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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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zurück. Wir können hier nichts mehr ausrichten.«
    Aldo konnte die Tränen nicht zurückhalten. Sie liefen über seine Wangen, vermischten sich mit dem Staub und Dreck. Er weinte um den kleinen Gelehrten, der zwar ein furchtsames Herz besessen, aber sicher nicht so einen schrecklichen, gewaltsamen Tod verdient hatte. Und er weinte um Kim und Fabian, die nun unwiederbringlich verloren waren.
    Ein Arm legte sich um seine Schulter. Es war Gorbaz, der ihn stützte. Seine Berührung war überraschend sanft.
    »Nicht weinen«, grollte der Bolg. »Deine Freunde, sie sind nicht hier.«
    Aldo verstand. Man hatte sie nicht erwischt, die beiden; denn sonst hätten auch ihre Köpfe hier auf Pfählen gesteckt. Aber was half das, wenn sie nun unter Tonnen von schwarzem Gestein begraben lagen?
    Er wandte der Stätte des Todes und der Zerstörung den Rücken zu. Blind vor Tränen ließ er sich wegführen.
    Sie erreichten den Torturm, der den Brückenkopf markierte. Es waren keine Wachen zu sehen; anscheinend waren alle Bolgs, wo sie auch waren, zum Ort des Einsturzes gelaufen. So überquerten sie ungehindert den Fluss, und bald hatten die Wälder sie verschluckt. Hier würde sie so schnell kein Verfolger finden, wenn es denn überhaupt welche gab. Sie waren in Sicherheit.
    An einem kleinen Bach machten sie Rast, um sich zu waschen und etwas zu essen. Aber keiner von ihnen hatte großen Hunger. Burin schöpfte mit seinem Horn von dem klaren Wasser und ließ es reihum gehen.
    »Ich habe riesigen Durst«, stellte Ithúriël fest, »obwohl ich gestern so viel getrunken habe.«
    Aldo verbiss sich eine Bemerkung der Art: nicht obwohl, sondern weil. Es gab vordringlichere Fragen zu besprechen:
    »Was machen wir jetzt?«
    Alle starrten ihn an, als erwarteten sie von ihm die Antwort auf die Frage.
    »Nun«, fuhr Aldo fort, »wenn das Handelsschiff gesunken ist, dann müssen wir auf die Karawane warten, wie mein alter Herr zu sagen pflegte. Es hilft uns nicht, hier herumzusitzen und den Kopf in den Sand zu stecken. Wir müssen dort weitermachen, wo Herr Kimberon und Prinz Fabian begonnen haben, auch wenn sie … wenn sie jetzt nicht mehr bei uns sind«, schloss er, als ihn der Mut verließ. Er wunderte sich über sich selbst, dass er eine solche Rede gehalten hatte.
    »Ich glaube nicht, dass Kim und Fabian tot sind«, sagte Ithúriël mit ihrer sanften Stimme. »Ich hätte es gespürt.« Die anderen sahen sie an, als zweifelten sie an ihren Worten. »Zugegeben, ich war betrunken gestern Abend, als es geschah. Aber glaubt mir, ich hätte es gespürt.«
    Auch sie trägt einen Ring, dachte Aldo, den höchsten von allen. Will sie es ihnen nicht sagen, den anderen Ringträgern – oder darf sie nicht?
    »Kann der Hohe Elbenfürst uns vielleicht weiterhelfen?«, fragte er vorsichtig. »Wisst Ihr, wie man zu ihm gelangt.«
    »Nein«, entgegnete Ithúriël, »der Weg in die Überwelt ist uns verwehrt.«
    »Und ich glaube auch nicht, dass uns von dort viel Hilfe zuteil würde«, fügte Gilfalas hinzu.
    »Menschen war nichts«, knurrte Gorbaz. »Elben ist nichts. Was ist mit Zwergen?«
    Aller Augen richteten sich auf Burin. Der hatte den Mund zu einem schmalen Strich zusammengepresst, als wollte er verhindern, dass irgendetwas Unbedachtes dem Gehege seiner Zähne entschlüpfte. Die Zwerge galten von jeher als ein verschlossenes Geschlecht, und wenn man an ihre Geheimnisse rührte, dann wurden sie stumm wie Stein.
    »Es gibt einen Ort«, sagte er schließlich, »an dem sich alle Welten begegnen. Ich habe auch schon daran gedacht. Die Gewölbte Halle in Zarakthrôr.«
    »Zarakthrôr!«, stieß Gilfalas hervor. »Damit verbinden sich Erinnerungen, die ich gern vergessen würde. Aber der Weg nach Zarakthrôr führt über das Sichelgebirge und durch das Gebiet, wo …«
    … wo Elderland war.
    Die Worte hingen unausgesprochen in der Luft. Aldo schluckte. Doch laut fügte er hinzu: »Wo die Feste des Feindes liegt, wolltest du sagen.«
    »Es gibt noch einen anderen Weg«, meinte Burin. »Diesseits der Berge.«
    »Aber ich dachte, dieser Zugang sei seit Jahrhunderten verschollen«, wandte Gilfalas ein. »Weißt du, wo er ist? Kannst du ihn finden?«
    »Ich war in Zarakthrôr«, erklärte Burin. »Zumindest in jenem anderen Leben war ich dort. Und ein Zwerg erinnert sich immer an die Stätten, wo er einmal gewesen ist. Sonst könnten wir in den unterirdischen Reichen nicht überleben.«
    Gilfalas sah ihn zweifelnd an. »Aber soweit ich weiß, habt ihr den

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