Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
umzingelt, allerdings war der Kreis größer geworden, und er konnte einzelne Gesichter erkennen. Eine Harpyie nach der anderen starrte ihn finster an. Die Angst raste durch seine Adern, als er sich schützend vor Kaia stellte. Vermutlich ärgerte sie sich über seine Geste, doch in dieser Sache würde er sie nicht die Führung übernehmen lassen. Immerhin waren das hier ihre Leute, und wie ihre Schwester Gwen einst bewiesen hatte, war es unheimlich schwer, Artgenossen zu töten.
Strider war es noch nie schwergefallen, jemanden zu töten. Das war gewissermaßen ein Geschenk des Himmels.
Kaia stellte sich neben ihn und warf ihren Schlagstock … vor die Füße ihrer Mutter. Am liebsten hätte er laut geflucht.
„Hallo Tabitha“, sagte sie ruhig.
Die dunkelhaarige Schönheit machte einen Schritt vor. Ihr Gesichtsausdruck war leer, als sie statt ihrer Tochter ihn betrachtete. „Nimm die Waffe runter, Dämon. Wir wissen doch alle, dass du sie nicht benutzen wirst.“
Kaia stöhnte. „Das hättest du nicht sagen sollen.“
Freudestrahlend richtete Strider die Waffe aus und drückte den Abzug. Bumm. Ein schriller, ungläubiger Schrei. Er hatte die Harpyie neben Tabitha angeschossen. Blut quoll aus einer klaffenden Wunde an ihrem Oberschenkel. Die verletzte Frau hüpfte auf und ab, ehe die Kraft sie verließ und sie zu Boden fiel.
Gewinnen! kicherte Niederlage wie ein Schulmädchen.
In seiner Brust explodierten noch mehr Glücksfunken, während er eine Augenbraue hochzog. „Was hast du gesagt?“
Tabitha sah zu Kaia und fluchte. Dann verlagerte sie ihre Aufmerksamkeit auf die zitternde Verletzte und zuckte die Achseln. „Der Schuss hat sie ja nur gestreift. Wichtige Organe hast du jedenfalls nicht getroffen.“
„Tatsächlich? Dann versuche ich es besser noch einmal.“Wieder betätigte er den Abzug. Dieses Mal schrammte die Kugel an Tabithas Oberschenkel vorbei. Sie trug eine knöchellange schwarze Hose, deren Stoff kaschierte, was er getan hatte. Allerdings konnte nichts die Kupfernote übertünchen, die plötzlich in der Luft lag.
Sie bleckte leicht die weißen Zähne. Sonst ließ sie sich nicht anmerken, dass er sie getroffen hatte.
„So ein Mist“, sagte er. „Schon wieder nicht richtig getroffen. Vielleicht muss ich einfach noch ein bisschen üben. Wer will als Nächste?“
Empörtes Schnauben.
Tabitha hob die Hand und bat um Stille. Selbst die Nachtvögel gehorchten. Ihr Gezwitscher löste sich auf wie Dunst in der Morgensonne. „Natürlich bist du diejenige, die auf den alten Lagerfeuertrick hereinfällt“, sagte sie zu Kaia. „Das überrascht mich überhaupt nicht.“
„Da sind wir schon zwei. Du bist nämlich auf den alten ‚Dein Feind ist auf den alten Lagerfeuertrick hereingefallen‘-Trick hereingefallen.“ Sie steckte zwei Finger in den Mund und pfiff laut und schrill.
Auf einmal raschelten die Blätter über ihnen. Strider machte große Augen, als er sah, wie Sabin, Lysander, Taliyah, Bianka, die Harpyie namens Neeka und noch ein paar andere, unbekannte Frauen zum Vorschein kamen. Sie saßen hoch oben in den Bäumen und zielten mit Pfeilen auf die Konkurrenz.
Niederlage fing wieder zu summen an.
Worüber freust du dich denn so? Sie waren die ganze Zeit hier gewesen, und er hatte es nicht gewusst. Sie hätten ihn abmurksen können, ehe er überhaupt gemerkt hätte, dass er angegriffen wurde. Und er hatte sich für so tüchtig und … unbesiegbar gehalten. Tja, heute würde er wohl keinen Ego-Alarm mehr ausrufen müssen. Er hatte mehr als versagt. Es war zum Kotzen.
Allerdings trug er daran keine Schuld. Kaia und ihr Booty Camp hatten seine Konzentration ruiniert.
„Das ist neu“, zischelte Tabitha. Rings um sie vermischten sich gemurmelte Kommentare der Bewunderung mit ungläubigem Schnauben und wütendem Prusten. „Jetzt bin ich wirklich überrascht.“
„Wie?“ Sein rauer Ton passte zu dem ihrer Mutter.
Kaia wusste sofort, was er meinte. „Ich habe ihnen eine Nachricht geschickt, bevor wir das Motel verlassen haben.“
Gute Idee, doch selbst das hatte er nicht mitbekommen. Allmählich wurde es richtig peinlich für ihn. „Und du hättest mich nicht einweihen können?“
„Nein.“ Kurz und knapp, als hätte sie nicht einmal an diese Möglichkeit gedacht. „Und, geliebte Mutter“, sagte sie und blendete ihn aus. „Bereust du es, deine Töchter aus deinem Team geworfen zu haben?“
„Nein“, erwiderte Tabitha, ohne zu zögern.
Autsch. Für einen kurzen
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