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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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massigen, untersetzten Gestalten in ihren stählernen Panzern hätten sich für sie in die Schlacht gestürzt. Niemand wäre bei dem Anblick der Gedanke gekommen, dass sie eher eine Gefangene vor den Richterstuhl führten.
    Gwrgi beachteten sie gar nicht. Sie sahen ihn an wie ein harmloses Schoßtier, einen Hofnarren allenfalls, wie ihn Hoheiten sich leisteten. Er trottete hinterdrein, als fürchtete er, den Anschluss zu verlieren. Er zitterte immer noch.
    Die Sonne war inzwischen höher gestiegen und brannte von den höchsten Gipfeln hernieder. Immer noch strich der Wind pfeifend aus dem Tiefland herauf. Doch auf der Hochebene, über die sie gingen, hatten die Sonnenstrahlen den Fels inzwischen hinreichend erwärmt, sodass zumindest die schlimmste Wut des Windes gemildert wurde.
    Gwrgi hatte nur auf seine Füße geachtet, so dass er erschreckt aufblickte, als der felsige Boden plötzlich schwarzem Holz wich. Es musste ein sehr hartes Holz sein, denn selbst der Marschtritt der Zwerge ließ es nicht im Geringsten vibrieren.
    Rechts und links von ihm erhoben sich zwei mächtige, vierkantige Pfeiler, ohne Schmuck, doch so massiv, dass sie für die Ewigkeit gebaut zu sein schienen. Ein weiteres Paar bildete auf der anderen Seite den Abschluss.
    Die Brücke spannte sich über eine schier unergründliche Tiefe, aus der heraus es brodelte und schäumte. Wasserglitzernde Felswände fielen zur Rechten und zur Linken lotrecht ab, und über allem hing ein feiner Sprühnebel, den der tosende Wildbach emporwarf.
    Gwrgi machte einen vorsichtigen Schritt auf die Brücke hinaus. Das Wasser in der Tiefe schien noch wilder zu schäumen. Er erstarrte.
    Die anderen waren schon ein Stück weiter. Einer der letzten Zwerge wandte sich um. Er sah den Sumpfling neben dem Brückenpfosten kauern.
    »Mîkhas! Nakhê ai-mênu!«
    Gwrgi verstand kein Wort. Er kauerte sich nur noch tiefer auf die Planken, zu keiner Bewegung mehr fähig.
    Der Zwerg ging auf ihn zu. Er hielt seine Axt in der Hand. Einen Augenblick sah es so aus, als wollte er sie heben und auf den am Boden Hockenden niedersausen lassen, aber dann nahm er sie doch nur, um ihn mit der Spitze anzustoßen. Gwrgi schien es gar nicht zu spüren.
    »Nakhê!«
    Ithúriël löste sich von ihren Begleitern und kam mit leichten Schritten, als schwebte sie, über die Brücke zurück. »Warte!«, rief sie. »So geht das nicht. So wirst du ihn nie dazu bringen, auch nur einen Schritt zu tun.«
    Der Zwerg machte widerwillig Platz.
    Sie hockte sich zu Gwrgi nieder. Er sah sie aus großen Augen an.
    »Gwrgi Angst«, wimmerte er. »Tief … tiiiief …«
    »Komm, gib mir deine Hand!« Er zögerte einen Moment, legte dann aber vertrauensvoll seine Hand in ihre. »Und jetzt schau nach oben. Nicht auf den Boden! Zum Himmel, hörst du. Und jetzt komm!«
    Wie ein Kind folgte er ihr. Sein Blick ging überall und nirgends hin, nur nicht zu der brodelnden Flut, die in der Tiefe lauerte. Die Zwerge sahen es teils mit Widerwillen, teils mit Staunen. Das seltsame Paar hatte das Ende der Brücke fast schon erreicht, als Gwrgi, mit allen Anzeichen der Erregung, plötzlich vorausdeutete, in Richtung des Vorgebirges.
    »Da … da!«
    Ithúriëls Blick folgte dem Fingerzeig. Dann sah sie es auch. Eine Gruppe von Gestalten, auf die Entfernung kaum zu erkennen. Plötzlich ertönte ein Ruf, und jemand löste sich von den übrigen und kam auf sie zu gelaufen. Eine kleine Gestalt, mit braunem Wuschelkopf und spitzen Ohren. Ein anderer folgte ihr, ein großer, in Grün gekleideter Mann. Und jetzt verstand sie, was sie riefen:
    »Ithúriël! Es ist Ithúriël!«
    »Fabian? Kimberon?« Ein unbeschreibliches Glücksgefühl erfasste Ithúriël, ein Staunen, das keine Grenzen kannte. Einsam, verloren in der Zeit, hatte sie plötzlich wieder Freunde gefunden, vertraute Gesichter. »Wo kommt ihr her?«
    Ehe die Beiden auf Rufweite heran waren, hatte sich der Anführer der Zwerge dazwischengeschoben.
    »Wer seid Ihr, und was sucht Ihr hier?«
    Fabian, der von seinem Lauf noch keuchte, rang nach Luft. Ehe er etwas sagen konnte, antwortete Ithúriël für ihn:
    »Dies ist Fabian aus dem Hause Alexis, ein Fürst unter den Menschen.«
    »Nein«, keuchte Fabian, »Fabianus Imperius Rex … Rex futurus …. König der Menschen, jetzt und in Zukunft …«
    Der Anführer der Zwerge sah ihn an, einen unrasierten, übernächtigten, abgerissenen Waldläufer in zerfetzter Kleidung, unbewaffnet bis auf einen Dolch. Des Zwergen Blick war

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