Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
Diese Schuldgefühle – manchmal fraßen sie ihn regelrecht auf. „Ich, äh, komme einfach später noch mal vorbei.“
Sie zog irritiert die Augenbraue hoch. Und besorgt? Ja. Das war Sorge. „Bist du sicher?“
Eigentlich hätte er nicht überrascht sein sollen, aber … sie hatte Baden getötet, den Hüter von Misstrauen . Sie hatte versucht, Strider zu töten. Und für beides hatte sie sehr gute Gründe gehabt. Vor langer, langer Zeit hatten die Herren dabei geholfen, ihre Familie zu vernichten, und damit ihr Leben zerstört. Hölle, wegen eines Dämons war sie wieder und wieder getötet worden.
Jedes Mal, wenn sie zurückgekommen war, hatte sie sich nur an ihren Hass und an den Tod jener erinnert, die sie einst geliebt hatte. Hatte nur nach Rache gesucht. Und das ergab durchaus einen Sinn, denn immerhin war sie von einem Teil des Dämons Hass besessen gewesen. Und vielleicht war das noch ein Grund dafür, dass Strider sie gewollt hatte. Wegen dieses Teils von Hass hatten andere sich selbst und Haidee nicht gemocht. Strider hatte diese Abneigung schnell überwunden, hatte sie besiegt . Und deshalb – so seine Vermutung – war es für ihnund seinen eigenen Dämon wie ein Rausch gewesen, mit ihr zusammen zu sein.
Dass sie nun Amun liebte, dass sie die Herren nun in ihrer Sache unterstützte, nun ja, das war ein Wunder, das zu hinterfragen Strider unbedingt aufhören musste.
„Ja, ganz sicher.“ Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Noch nie zuvor hatte er von sich aus Kontakt gesucht, wenn nicht Messer im Spiel waren. „Bis dann, Haidee.“
Ihr fiel die Kinnlade herunter, und sie stammelte: „Ja. Bis dann.“ Noch nie war er so nett zu ihr gewesen.
Anscheinend wurde er auf seine alten Tage noch weich.
Als Nächstes stand er in der Tür zu Sabins Zimmer und aß dabei eine Handvoll Red Hots nach der anderen. Er hatte in jeder Ecke der Burg ein geheimes Depot von diesen scharfen Zimtkaubonbons, die er so liebte. Er sah seinem Freund dabei zu, wie er allen möglichen Mist in einen Koffer warf. Seine Frau Gwen wuselte um ihn herum und versuchte halbherzig, die Kleiderberge zusammenzufalten, die Sabin zusammengeknüllt hatte, die Waffen zu stapeln, die er nur teilweise in Scheiden gesteckt hatte, und zum dritten Mal das Megafon aus dem Koffer zu nehmen.
Früher hatten die Harpyien sie Gwendolyn die Schüchterne genannt. Strider wusste nicht, wie sie sie jetzt nannten, aber dieser Spitzname passte auf keinen Fall mehr zu ihr. Das kleine Energiebündel hatte sich gemacht und sogar Kaia in den Hintern getreten, indem sie sie in den Kerker gesperrt und daran gehindert hatte, Sabin die Haut abzuziehen und als Siegesmantel zu tragen.
Kaia.
Sein Herz setzte einen dämlichen Schlag lang aus, und er fühlte sich wie ein verknallter Schuljunge. Etwas, das er nie gewesen war. Zeus hatte ihn als erwachsenen Mann geschaffen, als Waffe, die einsatzbereit war gegen jeden, der den ehemaligen Götterkönig und seine Lieben bedrohte. Selbst damals, bevor man Strider seinen Dämon zugeteilt hatte, hatte er denSieg geliebt und jeden plattgemacht, der ihm in die Quere gekommen war.
Was war schon verführerisch an einer Niederlage? Nichts.
Sein Dämon brummte einvernehmlich.
Strider konzentrierte sich wieder auf seine Umgebung, bevor der kleine Scheißer anfing, ihn herumzuschubsen. Während er Gwen beobachtete, merkte er, wie sehr sie ihrer älteren Schwester ähnelte.
Kaia.
Und da wären wir wieder . Gwen hatte dicke blonde Haare mit roten Strähnen – es war die gleiche Rotnuance wie bei Kaias Haaren. Aber wenn er ehrlich war, waren Kaias Haare schöner. Welliger und seidiger. Und während Gwens Augen eine faszinierende Mischung aus Grau und Gold waren – so wie Kaias – waren Kaias Augen doch schöner. Bei ihr sah das Grau fast aus wie flüssiges Silber und das Gold, tja, das Gold flackerte wie Glühwürmchen.
Was bist du? Eine Memme? Hör auf, den Poeten zu spielen. Egal. Wenn Kaias Harpyie die Kontrolle übernahm, bekam sie pechschwarze Augen, in deren Tiefe der Tod schwamm. Doch wenn er auch hier ehrlich war, fand er sogar das sexy.
Gwen und Kaia hatten die gleiche Stupsnase, die gleichen Pausbäckchen und das gleich sture Kinn. Und dennoch war Kaia die leibhaftige Sünde und Gwen die wandelnde Unschuld. Das ergab keinen Sinn. Trotzdem ließ ihn die Ähnlichkeit alles andere als kalt.
Er zwang seinen Körper mit aller Willenskraft, unbeeindruckt zu bleiben. Sabin würde sich
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