Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
verworrene Art ergab das sogar einen Sinn. Seine Besitzgier war hoch entwickelt – vor allem bei seinen Feinden, aber auch bei seinen Freunden. Und Kaia war ein bisschen von beidem.
Zum Glück gab Niederlage keine Antwort. Strider konnte auf eine zusätzliche Komplikation gut verzichten, und die hätte es bedeutet, wenn er nun auch noch gegen Kaia und/oder jeden, der sie herausforderte, hätte kämpfen müssen. Ihr Wohl lag nicht in seiner Verantwortung. Sie war nicht sein Problem.
„Nein“, antwortete Gwen schließlich mit trauriger Stimme. „Kaia hat keinen Sklaven.“
Welche Erleichterung. „Dann werden wir ihr einen suchen.“ Welche Wut.
„Nein.“ Die erdbeerblonden Strähnen schlugen gegen ihre Wangen, als sie den Kopf schüttelte. „Sie denkt, dass du ihr Gemahl bist.“
Ja, irgendwann hatte Kaia tatsächlich schon einmal so etwas in der Art zu ihm gesagt. Und er hatte ihr geglaubt, dass sie das glaubte. Aber er hatte auch geglaubt, dass sie sich irrte und ihn in Wahrheit einfach nur attraktiv fand. Obwohl es ein „einfach nur attraktiv“ für sie nicht gab. Sie wollte für sich nur das Beste vom Besten, und er konnte ihr nicht verübeln, dass …
Ego-Alarm . Mit der freien Hand massierte er sich den Nacken. Neue Formulierung: Sie wollte jemanden, der stark, kompetent und gut aussehend war. Mist. Ego-Alarm, dachte er wieder. Sie hatte jemanden, etwas gewollt, das gut aussah.
Nein. Das funktionierte nicht. Eine Tatsache war eine Tatsache, und daran führte kein Weg vorbei. Sie hatte jemanden gewollt, der extrem gut aussah, und er entsprach ihren Anforderungen. Nur …
Paris war besser aussehend.
Besser aussehend – der Ausdruck existierte nicht einmal, oder? Doch, wahrscheinlich schon, und höchstwahrscheinlich hatte man es allein wegen Paris erfunden. „Und?“, fragte er heftiger als beabsichtigt.
„Und sie wird niemand anderen mitnehmen“, plapperte Sabin drauflos. „Harpyien sind verdammt besitzergreifend und stur. Was bedeutet, dass sie genauso sind wie du und unfähig, Kompromisse einzugehen.“
Gwens Blick verfinsterte sich. „He!“
„Tut mir leid, Baby, aber das ist die Wahrheit.“ Mit Blick auf Strider fuhr er fort: „Kaia wird entweder dich mitnehmen oder niemanden. So ist es nun mal.“
„Und deshalb …“ Gwen atmete tief durch, während sie Strider bedrohlich ansah. „Du weißt, dass ich dich gern habe, nicht wahr?“
Er nickte steif. Mist, Mist, Mist. Ihn oder niemanden. Ein Segen und ein Fluch. Dafür hatte er keine Zeit. Er wollte das nicht. Er konnte nicht noch mehr Zeit mit ihr verbringen. Er hatte ihr sogar schon Auf Wiedersehen gesagt.
Ein „Auf Wiedersehen“, das um ein Haar seinen Dämon aufgescheucht hätte. Bei jedem Schritt, den er sich von Kaias Wohnung entfernt hatte, war Niederlage durch seinen Kopf gepirscht, weil er zu gerne gehandelt hätte. Zu gerne hätte er sie festgenagelt und genommen – der Sieg wäre so verdammt süß gewesen –, doch er hatte es sich selbst untersagt. Denn die Niederlage wäre verdammt schmerzhaft gewesen.
Nie war Strider glücklicher darüber gewesen, dass die Dämonen aus der Büchse der Pandora Angst vor den Harpyien hatten. Und das aus gutem Grund, denn sie waren Abkömmlinge von Luzifer, dem Herrn über alles Dämonische.
Außerdem hatte Niederlage Kaia kämpfen gesehen. Welche Waffe sie auch benutzte – ob Pistole, Messer, Krallen oder Fangzähne – sie erledigte ihre Gegner schneller, als das Auge es wahrnehmen konnte. Nette Eigenschaften für eine Frau, mit der man ausgehen wollte, und definitiv ein Aphrodisiakum. Aber nur, solange die eigene Existenz nicht davon abhing, immer siegen zu müssen – wie bei ihm.
Strider aß die letzten Bonbons und warf die leere Tüte in den Abfalleimer neben Sabins Tisch. Yeah . Zwei Punkte.
Niederlage schnurrte zufrieden, und kleine Funken der Befriedigung sausten durch Striders Adern.
„… mir eigentlich zu?“, fragte Gwen.
„Ja klar“, log er und sah sie schnell an. Sie saß nicht mehr auf Sabins Schoß, sondern stand breitbeinig mit in die Hüften gestemmten Fäusten nur wenige Zentimeter vor Strider. Die Pose kam ihm bekannt vor. „Aber, äh, ich glaube, ich hab es nicht ganz verstanden. Du hast gerade gesagt …“
Sie verdrehte die Augen. „Ich habe dir gesagt, dass dir nur noch zwei Tage bleiben, um dich um deine dringlichen Angelegenheiten zu kümmern. Denn obwohl ich dich gern habe, werde ich dafür sorgen, dass du mit zu den Spielen reist. Kaia
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