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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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östlichen Ausgang damals nie erreicht.«
    »Ich nicht«, sagte Burin. »Aber du. Weißt du es nicht mehr?«
    Der Elbe blickte ihn immer noch an, aber diesmal, als zweifelte er an seinem eigenen Verstand. »Ich erinnere mich …«, sagte er leise, wie in Trance. »Ich fiel … in die Tiefen der Erde … mit den Schatten kämpfend …« Ein Schauder überlief ihn bei diesen Worten. »Ich wurde hinabgezogen … in die Tiefen der Erde … und der Strom riss mich mit sich … und spuckte mich aus … östlich der Berge.« Er sah auf; sein Blick war wieder klar. »Aber das war nicht hier. Das war in der Überwelt.«
    »Ist nicht die Überwelt ein Abbild der unsrigen?«, fragte Burin. Und als Gilfalas sich immer noch nicht regte: »Komm! Gemeinsam können wir es schaffen. Ich weiß, wohin wir wollen. Du weißt, wie wir den Eingang erkennen, wenn wir davor stehen.«
    Gilfalas seufzte. »Es ist ein ziemlich vager Plan, meinst du nicht auch? Und ich gebe zu, der Gedanke, dorthin zurückzukehren, behagt mir nicht. Aber ich weiß auch nicht, was wir anderes tun sollten. Also, versuchen wir es.«
    Zarakthrôr! Hinter Aldos Stirn überschlugen sich die Gedanken. Natürlich hatte er die Geschichten gehört, die von den Abenteuern Herrn Kimberons und seiner Freunde in den dunklen Hallen von Zarakthrôr erzählt wurden. Der Ffolksmund hatte sie in der Verbreitung immer weiter ausgeschmückt. Von Stollen war da die Rede gewesen, die bis ins innerste Herz der Erde reichten, von ganzen Städten unter dem Berg. Von Wunderdingen in den geheimen Laboratorien, wo man aus unreinen Metallen Gold geschaffen hatte und belebte Wesen aus toter Materie. Und von den unermesslichen Schätzen in den Totenkammern: Waffen und Gerätschaften, Becher aus Gold und Schüsseln aus Silber, gefüllt mit Edelsteinen – Rubinen und Topase, Samaragde und Diamanten, Turquase und Tormaline – und Kisten und Kästen »geradezu überkrustet von Juwelen«, wie die greise Gutsfrau Altamira Noyhus es beschworen hatte; aber sie war auch schon ein wenig wunderlich und nicht mehr ganz bei Verstand …
    »Was ist Zarakthrôr«, fragte Gorbaz.
    Aldo wusste nicht, wo er anfangen sollte. Es war alles so verwirrend. Tatsache und Legende auseinanderzuhalten war eine fast unlösbare Aufgabe.
    »Es ist das alte Reich der Zwerge«, sagte er schließlich, »die aus der Untererde heraufkamen. Fregorin, einer der drei Erzmeister, herrschte dort – zumindest in meiner Zeit … dort, wo ich herkomme. Aber Zarakthrôr ist mehr als das; es ist der Ort, an dem sich alle Welten begegnen, wie Herr Burin gesagt hat. Darum hat man dort auch begonnen, lebende Wesen zu züchten, zuerst die Dunkelelben und später die Zwerge. Wesen wie Gnome, zum Beispiel, und Drachen, und auch Mischwesen wie die Bolgs …«
    »Gezüchtet?« Eine steile Falte stand zwischen Gorbaz’ wulstigen Brauen; es war das erste Mal, dass Aldo sah, dass der Bolg einer solchen Mimik fähig war. »Darüber muss ich nachdenken.« Und nach einer Weile fügte er hinzu: »Und was ist mit Halblingen? Hat man die auch gezüchtet?«
    »Das«, sagte Aldo, »ist etwas, worüber ich nachdenken müsste.«
    Sie hatten an jenem Tag viel Zeit zum Nachdenken. Ihr Weg führte zurück Richtung Norden, durch die Wälder, wenn auch ein wenig mehr gen Osten hin. Während des ganzen Tages sahen sie keinen Menschen, nicht einmal auf den Feldern; die Gegend war geradezu gespenstisch leer. Nur die Vögel sangen in den Bäumen, unbekümmert von dem Leid und den vielfältigen Gedanken und Kümmernissen der Wesen der Mittelreiche.
    Am Abend, als sie ihr Lager aufschlugen, hatten sie schon die östlichen Ausläufer des Zerbrochenen Landes erreicht. Die Bäume wuchsen hier spärlicher, aber es gab genug abgestorbenes Holz, um ein Feuer zu entzünden.
    Sie rasteten in einer kleinen Talmulde des Vorgebirges, wo sie vor dem eisigen Wind geschützt waren, der von den Gletschern des Sichelgebirges herüberwehte. Trotzdem war es kalt, und sie hüllten sich fest in ihre Mäntel, als sie sich schlafen legten.
    Aldo ging der Wortwechsel mit Gorbaz nicht aus dem Sinn. Natürlich kannte er die alten Überlieferungen über die Herkunft des Ffolks. Vor siebenhundertundachtundsiebzig Jahren, so ging die Legende, waren die Ffolksleute das erste Mal auf dem Steig erschienen und hatten in das grüne Elderland hinabgeblickt. Dann waren sie von der Passhöhe in das weite Tal hinabgezogen, mit Wagen und Gepäck, Kind und Kegel, um es in Besitz zu nehmen.
    Und vorher

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