Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
durch die Pforte kommen, hm?“, fragte Kaia. „Sie sind auf nichts vorbereitet.“
„Wenn sie so dumm sind herzukommen, verdienen sie, was sie bekommen werden. Und jetzt kommt“, erwiderte Taliyah. „Wir mögen uns zwar auf neutralem Boden befinden, aber es liegt immer noch ein einstündiger Fußmarsch vor uns, ehe wir unser Ziel erreichen. Wir dürfen nicht zu spät kommen.“
Ja, und in einer Stunde konnte eine Menge passieren. „Du bist doch nur eifersüchtig, weil du keinen Ritter auf einemweißen Pferd hast, der kommt, um dich zu retten.“
Taliyah verdrehte die babyblauen Augen. „Deine Verletzungen haben ja schon zu Wahnvorstellungen geführt. Wenn ich meinen Gemahl finde, werde ich ihm direkt ins Herz stechen, bevor er mir auch nur einen Moment des Unbehagens bereiten kann.“
„Verstehe. Dein Gemahl kann mit meinem ohnehin nicht mithalten. Das kann keiner. Also bist du ohne sowieso besser dran.“
„Meiner ist besser als deiner“, widersprach Bianka.
„Auf keinen Fall.“
„Auf jeden Fall.“
„Mädels.“ Taliyah klatschte in die Hände, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Genauso wie sie es gemacht hatte, als sie noch Kinder waren und sich um ein Spielzeug gestritten hatten. „Eure Gemahle sind beide ätzend. Und jetzt haltet die Klappe und bewegt euch.“
„Aber meiner ist besser ätzend als deiner.“ Im Davonhumpeln behielt Kaia die Pforte im Auge und war zugleich erleichtert und besorgt, als die Männer nicht hereinkamen.
Dreimal Hurra. Einmal nichts. Alle Teams waren rechtzeitig angekommen. Natürlich überquerte das Team Kaia die Grenze zum Schlachtfeld als Letztes, aber egal. Auf dem Weg hatten sie ein paar Beulen und Schrammen abbekommen, aber immerhin waren sie in keinen Hinterhalt mehr geraten, und deshalb beschwerte Kaia sich nicht (ganz im Gegensatz zu Bianka).
Die schlimmste „Schramme“ hatte sie abbekommen. Einer der fleischfressenden Bäume hatte sie erwischt, bevor sie ihn hatte verscheuchen können. Scharfe, blätterige Zähne hatten ihr tief ins Handgelenk gebissen. Bei ihrem Aufschrei schien der Baum, nun ja, gewürgt zu haben. Er hatte gezittert und geschwankt und war vor ihren Augen verkümmert. Er war schwarz geworden, hatte gänzlich aufgehört, sich zu bewegen, und Bianka hatte den Ast mit einem einzigen Stoß ihres Dolchs entfernen können.
Danach hatten die Bäume sie in Frieden gelassen. Vielleicht hatte ihr Fieber den einen, der sie gebissen hatte, vergiftet, und die anderen waren schlau genug, um mit demselben Schicksal zu rechnen. Ja, sie hatte definitiv Fieber, und von „leicht“ konnte nicht mehr die Rede sein. Obwohl weit und breit kein Eis zu sehen war, zitterte sie vor Kälte.
Reiß dich zusammen. Auch für Strider.
Die konkurrierenden Harpyien versammelten sich auf der einzigen Lichtung, die von dichten (nicht bissigen?) Pflanzen umgeben war. Die Luft war warm, die Sonne golden und hell mit kleinen violetten, blauen und pinkfarbenen Farbstichen. Es waren keine Gemahle oder Sklaven anwesend, und Kaia fragte sich, warum die anderen Frauen ihre Männer zurückgelassen hatten. Bestimmt nicht aus denselben Gründen wie sie.
Rhea war nirgendwo zu sehen. Dafür stand Juliette auf dem ausgestreckten Ast eines Baumes und blickte über die Menge. Die schwarzen Haare wehten in einer perfekten Brise hinter ihr – nicht zu wenig und nicht zu heftig.
„Willkommen, liebe Schwestern“, verkündete sie. „Ich freue mich, euch mitteilen zu dürfen, dass alle teilnehmenden Teams die Deadline eingehalten haben.“ Ihr lavendelfarbener Blick wanderte zu Kaia. Da sie ihr Aussehen im Spiegel ihrer Puderdose kontrolliert hatte – ja, das Aussehen zählte, selbst hier draußen –, wusste Kaia, was Juliette sah. Dunkle Halbmonde unter ihren Augen, bleiche Haut, abgesehen von den viel zu roten Wangen. „Zum Glück wurde unterwegs niemandem aufgelauert.“
Die Hexe wusste von den Jägern. Woher? Es gab nur eine Antwort, die einen Sinn ergab. War es möglich … Arbeitete sie mit Rhea zusammen? Kaia drehte sich der Magen um, die Säure brannte, dass es schäumte.
Juliette fuhr fröhlich fort: „Wie ihr vermutlich geahnt habt, seid ihr hier, um zu kämpfen.“ Jubelrufe erklangen. Als der Jubel wenig später verebbte, fügte sie hinzu: „Die Zeit für die zweite Disziplin ist gekommen – Todesstoß.“
Jetzt waren „Ooohs“ und „Aaahs“ zu hören.
Juliette hielt die Hände hoch und bat um Ruhe. „Zuerst ein paar Worte zum Spiel. Ihr werden vier
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