sah. Er bückte sich, schob die Arme unter den immer noch schlafenden Krieger und hievte ihn auf seine Schulter. „Wie lange ist er schon in diesem Zustand?“
„Zu lange.“
William humpelte zu Scarlet und tat bei ihr das Gleiche, nur dass er sie in die Arme nahm, als wäre sie ein kostbarer Schatz. „Wenigstens bekomme ich die hübsche Fracht.“
„Ja, viel Glück mit ihr“, erwiderte Paris. „Ich würde sagen, ich habe am Ende das bessere Geschäft gemacht. Offenbar ist sie von Albtraum besessen.“
William verdrehte die Augen. „Und das ist etwas Schlechtes oder was?“
„Wenn es dich nicht kaltlässt, deine Eier auf dem Silbertablett serviert zu bekommen, dann würde ich sagen: Ja, es ist was Schlechtes.“
„Komm zu Daddy“, sagte William und hielt Scarlet nur noch fester.
Olivia hörte ihrem Geplänkel ein Weilchen zu, dann sagte sie: „Genug jetzt. Die Jäger waren hier. Wir sind hier nicht sicher. Außerdem stimmt mit Aeron irgendetwas nicht. Mir wäre es lieber, ihn so schnell wie möglich im Bett zu sehen.“
„Sicher“, sagte William mit einem Nicken. „Das wussten wir von Anfang an. Nur wirst du für diese Art von sportlicher Betätigung wohl oder übel warten müssen, bis er wieder wach ist. Aber wenn du mit ihm fertig bist, würde ich dich liebend gern auch mal herausfordern. Um dir zu zeigen, wie es ist, mit jemandem zusammen zu sein, der weiß, was er tut.“
Sie ballte die Fäuste. Nahm er eigentlich gar nichts ernst?
„Wir haben da drüben geparkt.“ Paris wies mit dem Kopf zur Seite.
Endlich. „Dann los.“
Als sie gemeinsam durch die Büsche traten, waren beide Männer sofort in höchster Alarmbereitschaft. Binnen einer Sekunde schienen sie ganz andere Personen zu sein. In ihrem Versteck hatten sie Witze gemacht und sie damit aufgezogen, dass sie mit Aeron ins Bett wollte. Jetzt waren sie skrupellose Soldaten, die zu allem fähig waren.
Schon so oft hatte sie diesen Wandel bei Aeron beobachtet. Doch bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihn nie richtig zu schätzen gewusst.
Aeron. Mutiger, verletzter Aeron. Wenn ihre neun verbleibenden Tage um wären und er ihr genommen würde – wohin ginge sie dann? Und was würde sie tun? Sie bezweifelte, dass diese Männer ihr anbieten würden, bei ihnen zu bleiben. Und würde sie das überhaupt wollen? Schließlich wäre Aeron nicht mehr da, und hinter jeder Ecke würde eine andere Erinnerung an ihn lauern und sie quälen.
Zum zweiten Mal stellte Olivia fest, wie traurig es sie machte, dass ihr und Aeron nur so wenig Zeit miteinander blieb. Vielleicht gab es ja doch noch einen Weg, ihn zu retten. Vielleicht gab es einen Weg für sie beide, für immer und ewig zusammenzubleiben. Ja. Bestimmt. Ihre Gottheit war der Schöpfer der Liebe. Im Grunde war ihre Gottheit die Liebe. Ihm läge doch sicher viel daran, dass zwei Geschöpfe, die sich liebten, zusammen wären. Richtig?
Aber
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