Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch

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Fahndung ausgegeben worden waren. »Vielleicht könnte Gilfalas wieder einen Zauber weben, so wie damals …«, schloss er hoffnungsvoll.
    Der Elbe verneinte. »Diese Täuschung wirkt nicht zwischen den engen Mauern der Städte. Wir Elben haben uns schon bei solchen Gelegenheiten Stoffstreifen um den Kopf gewunden, damit man unsere Ohren nicht sieht; vielleicht könnte das auch dir helfen«, meinte er. »Und was Burin betrifft – nun, kleinwüchsige Menschen gibt es überall.«
    »Ich bin nicht ›kleinwüchsig‹!«, brauste Burin auf. »Für einen Zwerg bin ich ein Riese. Wenn schon, dann sag mir lieber, was wir mit unserem halbstarken Bolg-Freund machen.«
    Aldo, der die Komik in der Situation erkannte, grinste. »Nun, vielleicht könnten wir ihm ein Fell umhängen und ihn als Tanzbären –«
    Gorbaz machte einen Schritt auf ihn zu und brummte wie ein Bär. »Ich Gorbaz«, grollte er in bester Bolg-Manier. »Zwanzigste Legion, zwölfte Cohorte, zweiter Manipel. Du tanzen!« Es klang bedrohlicher, als es glaubhaft war.
    Aldo grinste. Anscheinend hatte der Bolg sogar Sinn für Humor; der ungeschlachte Kerl verblüffte ihn immer wieder. Andererseits …
    »Was ist, meine Herrn?«, kam die Stimme Talmonds von oben. Während sich die anderen Wortgefechte geliefert hatten, hatte er bereits die Böschung erklommen. »Wollet Ihr hier Maulaffen feil halten, oder wollet Ihr ein Bier?«
    »Ein Bier!« Jetzt, am frühen Morgen, mit trockener Kehle, war das besser als gar nichts.
    Die kleine Stadt war gerade dabei zu erwachen. In den engen Gassen war es noch still bis auf ein paar kläffende Hunde und die eine oder andere Katze, die, geschmeidig über die Dächer streichend, von der nächtlichen Jagd heimkehrte. Irgendwo begrüßte ein Hahn den herannahenden Morgen. Das Gegacker seiner großen Familie von Hennen und Küken mischte sich in sein Krähen, bis ein dumpfes Klatschen, wie von einem geworfenen Schuh, und ein Aufkreischen von Federvieh dem morgendlichen Konzert ein jähes Ende setzten.
    Die windschiefen Fachwerkbauten mit ihren vorstehenden Erkern schienen sich in die Gassen hineinzulehnen. Hier und da wurden Fenster geöffnet. Der Inhalt eines Nachttopfs, auf das Pflaster ausgeleert, verfehlte Talmond nur knapp, und sein wendiger Sprung zur Seite war nicht minder bewundernswert wie das reiche Repertoire von Flüchen, das ihm zur Verfügung stand.
    Aus dem halb geöffneten Fenster schob sich der Kopf einer Matrone, noch mit der Nachthaube bekleidet.
    »Was gehet Er zu dieser Zeit auf der Gassen spazieren …«, begann sie; doch in dem Augenblick, als sie einen Blick nach unten warf, unterbrach sie sich mitten im Satz und machte ein Zeichen über der Stirn. »Heilige Mutter, er ist’s! Er ist’s …«
    Das Fenster wurde zugeschlagen. Talmond blickte entgeistert daran hoch.
    »Du hast ihr doch nichts vorgesungen, Wichtel?«, meinte er mit einem kritischen Blick auf Aldo.
    Dem war die plötzliche Popularität seines Helden ebenso unheimlich. »Nicht dass ich wüsste, Herr.«
    Vorsichtiger gingen sie weiter. Ihr Weg führte sie durch die gewundenen Gassen auf einen offenen Platz, denselben, wo sich im Morgengrauen die Szene auf dem Balkon abgespielt hatte. Das Freudenhaus lag noch in morgendlicher Schläfrigkeit da, aber auf dem Platz hatten die Händler bereits damit begonnen, ihre Stände aufzubauen.
    Sobald Talmond den Platz betrat, verstummte jedes Gespräch. Alle starrten ihn an. Ein Raunen ging durch die Anwesenden, dann deutete einer mit dem Finger.
    »Er … er ist’s!«
    Und die anderen, als hätten die Worte sie aus der Erstarrung gelöst, fielen mit ein:
    »Der Ritter! … Der, den sie suchen … Belohnung … Silberlinge, nein: Goldstücke … Gold … Greifet ihn …!«
    Doch keiner ließ diesen Worten irgendwelche Taten folgen. Vielmehr wandten sie sich, wenn sie nicht einfach stehen blieben und starrten, wieder ihrem Tagwerk zu. Es war nicht viel, was sie anzubieten hatten: welkes Gemüse, verschrumpelte Äpfel, ein paar armselige Flussfische und ausgeweidete Feldhasen. Säcke mit Korn waren selten, Brote hart und klein. Dieser Ort hatte offensichtlich schon bessere Tage gesehen. Und auch die Menschen waren ärmlich gekleidet. Keiner von ihnen trug eine Waffe.
    Talmond trat auf einen der Marktbeschicker zu. Der, statt eine Erklärung abzugeben oder gar in irgendeiner Form tätlich zu werden, wich zurück. Sein Gesicht war bleich, seine Augen schreckhaft geweitet.
    Der bärenstarke Talmond packte ihn am