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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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gedrungene Wesen. Zwerge in blitzenden Rüstungen, Äxte und Kriegshämmer in den Händen. Einer rief etwas. Seine Stimme klang drohend. Man brauchte die Sprache nicht zu verstehen, um zu wissen, was die Worte bedeuteten:
    »Tötet sie! Sie haben das Heiligtum entweiht!«
    Ithúriël trat heraus. An ihrer Hand schimmerte der Eine Ring, der Macht über alle Dinge besitzt, weil in ihm das Gefüge der Welt verankert ist. In seinem Licht erschien sie einer Göttin gleich, aus dem Anbeginn der Welt in diese Zeit getreten, ein Wesen, vor dem es selbst einem Zwergen geziemte, niederzuknien und ihm Verehrung zu erweisen.
    Die Zwerge murrten untereinander. Das Licht verblasste und schwand, und dann war sie nur noch eine junge Elbenmaid, in helles Leder gekleidet, umweht von dem Schleier ihres Haares.
    »Bringt mich zu eurem Meister!«
    Mühsam schleppte sich der lange Zug den Berghang hoch. Seit sie die befestigte Zwergenstraße erreicht hatten, ging es besser voran. Aber man merkte nun, am zweiten Tag ihrer Flucht, dass einige von den Jüngsten nicht mehr mithalten konnten, und einige der Älteren waren von den Entbehrungen so geschwächt, dass sie von anderen gestützt werden mussten.
    Diejenigen, die gar nicht mehr laufen konnten, hatte man auf den Wagen verfrachtet, was diesen natürlich noch schwerer machte. Aber auf ihn zu verzichten war undenkbar, denn sonst hätte man einige derer, die darauf lagen, zurücklassen müssen. Zwar war die Straße befahrbar; dort, wo sie nicht aus festem Felsgrund bestand, war sie mit Quadern und Platten verfestigt, die so fein verfugt waren, dass man kaum eine Messerklinge dazwischentreiben konnte. Aber manchmal war der Weg so steil, dass der Wagen ins Rutschen kam oder einfach nicht mehr weiter rollte. Dann griffen die Bolgs in die Speichen, und mit ihrer überlegenen Kraft bekamen sie ihn wieder frei. Inzwischen waren selbst diejenigen, die ihre ehemaligen Peiniger anfangs mit Misstrauen betrachtet hatten, fast froh, dass man sie dabei hatte. Aber auch nur fast. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit kam zwischen ihnen und den Menschen trotz allem nicht auf.
    Das Mädchen Jadi hatte sich zu Kim und Fabian an die Spitze des Zuges vorgearbeitet. Sie wirkte munterer als zuvor, aber wenn man genauer hinschaute, sah man die tief liegenden Spuren der Erschöpfung in ihren Augen und ihren hohlen Wangen.
    »Sind wir bald da?«, fragte sie.
    Kim seufzte. »Wenn ich wüsste, was ›da‹ ist, könnte ich es dir genau sagen.«
    Sie sah ihn misstrauisch an. »Ich habe gedacht, ihr wüsstet, wo wir hingehen.«
    »Über den Steig«, sagte Kim. »Doch diesen Weg hier kenne ich nicht. Das letzte Mal, als ich hier lang ging, sind wir von Westen gekommen, und das Land war ganz anders.«
    »Aber irgendwann müssen wir auf den Passweg treffen«, fügte Fabian hinzu.
    Das Mädchen ließ sich nicht abwimmeln. »Dann wisst ihr also gar nicht, wo wir sind.«
    »Doch«, sagte Fabian, »Schau doch nur.« Er zeigte ihr die Berge. »Das da ist der Aquilaris, der Adlerstein, und das da Luguvallium, die Mauer des Lichts. Und da oben, den du noch gerade in der Ferne erkennen kannst, denn nennt man den Mons Achernaos, den Ewigen Thron, den höchsten Gipfel nördlich des Reiches der Menschen und südlich von …«
    »… von Elderland«, schloss Kim trotzig. »Dem Land des kleinen Ffolks. Meiner Heimat.«
    »Elderland?«, fragte Jadi. »Das ist das Land, woher du kommst? Aber Elderland ist nur ein Märchen!«
    Er sah sie mit festem Blick an. »Es mag vielleicht nur ein Märchen sein, aber es ist wahr. Ich weiß es. Und ich weigere mich, daran zu glauben, dass es das Elderland niemals gegeben hat – oder niemals geben wird. Irgendwo ist immer Elderland. Es existiert im Geiste des Göttlichen Paares, des Vaters und der Mutter. Man muss nur fest genug glauben.«
    »Psst«, sagte sie. »Diese Namen darf man nicht nennen!«
    »Warum nicht? Wir sind freie Menschen. Darum dürfen wir zu ihm sprechen und zu ihr, und sie werden uns erhören. Und wenn sie uns nicht helfen können, wer dann?«
    »Die Philosophen von Allathurion lehren, der Vater hilft denen, die sich selbst helfen«, sagte Fabian.
    Aber Jadi meinte, zu Kim gewandt: »Das hast du schön gesagt. Ich will ganz bestimmt daran glauben.«
    Zumindest in einer Hinsicht schien der Glaube gewirkt zu haben. Es dauerte nicht lange, da stießen sie auf eine Weggabelung. Auf der einen Seite führte die Straße in natürlichen Stufen hinab in die letzten Ausläufer einer

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