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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Verwitterte Fresken bedeckten die Wände. Doch Kim und Fabian hatten keine Zeit, darauf zu achten. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem, der in dem flackernden Kreis in der Mitte der Krypta stand.
    Er trug die dunkle Robe eines Magiers des Imperiums, doch er war kein Mensch. Sein Antlitz war bleich wie der Tod, bis auf die schwarzen Augen, die mit einem unheimlichen Feuer glühten. Das schmale Kinn, die fein geschnittenen Züge und die geschwungenen Ohren wie auch das lange, glänzende Haar erwiesen das Wesen als das, was es war: ein Fürst der Dunkelelben. Er hielt ein Bündel Papiere unter dem Arm, und seine Rechte war um etwas gekrallt, das eine ungeheure Macht ausstrahlte –
    »Azanthul!«, rief Fabian. »Hast du noch nicht genug von der Schlacht in Elderland? Muss ich dich noch einmal töten?«
    Der Dunkelelbe hob den Blick und sah ihn an. Schmerz lag darin, Verständnislosigkeit und dann erstes, dämmerndes Begreifen. Dann sah er Kim, und seine dunklen Augen weiteten sich vor Überraschung – oder vor Schrecken.
    »Nein!«, schrie Kim. Der Ring an seiner Hand brannte wie Feuer. »Fabian! Tu es nicht!«
    Aber Fabian war schon vorgesprungen. Mit aller Macht ließ er sein Schwert niedersausen.
    Ein blendender Blitz erfüllte die Halle, erschütterte die Pfeiler und Gewölbe, ließ das ganze Gebäude in seinen Grundfesten erzittern.
    »Fabian!« Kim konnte nichts mehr sehen. Seine Hand, sein ganzer Arm stand in Flammen.
    Blind griff er um sich, bekam irgendwie einen Zipfel von Fabians Mantel zu fassen. Er krallte sich daran fest, versuchte, seinen Freund zurückzuzerren. Aber der Wirbel, der sie ergriffen hatte, war unbarmherzig, unwiderstehlich, gefühllos wie der Sog der Zeit, der alles und jeden verschlingt.
    »Fabiaaa-a-an!«
    Der blendende Wirbel hüllte sie alle ein und riss sie mit sich.

K APITEL V
DER WEG NACH ZARAKTHRÔR
    »Und was ist der ›Schwarze Walfisch‹?«, fragte Ithúriël.
    Burin grinste.
    »Geduld«, sagte er. »Ihr werdet es alles erfahren. Ihr habt nie studiert, schöne Maid, nehme ich an. Nun, dann steht Euch die eine oder andere Überraschung bevor. Nur Geduld.«
    »Schscht«, machte Gilfalas. »Sei leise, man könnte uns hören.«
    Die nächtliche Stadt war gespenstisch still. Nicht ein Mensch war auf den Straßen. Nirgendwo ein Licht, bis auf ein fernes rötliches Flackern.
    »Bolgs«, sagte Gorbaz. »Sie suchen.« Er fühlte sich in den engen Gassen sichtlich unwohl, wenngleich er sich bemühte, es zu verbergen.
    »Keine Angst, mein dicker Freund«, meinte Burin jovial. »Wir sind gleich da.«
    »Er heißt Gorbaz«, meldete sich Aldo zu Wort. Er konnte verstehen, wie dem Bolg zu Mute war. Es ging ihm nicht viel besser; auch er war allein in einer fremden Stadt. Aber er fand das alles trotzdem ganz spannend.
    »Da wären wir!«, erklärte Burin. »Es hat sich alles ein bisschen verändert, aber wenn es noch da ist, wo es war, dann müsste es hier sein.« Und plötzlich war er wie vom Erdboden verschluckt.
    »Burin!«
    »Hier bin ich, Gilfalas«, kam Burins Stimme von unten, wo die Schwärze so tief war, dass wohl nur die Augen eines Zwergen sie durchdringen konnten. »Nur ein paar Stufen hinab.«
    »Ein Kellereingang?«, fragte Gilfalas ungläubig.
    »Ich liebe Keller!«, tönte Burins Bass aus der Grube. Dann hörte man, wie er mit der Faust an eine hölzerne Tür pochte.
    Es dauerte ein paar Augenblicke, ehe sich schlurfende Schritte nahten und eine Klappe in der Tür geöffnet wurde. Licht fiel heraus, auf Burins rotbärtiges, strahlendes Gesicht.
    »Seid gegrüßt, Herr Wirt. Ich bin ein Studiosus aus fernen Landen und möchte Euer unvergleichliches Bier verkosten.«
    Die Öffnung verdunkelte sich, als der Wirt sein Gesicht an die Türklappe schob. »Die Losung!«
    »Wie soll ich die Losung des Tages kennen, wenn ich von weit her komme? Gaudeamus igitur? Dum bibo, spero? Stellt mich auf die Probe, guter Mann! Sagt mir den ersten Teil, und ich gebe Euch den Rest. Dann seht ihr, dass ich nicht gelogen habe.«
    Der Wirt blieb misstrauisch. »Also gut«, sagte er dann. »Quidquid schmorgitur …«
    »… filzus de corpore! Das war einfach. Lasst Ihr mich jetzt ein?«
    Ein Riegel wurde zurückgeschoben, und knarrend öffnete sich die Tür.
    Gedankenschnell hatte Burin sich hineingedrängt und die Tür mit seinem gedrungenen, massigen Körper gesperrt, sodass der Wirt sie nicht mehr schließen konnte.
    »Kommt, Freunde«, sagte er.
    »He!«, protestierte der Wirt. »Wer sind die? Die

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