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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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direkt in die Arme. Wenn nicht, dann war es hoffentlich nicht mehr weit zu dem ersten Außenposten des Imperiums.
    Der Nebel begann sich hier und da ein wenig zu lichten, doch der Anblick war nicht dazu angetan, das Selbstvertrauen zu heben.
    Seltsam verdrehte Bäume und Büsche schälten sich aus dem Dunst, von Ranken umhäkelt, und Felder mit großen, fahlen Blüten, zwischen denen es leise gluckerte. Hier und da gab es eine Anhöhe, die sich nur unwesentlich über das Niveau des Sumpfes erhob; dort hatten Birken Fuß gefasst, deren weißliche Stämme und schwarze, noch winterkahlen Äste an Totengerippe erinnerten. Sumpfkrähen flogen mit mattem Flügelschlag von den Sielen auf.
    »Dort!«, rief Aldo. »Seht Ihr es? Eine Festung!«
    Vor ihnen schwamm ein dunklerer Schatten in den wallenden Schwaden. Und jetzt erkannte Kim auch, was die schärferen Augen seines Gefährten ausgemacht hatten. Geduckt in die Unendlichkeit des Moores, aber fest im Boden verankert: ein Festungsbau. Vierschrötig, quadratisch, mit einem Turm an jeder Ecke und einem massiven Palas in der Mitte, der alles überragte. Und die Zinnen, welche die Mauern und Türme krönten, waren, wie Kim zu seiner Erleichterung erkannte, nicht dreigelappt wie in seinen Träumen, sondern die solide Architektur des Menschenvolkes.
    Er sandte ein leises Dankgebet an das Göttliche Paar, das ihren Weg geleitete, als der Wagen von dem Dammweg auf die lang gezogene Rampe einbog, die zu der Festung hinüberführte.
    Vor ihnen klaffte in der schwarzen Mauer ein Tor auf. Die Torflügel waren geöffnet, das Fallgitter hochgezogen. Noch immer herrschte ringsum ein unheimliches Schweigen.
    »Das also ist aus den Bolgs geworden, die wir gehört hatten«, sagte Aldo und schluckte.
    Rechts und links vom Tor waren hohe Stangen errichtet. Auf jede davon war der abgehackte Kopf eines Bolgs gespießt.
    Kim kniff die Augen zusammen. »Die sind schon länger hier, bis auf die letzten beiden; die sind noch frisch. Da muss jemand eine unheimliche Wut auf die Bolgs gehabt haben.«
    »Ich wusste gar nicht, dass die Truppen des Kaisers so etwas tun«, meinte Aldo, als sie in den Schatten des Torbogens einzogen. »Welche Legion mag das sein?«
    Kim blickte zu dem Torbogen empor. In dem Schlussstein, zu ihren Häupten, war das Signum der Truppe eingemeißelt: ein menschlicher Schädel mit zwei gekreuzten Schwertern. Darunter die Legende LEG XX ATROX.
    »Von dieser Legion habe ich noch nie gehört«, sagte er.
    Aus den Schatten lösten sich zwei Gestalten, die ihnen mit vorgehaltenen Lanzen den Weg versperrten.
    »Quo vadis?« , knurrte die eine davon die alte Losung der Imperialen Legionen.
    »Dank sei dem Vater!« Kim atmete auf. »Wir sind Kimberon Veit, Kustos des Ffolksmuseums von Elderland, und sein Gefährte, unterwegs auf Einladung Seiner Majestät des Kaisers zu den Krönungsfeierlichkeiten …« Er verstummte, als von den Wachen keine Reaktion erfolgte.
    Vielleicht sollte ich es in der alten Sprache versuchen, dachte er und begann erneut: »Cimberonus Vitus sum, Populum Musaei Custos Terrae Aldensis –«
    » Ich hab dich schon verstanden, Kleiner«, unterbrach ihn der Wachposten. »Ich frag mich nur, was der Quatsch soll. Kommt rein mit eurem Karren. Soll sich der Centurio darum kümmern.«
    Kim und Aldo schauten sich ratlos an; dann, als die Wachen ihre Lanzen senkten, schnippte Aldo mit den Zügeln und ließ den Esel vortrotten. Der vordere Hof der Festung war kahl und menschenleer; es sei denn, dass sich in den Arkaden unter den Mauern noch irgendwelche Legionäre herumdrückten, die nicht zu sehen waren. Von den Wehrgängen erklangen die genagelten Stiefel von Männern auf Wache, doch vom Hof aus war niemand zu sehen.
    »Ich glaube, wir sind hier falsch«, flüsterte Aldo.
    Kim wurde langsam sauer. »Ich habe ein Sendschreiben des Kaisers. Und wenn Fabian davon erfährt, wie man uns hier behandelt hat, dann wird diese verlotterte Truppe was erleben –«
    Er brach ab, weil sich die Tür zum Hauptgebäude vor ihnen geöffnet hatte. Heraus trat einer der größten Männer, die Kim je gesehen hatte. Er trug den glänzenden Brustpanzer der Legionäre des Kaisers, doch war dieser Panzer nicht golden, sondern schwarz. Schwarz und silbern blinkten darauf die Embleme der gewonnenen Schlachten, derer die Legion sich rühmte. Schwarz – und nicht sehr sauber – war auch der Mantel, der um seine Schulter hing, ebenso wie der zerzauste Busch auf dem Helm in seiner Linken. In seiner

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