Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
logische Schlussfolgerung war, dass Legion log. Mal wieder. Was bedeutete, dass Olivia entführt worden war. So wie er es anfangs angenommen hatte. Und es gab nur eine Möglichkeit, wie das abgelaufen sein konnte. Galen hatte den Tarnumhang benutzt.
Rette sie. Bestraf ihn.
Dass der Dämon zuerst retten und erst danach bestrafen wollte, war ein Beweis für seine tiefe Zuneigung.
Aeron hatte ganz Buda durchkämmt. Er hatte Gebäude abgesucht, Einwohner erschreckt und getötet. Oh, und wie er getötet hatte, und zwar frohen Mutes und ohne eine Spur von Reue, denn er hatte entdeckt, dass in der Nähe noch immer viele Jäger herumlungerten. Womöglich wäre er nie mehr in der Lage, sich das Blut von den Händen zu waschen. Doch er hatte nichts gefunden, was auf Olivia hingewiesen hätte. Keine Gerüchte, niemand hatte sie gesehen. Er … war … verzweifelt. Und diese Verzweiflung wuchs zusehends.
„Komm. Dieser Zeitpunkt ist so gut wie jeder andere, um anzufangen.“ Er ging Lucien voran den Flur entlang zu seinem Zimmer und stieß die Tür auf.
Legion, die sich mal wieder auf seinem Bett rekelte, setzte sich auf. Die Bettdecke rutschte herunter und enthüllte ihre nackten Brüste. „Endlich. Bist du jetzt endlich bereit, es zu tun, oder was?“
Er ignorierte sie. Das tat er schon, seit er Strider das Fläschchen zugeworfen hatte. Er war so wütend auf sie, dass er nicht wusste, wie er mit ihr umgehen sollte. Aeron trat beiseite, um Lucien Einlass zu gewähren.
Legion stieß einen frustrierten Seufzer aus. „Besuch? Jetzt?“
Zorn fauchte sie an.
Aeron merkte, dass der Dämon sie – genau wie er und trotz aller Wut – immer noch mochte, denn er verspürte keinerlei Drang, ihr wehzutun. Allerdings ließ Zorn sich durch ihre Anwesenheit nicht mehr beruhigen. Sie hatte sein Stückchen „Himmel“ zerstört, und das konnte weder der Dämon vergessen noch Aeron.
Lucien war sorgfältig darauf bedacht, nicht zum Bett zu sehen. In der Mitte des Zimmers blieb er stehen und drehte sich langsam. Er war hier, um Verbindung zu Olivias Geist aufzunehmen. Oder vielmehr zu dem Pfad, den ihr Geist hinterlassen hatte und dem er dorthin folgen konnte, wo sie festgehalten wurde. Aeron ballte die Fäuste.
„Götter“, sagte Lucien ehrfürchtig. „Sie hat den reinsten Geist, den ich je erblicken durfte.“
Aeron konnte ihn zwar nicht sehen, dafür aber spüren, und er nickte. „Ich weiß.“
„Wer?“, fragte Legion mit einem Schmollmund.
Wieder ignorierte er sie. Er hatte noch sechs Tage, um mit ihr zu schlafen, doch im Augenblick war er sich nicht sicher, ob er es überhaupt könnte – auch wenn er nur so seine Freunde retten konnte.
„Ich folge der Spur bis zum Ende“, sagte Lucien, „und falls ich …“
„Sobald du“, korrigierte Aeron ihn, wobei ein tiefes Knurren aus seiner Kehle aufstieg. Es geht ihr gut. Es muss ihr gut gehen.
Der Krieger nickte. „Sobald ich sie finde, komme ich zurück und hole dich.“ Mit diesen Worten verschwand Lucien auf die spirituelle Ebene.
Götter, wie hilflos er sich fühlte. Er wollte – musste – da draußen sein und selbst nach ihr suchen. Doch sein erster Versuch war erfolglos geblieben, und tief in seinem Innern wusste er, dass der zweite nicht anders verliefe. Galen hätte sie überall hinbringen können, und Lucien würde sie viel schneller finden. Wenn Aeron jetzt die Burg verließe, müsste Lucien auch ihn suchen, sobald er ihren Aufenthaltsort ausfindig gemacht hätte.
„Aeron!“ Legion sprang auf und starrte ihn finster an, während sie die Bettdecke fest um ihren Körper geschlungen hielt. „Es geht um den Engel, das habe ich kapiert. Aber er ist nun mal fort. Also lass ihn doch. Ohne ihn sind wir sowieso besser dran. Warum begreifst du das denn nicht?“
„Ohne Olivia sind wir nicht besser dran“, schrie er. Er konnte sich einfach nicht länger im Zaum halten. Wütend drehte er sich zu ihr um und nagelte sie mit seinem Blick fest. Warum konnte sie nicht begreifen, wie sehr er Olivia brauchte? „Sie ist besser als irgendeiner von uns.“
Fassungslosigkeit spiegelte sich in ihren Augen. „Ich habe es ihr nicht geglaubt, aber sie hatte recht. Du … du liebst sie.“
Aeron zog es vor zu schweigen. Wenn er zugäbe – und sei es nur vor sich selbst –, dass er Olivia liebte, wäre er nicht in der Lage, sie gehen zu lassen, wenn der Zeitpunkt käme. Er würde sie bei sich behalten und jeglichen Konsequenzen trotzen. „Sag mir, was passiert ist,
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