Die Herren der Zeit
Vor Urzeiten in der Schmiede der Zwerge von Inziladûn geschmiedet, war es seit Jahrhunderten eine mächtige Waffe in der Hand des Herrschers der Menschen.
»F-Fabian?«
K APITEL III
EIN HERRSCHER IM EXIL
Der Fremde streifte seine Kapuze zurück. Darunter kam ein noch junges Gesicht mit kurz geschnittenem, dunkelblondem Haar zum Vorschein, von dem eine Locke verwegen in die Stirn fiel. Der Blick der schmalen Augen unter den fein geschwungenen Brauen war offen, doch der Mund lächelte nicht. Der Mann gab kein Zeichen der Begrüßung von sich.
»Fabian!«, rief Kim. »Erkennst du mich nicht? Ich bin’s, Kim. Dein Freund Kimberon!«
Ein Schatten ging über das Gesicht des Mannes. Zwischen seinen Brauen zeigte sich eine steile Falte. Aber er sagte immer noch nichts.
»Kennt Ihr diese beiden, Herr?«, fragte einer der Umstehenden.
»Es sind Spione«, sagte ein anderer. »Sie stehen mit den Dunklen im Bunde.«
»Ein Bolg und zwei Kinder?«, fragte ein Dritter. »Seit wann senden sie Kinder als Spione.«
»Und warum hat die schwarze Legion sie gejagt?«
Fabian – wenn es denn Fabian war – gebot ihnen mit einer Handbewegung zu schweigen. Seine Stimme, als er das Wort ergriff, war klar und vertraut wie immer:
»Wer seid ihr? Woher kennt ihr meinen Namen? Sprecht!«
Kim war nun völlig verwirrt.
»Aber Fabian! Was soll das hier alles? Diese Verkleidung? Und wer sind diese Männer? Woher kamen diese Legionäre, die uns gefangen genommen und verfolgt haben? Ich begreife überhaupt nichts mehr. Ich denke, du sitzt als Kaiser in Magna Aureolis; du hast mich doch zu deiner Krönung eingeladen!«
»Der Kaiser? Ihr meint den Kaiser des Dunklen Imperiums, jenseits der Berge?«
Kim überlief ein Schauder. Und plötzlich begann in seinem Geist eins ins andere zu greifen, und eine fürchterliche Ahnung befiel ihn von dem, was wirklich geschehen war, obwohl er es sich selbst immer noch nicht eingestand.
»Aber das Dunkle Reich ist besiegt«, sagte er voller Staunen. »Wir waren doch alle dort, auf dem Schlachtfeld. Gilfalas, Burin und du. Und ich.« Es begann ihm selbst unwahrscheinlich zu erscheinen. »Erinnerst du dich nicht mehr?« Das Elderland, nur eine Legende? Die Erinnerung begann zu entgleiten. »Wir, die Träger der Ringe. Der Ringe der Macht.«
Er hob die Hand. Der Ring glänzte an seinem Finger; der schwarze Stein in dem unbekannten Metall blitzte auf, als ein Sonnenstrahl ihn traf. Hell erglühte der Stein. Ein Leuchten ging davon aus, in allen Farben des Regenbogens.
Fabian taumelte, griff sich an seine Brust. Ein grüner Schimmer umhüllte ihn, der sein Zentrum in der geballten Faust fand. Und Kim erkannte, dass auch er an seiner Hand den Ring trug, den Ring der Menschenkinder, uraltes Erbstück seines Geschlechts. Fabians Gesicht war totenbleich, als die Erinnerung ihn überwältigte. Er brach in die Knie. Die Elben hoben erneut ihre Bogen, spannten die Sehnen.
»Kim!«, sagte Fabian, als traute er seiner eigenen Stimme nicht. »Beim allmächtigen Vater! Kim, was ist mit uns geschehen?«
Dann lagen sie sich in den Armen, und keiner von ihnen konnte die Tränen zurückhalten.
»Kim«, sagte Fabian schließlich, wobei er seinen Freund auf Armeslänge von sich hielt. Da er immer noch kniete, waren ihre Gesichter fast auf gleicher Höhe. Fabians Gesicht war sonnengebräunter, als Kim es in Erinnerung hatte, und jetzt, aus der Nähe, sah er, dass sich in die vertrauten Züge neue Falten eingegraben hatten, Glyphen des Kummers und der Sorge. Eine weiße, längst verheilte Narbe, die vorher nicht da gewesen war, zog sich über die Schläfe. »Wie kommst du hierher, Kim?«, fuhr Fabian fort. »Nein …«, verbesserte er sich selbst, »ich weiß, ich habe dich eingeladen. Zur Krönung.« Seine Stimme klang, als glaube er selbst nicht, was er da sagte. »Es erscheint mir alles … so unwirklich. Da ist die eine Erinnerung, an uns und unser großes Abenteuer und unseren glorreichen Sieg. Und da ist die andere, an das, was ist … oder ist es alles nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, entgegnete Kim. »Aber ich habe den Verdacht, irgendjemand hier hat uns einen ganz üblen Streich gespielt – und wir sollten der Sache auf den Grund gehen.«
»Komm!« Fabian stand auf. »Ich weiß zumindest, was wir jetzt als Nächstes tun müssen. Wir werden einen Freund aufsuchen. Und danach sehen wir weiter.«
In seiner Stimme lag jetzt wieder der alte befehlsgewohnte Ton, als er sich an die Umstehenden
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