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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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beschloss Burin. »Schicken wir ihn vor.«
    Sie packten ihre restlichen Sachen und ließen den Wirt und die Übrigen schlafend zurück. Im Hausflur erwartete sie bereits Alexis, der sich inzwischen an dem Hafer gütlich getan hatte. Er sah sie leicht missbilligend an, als hätte auch er am Abend zuvor dem Bier zu sehr zugesprochen. Vielleicht missfiel ihm aber auch nur die Tatsache, dass Fabian nicht bei ihnen war.
    Vorsichtig öffnete Aldo die Tür. Helles Licht fiel herein. Sie blickten auf eine Gasse, die so schmal war, dass zu dieser Morgenstunde noch ein Großteil davon im Schatten lag, aber die Luft war klar und rein. Regenwasser stand in Pfützen auf dem Pflaster. In der Vertiefung vor dem Kellereingang hatte sich ein kleiner Tümpel gebildet.
    Gorbaz platschte mit seinen Stiefeln durch das Wasser. Dann schwang er sich den Absatz hoch und war nach wenigen Schritten aus dem Blickfeld verschwunden.
    Während Aldo sich mit Burins Hilfe daranmachte, den Esel zu beladen, blieb Gilfalas an der halb zugezogenen Tür stehen. Seine Nasenflügel zuckten. »Riecht ihr es auch?«, fragte er.
    »Ich rieche gar nichts«, meinte Ithúriël. Sie war immer noch etwas blass im Gesicht.
    Aldo trat zur Tür und schnupperte. »Es riecht nach Rauch«, stellte er fest.
    Ein Schatten fiel über den Eingang, Der Ffolksmann schreckte unwillkürlich zurück, als eine große, massige Gestalt vor ihm auftauchte. Dann erkannte er Gorbaz. Der Bolg war schon zurück.
    Ehe er oder einer von den anderen eine Frage stellen konnte, winkte Gorbaz sie hinaus. »Kommt«, sagte er. »Seht selbst.«
    Aldo kraxelte als Erster hinaus; Gilfalas und Ithúriël folgten ihm auf dem Fuße. Burin bildete mit dem Esel die Nachhut. Einen Augenblick sah es so aus, als wollte Alexis sich sträuben, doch dann sah er den Vorteil, aus seinem engen Gefängnis entfliehen zu können, und ließ sich von dem Zwerg die Stufen hinaufzerren, nicht ohne ihm einen bösen Blick zuzuwerfen.
    Gorbaz war ihnen schon ein Stück vorausgegangen. Es waren nur wenige Schritte bis zum Ende der Gasse. Dort, wo diese auf eine breitere Straße hinausführte, konnte man über den Häusern den Turm des Collegium Arcanum erblicken.
    Aldo blieb wie angewurzelt stehen. Gilfalas, der unmittelbar hinter ihm kam, stolperte gegen ihn, aber Aldo merkte es überhaupt nicht. Er starrte nur in den Himmel und traute seinen Augen nicht.
    Der schwarze Turm war nur noch eine rauchende Ruine. Dort, wo der Helm sich erhoben hatte, klaffte jetzt eine gezackte, ausgefranste Krone. Das Gemäuer war, wie es schien, auf seiner ganzen Höhe geborsten, und während Aldo und die anderen noch atemlos hinüberstarrten, begann ein Teil des Mauerwerks sich zu bewegen, geriet ins Rutschen und riss andere, noch aufrecht stehende Mauerteile und Streben mit sich ins Verderben. Das Poltern des fallenden Gesteins pflanzte sich von Gasse zu Gasse fort. Von dem Turm, der selbst die höchsten Dächer überragt hatte, blieb nichts als eine Wolke aus Staub und Mörtelteilchen, die emporwallte und vom Wind hinweggetragen wurde.
    »Kim!«, entfuhr es Aldo. »Herr Kimberon und Prinz Fabian! Sie waren da drin.«
    Er begann zu laufen, in Richtung des zerstörten Turmes, ohne an die anderen auch nur zu denken. Aber denen erging es genauso. Jeder Gedanke an die Gefahr war in den Hintergrund getreten. Ihre Freunde waren dort, in dem eingestürzten Gebäude. Wenn es noch eine Rettung gab, dann mussten sie alles tun, um ihnen zu helfen.
    Der Vorplatz des dunklen Collegiums lag wie in dichten Nebel gehüllt, erfüllt von beißendem Staub. Aldo hielt sich den Ärmel vor Mund und Nase und rannte in Richtung des Eingangs. Das lang gestreckte Hauptgebäude stand noch, aber die herabstürzenden Gesteinstrümmer des Turmes hatten alle Fenster zerschlagen, und über weite Strecken waren selbst die Dachgewölbe eingebrochen. Menschen und Bolgs irrten in den Trümmern umher.
    Eine harte Hand packte Aldo an der Schulter. Er wandte sich um. Gorbaz stand über ihm. Er wies mit dem Finger: »Da!«
    Vor dem Haupteingang des Collegiums ragten drei Stangen auf, kaum zu erkennen im Dunst. Auf den beiden rechts und links stak jeweils der Kopf eines Bolgs. Die Köpfe waren noch frisch; sie mussten aus der vergangenen Nacht stammen. Anscheinend Wachen, die bei ihrer Aufgabe versagt hatten.
    Die Stange in der Mitte zierte der abgeschnittene Kopf des unglückseligen Queribus Thrax.
    »Kommt«, sagte Gilfalas, der zu ihnen aufgeschlossen hatte. »Wir müssen

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