Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
Lysander? Mit Blicken suchte er die Umgebung ab, doch der … Ein schweres Gewicht rammte ihm in den Rücken und wirbelte ihn durch die Luft.
Er wusste, das Lysander nur auf den Moment wartete, in dem sie stehen blieben, um sofort wieder anzugreifen. Und als der unvermeidbare Moment des Stillstands kam, schlug er zuerst zu. Er erwischte Lysanders Seite. Vielleicht hatte er eine Niere zerquetscht.
Jeden anderen hätte so ein Schlag außer Gefecht gesetzt, doch der Engel grunzte nur leise. Allerdings griff er nicht noch einmal an. Er stand in der Luft, während sich seine goldenen Flügel gleichmäßig auf und ab bewegten. „Du willst sowohl Olivia als auch Legion retten – und deine Freunde?“
Auch Aeron schwebte in der Luft. Er keuchte und schwitzte. „Ja.“ Mehr als alles andere.
„Nun, um das zu erreichen, musst du sterben.“
Das musste Lysander ja sagen. „Legions Handel …“
„Wird ungültig, wenn du vor Ablauf des Ultimatums stirbst. Das war Teil ihrer Bedingungen.“
Ungültig. Ungültig durch seinen Tod. Sie wäre frei. Seine Freunde könnten ohne die Bedrohung leben, die sie jetzt darstellte. Aber … „Olivia?“, fragte er durch den Knoten, der ihm plötzlich die Kehle zuschnürte.
„Wird nach Hause gehen können, und zwar ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, weil du ihretwegen jemanden verletzt hast, den du liebst. Ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob du sie eines Tages verachten wirst. Ohne sich dafür schämen zu müssen, dich zurückzulassen, falls sie zu dem Schluss kommt, dass du sie eines Tages verachten würdest. Ohne noch einmal von deinen Feinden entführt zu werden. Ohne Angst haben zu müssen, dass sie irgendwann gezwungen sein wird, dich zu töten.“
Sie würde alles für Aeron tun. Das wusste er jetzt. Jedes Elend und jeden mentalen oder körperlichen Schmerz würde sie ertragen. Und nichts anderes brächte ihr sein Leben: Schmerz. Ganz gleich, was er täte und wie er lebte, er brächte ihr Schmerz. Schlüsselwort: lebte.
Das konnte er ihr nicht antun. Er konnte diese Wahl nicht ihr überlassen. Sie sollte gar nichts aushalten müssen, ob sie bereit dazu war oder nicht.
Ohne ihn könnte sie ohne Schuld und Scham leben. Ohne Schmerz. Und das überzeugte ihn. Der Gedanke daran, dass sie so würde leben können, wie es ihr bestimmt war: glücklich, frei, sicher.
Werden wir jetzt sterben, fragte Zorn. Wie immer kannte er auch diesmal die Richtung, in die Aerons Gedanken gingen.
Ich schon.
Und ich ?
Du wirst weiter existieren. Und zwar wahnsinnig, aber daran erinnerte Aeron den Dämon nicht.
Um zu bestrafen. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Ja. Um zu bestrafen. Er betete, dass sein Dämon sich nach ihrer Trennung daran erinnerte. Sie haben ihr wehgetan.
Dann werden sie sterben.
So einfach war das. Ich danke dir für alles. Nun gab es nur noch ein paar abschließende Dinge zu klären. „Wirst du sie beschützen?“, fragte er Lysander. „Für immer und ewig?“
„Für immer und ewig.“
„Und mein Dämon?“ Wenn der Engel vorhatte …
„Wir werden deinen Dämon erhalten. Galen hat jetzt Misstrauen, und zum Ausgleich werde ich Zorn einfangen und ihn Cronus geben. Ich habe schon mit dem Götterkönig gesprochen, und er hat einen Körper ausgewählt. Einen Körper, der jemandem gehört, den er persönlich überwachen kann, um sicherzugehen, dass sie weder deinen Feinden hilft noch deinen Freunden etwas antut.“
Panik keimte auf. „Sie?“ Nicht Olivia, nicht Legion. Sicher nicht.
„Nein, weder Olivia noch Legion“, versicherte Lysander ihm. Ganz offensichtlich hatte er seine Gedanken erraten. „Mach dir darüber keine Sorgen. Legion wird nach Hause zurückkehren. Und wie ich dir schon gesagt habe, werde ich mich persönlich um Olivias Wohlergehen kümmern – jetzt und für alle Zeit.“
„Zorn hat noch eine Mission zu erfüllen. Wirst du dafür sorgen, dass Cronus …“
„Ich spüre, welche Art von Mission du meinst, und ich werde dafür sorgen, dass sie erfüllt wird. Und zwar auf eine Weise, mit der auch du extrem zufrieden wärst.“
Tja, dann … Auch wenn es unerträglich für ihn war, an dem bevorstehenden Massaker nicht teilnehmen zu können. „Ich habe ein letztes Anliegen, bevor ich dir erlaube, mein Leben zu beenden.“
Ein Nicken. „Nur zu.“
„Olivia sehnt sich nach Spaß. Sie muss Spaß haben.“
Noch bevor Aeron zum zweiten Mal „Spaß“ gesagt hatte, begann Lysander den Kopf zu schütteln.
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