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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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illa,
Bibit servus cum ancilla,
Bibit soror, bibit frater,
Bibit filius et mater,
Bibit asinus et anus,
Bibit praefex et decanus.«
    »Und jetzt alle«, kommandierte er:
    »Bibite, bibite, collegiales,
    Bibitur optime inter aequales!«
    »Ich fürchte, Ihr werdet ihn nur zum Schweigen bringen, wenn Ihr ihm etwas zu trinken gebt«, erklärte Gilfalas, der das Spiel kannte, dem Wirt. Der rang die Hände und eilte wieder hinter seinen Tresen, um nachzuzapfen.
    Derweil sang Burin ungerührt weiter:
    »Bibit constans, bibit vagus,
Bibit rudis, bibit magus,
Bibit velox, bibit piger,
Bibit bolgus, bibit niger,
Bibit iste, bibit ille,
Bibunt centum, bibunt mille.«
    Diesmal sangen die Herren Studenten am anderen Tisch den Chorus freiwillig mit:
    »Bibite, bibite, collegiales,
    Bibitur optime inter aequales!«
    Eilends stellte der Wirt die schäumenden Krüge auf den Tisch.
    »Fiducit!« , rief Burin. »Alle aufrechten Sänger mögen sich stärken!«
    Dann war es gnädig ruhig, als alle tranken.
    In die entstandene Stille hinein ertönte ein Krachen. Vom Hausflur her, an der Tür, erscholl ein schrilles Gekreisch: Alex, der Esel, schrie in Panik.
    »Heiliger Vater!«, stöhnte der Wirt. »Die Wachen!«
    Gilfalas war aufgesprungen und hatte sein Schwert gezogen; die schmale Klinge blinkte im Kerzenschein. Auch Burin hielt seine Waffe in der Hand, die schwere Streitaxt, die schon so manchen Gegner das Fürchten lehrte.
    Wieder krachte es. Aber es waren keine Fäuste, die gegen die Tür schlugen. Der Lärm kam von draußen: Donnergrollen, gefolgt von dem Krachen des Blitzes. Dann öffnete mit einem Mal der Himmel seine Schleusen. Regen rauschte hernieder und löschte alle anderen Geräusche aus.
    »Seltsam«, sagte Gilfalas. »Dabei sah es gar nicht nach Regen aus, als wir hierherkamen. Es waren zwar Wolken am Himmel, aber man konnte die Sterne noch sehen.«
    »Egal«, sagte Burin. »Jedenfalls kann uns jetzt keiner mehr stören. Wie sieht es aus, Gorbaz?«, wandte er sich an den Bolg. »Hast du ausgetrunken?«
    Gorbaz saß breitbeinig am Tisch, den Rücken gegen die Mauer gelehnt. Der Krug vor ihm auf dem Tisch war leer.
    »Blurb!« , sagte der Bolg.
    »Auf ein Neues!«, übersetzte Burin.
    Während der Zwerg eine neue Runde für alle ausgab und die Zecher am anderen Tisch den edlen Spender hochleben ließen, verzog sich Aldo aus der Schankstube und ging zur Tür, um nach Alex zu sehen. Der Esel hatte sich zum Schlafen niedergelegt. Aldo legte sich zu ihm und bettete den Kopf auf die warme Flanke des Tieres. Er konnte der allgemeinen Trinkfreudigkeit nichts abgewinnen; er musste an Herrn Kimberon denken und an Prinz Fabian, die sich nun im Zentrum der dunklen Macht befanden. Da sollte es auch bei ihren Gefährten wenigstens einen geben, der einen klaren Kopf behielt.
    Draußen regnete es ununterbrochen. Das Rauschen des Regens lullte ihn ein, bis ihm schließlich die Augen zufielen.
    Irgendwann schreckte er auf. Es war immer noch dunkel. Er lag auf dem harten Steinboden, und es war kalt und nass. Das Wasser hatte sich seinen Weg unter der Tür her gesucht und bildete eine Lache im Flur. Zuerst dachte er, dass die Kälte ihn geweckt hätte, aber dann fiel ihm noch eine andere Veränderung auf: Der Regen hatte aufgehört.
    Schlaftrunken rappelte er sich auf und ging zurück in die Schankstube.
    Die anderen saßen immer noch am Tisch. Gorbaz, den Rücken an die Wand gelehnt, schnarchte vernehmlich. Gilfalas war nicht anzusehen, ob er schlief oder nicht. Burin stierte in seinen Humpen. Ithúriël war mit dem Versuch beschäftigt, ihre Nasenspitze in den Blick zu nehmen, wobei sich ihre Pupillen allerliebst kreuzten.
    »B-bhurin«, sagte sie, ein wenig verwaschen, aber ansonsten sehr konzentriert, »eines würde mich noch interessieren: Was heißt das eigentlich, was der Wirt und du an der Tür gesagt haben?«
    Burin schreckte auf. Sein Blick schweifte über den Tisch, bis er auf Ithúriëls Gesicht zu ruhen kam.
    »Was … meinst du?«
    »› Quidquid schmorgitur … ‹ und so weiter.«
    »Ah«, sagte er. Und dann, nach einer Pause: »Ist doch klar. Es heißt: ›Und was auch der Filz von dem Leibe sich schmorgt …‹«
    »Und was bedeutet es?«
    »Darüber, meine Liebe«, erklärte er mit großem Gestus, »streiten schon seit vielen hundert Jahren die Gelehrten. Aber vielleicht kennen die jungen Studenten hier ein paar neue Theorien …« Er blickte zu dem anderen Tisch hinüber. Die Zecher dort hatten ihre Köpfe auf den Tisch

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