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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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zukam. Dann verging seine Welt in einer roten Explosion von Schmerz.
    »Au!«, war das Erste, was Kim sagte, als er wieder zu sich kam, und er wiederholte es gleich noch einmal: »Aua.« Sein Kopf tat höllisch weh, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Mit den Fingern tastete er nach seiner Stirn, und neuer Schmerz ließ ihn zusammenzucken. Seine Finger waren klebrig.
    »Nicht bewegen, Herr Kimberon«, kam eine Stimme aus dem Dunkel. »Ihr blutet ziemlich. Lasst mich erst Eure Wunde versorgen.«
    Er hörte, wie Stoff zerriss, dann wurde etwas auf seine Stirn gelegt. Er zuckte zusammen. »Ruhig«, sagte die Stimme – Aldos Stimme, wie er nun erkannte. »Ich bin gleich fertig.«
    Versuchsweise öffnete er die Augen. Sein Blick fiel auf ein niedriges, halbrundes vergittertes Fenster, durch das Mondlicht hereindrang. Dann wandte er den Kopf, um nach seinem Begleiter zu sehen.
    »Stillhalten!«, sagte der. Kim hielt still, während Aldo den Verband befestigte. Er selber schien nichts abbekommen zu haben.
    Kim fasste sich erneut an den Kopf. »Wo hast du den Verband her?«, fragte er. Es kam ihm selbst als eine selten dämliche Frage vor, aber er wusste sonst nichts zu sagen.
    »Ich war immer schon ein Freund von Kniehosen.« Aldo grinste. Er ließ das Messer in seiner Hand aufblitzen, mit dem er sich die Hosenbeine direkt unter dem Knie abgetrennt hatte. »Man hat uns einfach hier reingeworfen«, stellte er fest. »Sie haben uns nicht mal gefilzt.«
    Kim erschrak. Instinktiv griff er sich an die Brust. Seine Finger tasteten nach etwas, das er unter dem Hemd trug.
    Er zog den Beutel hervor, der an einer Schnur um seinen Hals hing, und öffnete ihn. Der Ring war noch da, der Ring des Kustos, sein kostbarster Besitz, wertvoller als Gold und Geschmeide. Er fühlte sich kühl und glatt an, als Kim ihn sich über den Finger streifte. Der schwarze Stein, der darin eingelassen war, war nur ein dunklerer Punkt in der Düsternis, die ringsum herrschte.
    Kim richtete sich auf und nahm seine Umgebung in Augenschein. Sie befanden sich in einem niedrigen, gewölbten Raum. Das einzige Licht kam von außen durch das halbrunde Gitterfenster, das sich auf ebener Erde befand und anscheinend auf einen Hof hinausging, vermutlich den hinteren Teil der Festung. Es stank nach Nässe und feuchtem Mauerwerk.
    Kim verkniff sich die Frage, wo sie hier waren. Die Frage, die ihm weit mehr Kopfzerbrechen bereitete, war die nach dem: »Warum?«
    »Sie haben uns einfach nicht geglaubt«, meinte Aldo.
    »Nein«, sagte Kim. Ihm drehte sich immer noch der Kopf, aber seine Gedanken waren klar. »Irgendetwas stimmt hier nicht. Bolgs in einer Kaiserlichen Legion? Das hat es noch nie gegeben. Und diese seltsamen Uniformen …«
    »Vielleicht ist es eine versprengte Hilfstruppe der Dunkelelben, die dieses Fort besetzt hält – nachdem sie die ursprüngliche Besatzung getötet hat.«
    »Du vergisst die Insignien über dem Torbogen: ein Schädel mit zwei gekreuzten Schwertern. Von solchen Abzeichen habe ich noch nie gehört. Und der Name: Legio Vigintesima Atrox. Die zwanzigste Legion heißt nicht Atrox, die Schreckliche, sondern Victrix, die Siegreiche.«
    »Also doch eine Legion des Feindes?«
    »Menschen im Dienst der Dunkelelben?« Kim versuchte, die Sache jetzt mit seinem geschulten Verstand anzugehen: einen Punkt nach dem anderen, wie er es im Studium gelernt hatte. »Nun gut, es ist vorstellbar, aber im Elderland waren es immer nur Bolgs. Wenn sie eine solche Legion – oder gar zwanzig davon – in der Reserve hatten, warum haben sie sie nicht eingesetzt? Und dem widerspricht auch diese Festung; denn die ist nicht erst vor wenigen Monaten erbaut worden. Nein, irgendwie passt das alles nicht zusammen.«
    »Und was machen wir nun?«
    »Versuchen, von hier wegzukommen, nach Magna Aureolis. Hast du noch irgendwas in den Taschen, das uns hier raushelfen könnte?«
    Aldo grinste; das Aufblitzen seiner Zähne war selbst in der fast vollkommenen Dunkelheit zu erkennen. Er klappte das Messer zur anderen Seite aus. »Eine kleine Säge?« Er drehte es um. »Eine Feile?« Wieder zauberte er etwas hervor. »Und ein Korkenzieher.« Gespannt wartete Kim. »Das war’s.«
    Kim seufzte. »Versuchen wir’s mal mit der Feile. Als Erstes sollten wir uns die Gitterstäbe ansehen.«
    Das Fenster zum Hof war mit drei vertikalen und zwei horizontalen Eisenstäben gesichert. Die allgegenwärtige Feuchtigkeit hatte daran ihre Spuren hinterlassen. Rost blätterte ab. Doch als

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