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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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– nichts. Keine Geschichte, keine Sagen, nicht einmal Lieder. Als hätten sie vorher nie existiert. War es da nicht naheliegend, dass auch das Ffolk keines natürlichen Ursprungs war, sondern Ergebnis einer Zucht aus den tiefen Hallen von Zarakthrôr? Dass sie mit den grobschlächtigen Bolgs vielleicht mehr verband, als sie ahnten?
    Der Gedanke beunruhigte ihn. Herr Kimberon hätte ihm vielleicht Näheres darüber sagen können; Aldo hatte seit langem den Verdacht, dass der Kustos des Ffolksmuseums mehr über die Ursprünge des Ffolks wusste, als er zugab.
    Nun, er würde es herausfinden. Das schwor er sich. Was immer dabei herauskommen mochte, es würde ihm zumindest Gewissheit bringen. Gewissheit über ihn selbst.
    In dieser Nacht hatte Aldo einen seltsamen Traum.
    Er träumte, dass er durch eine Welt voller Nebel ging, über einen felsigen Grund zwischen schneebedeckten Gipfeln. Was ihn verwunderte, denn bislang hatte er die Spitzen des Sichelgebirges immer nur aus der Ferne gesehen; er wusste gar nicht, wie es war, in solchen Höhen zu wandern. Er war allein. Der Weg, ein schmaler Bergpfad, der sich vor ihm erstreckte, war deutlich zu erkennen, aber nach hundert oder hundertzwanzig Ffuß verlor er sich in der umgebenden Graue.
    Dann sah er einen Schatten im Nebel. Er besaß eine seltsame, missgestaltete Form: ein Wesen mit riesigen Ohren und einer langen Nase, das auf allen vieren zu gehen schien. Ein Schauder überlief ihn ob dieser gespenstischen Erscheinung; dann hätte er beinahe aufgelacht, als er erkannte, was es war. Es war Alexis, ebenso allein umherirrend wie er.
    Er wollte nach ihm rufen, aber dies war ein Traum, und deshalb konnte er keinen Laut von sich geben. Er ging auf den Esel zu, bis er ihn deutlich erkennen konnte. Alexis trug einen abgerissenen Strick um den Hals. Der Blick des Tieres war wirr und voller Furcht, als sei es schon lange einsam dort herumgeirrt. Aldo war jetzt so nahe, dass er das Weiße in den Augen des Esels erkennen konnte.
    Plötzlich stand er an einem steilen Abgrund. Wild ruderte er mit den Armen, und das erschreckte ihn so sehr …
    … dass er aufwachte.
    Es war Morgen, und es war kalt. Durch sein Herumstrampeln hatte er den Mantel, in den er sich gehüllt hatte, abgestreift. Nur sein Rücken war warm, und als er sich umdrehte, griffen seine Finger in das graue Fell des Esels, der sich in der Nacht neben ihm zum Schlafen niedergelegt hatte. Alexis hatte die Augen geschlossen und schnarchte.
    Aldo wurde ganz seltsam zumute. Wie konnte er so einen Blödsinn träumen? Allerdings hatten sie mit dem Esel, wenn man es recht überlegte, wirklich ein Problem. Wenn sie in das unterirdische Reich von Zarakthrôr hinabstiegen, würde es mehr als gutes Zureden brauchen, um Alexis dazu zu bewegen, ihnen zu folgen. Er erinnerte sich noch, wie es nur Fabian gelungen war, das Grautier dazu zu überreden, das kurze Stück durch den Wasserfall und den Höhlengang zu gehen, der in das Verborgene Reich führte. Und Fabian war nicht mehr bei ihnen.
    Aldo seufzte und machte sich daran, das Feuer wieder anzufachen. Als es zu knistern begann, schälten sich die anderen allmählich aus ihren Umhängen. Mit einer geschmeidigen Bewegung ließ sich Gilfalas neben dem Feuer in die Hocke nieder und rieb sich die Hände.
    »In welche Richtung müssen wir, Burin?«, fragte er.
    Burin drehte sich wie eine Zwerg gewordene Kompassnadel und wies mit dem Finger. »Dort lang«, sagte er.
    Ihr Frühstück war kärglich, und zu trinken gab es nur Wasser. Ihre Vorräte gingen zur Neige; selbst die Rucksäcke der Elben waren nicht unerschöpflich.
    Als sie aufbrachen, war die Stimmung gedämpft. Burin war schweigsam; hin und wieder drehte er den Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung, als suche er ein fernes Signal, um sich daran zu orientieren. Gilfalas konnte die Gewissheit des Zwergen immer noch nicht teilen; für ihn war dies eine Reise ohne Ziel. Auch Ithúriël war schweigsam und in sich gekehrt, und Aldo machte sich seine Gedanken.
    Nur Gorbaz schien sich nicht verändert zu haben. Aus seinen Augen sprach nicht die geringste Regung. Er war von einer Unerschütterlichkeit, die geradezu etwas Beruhigendes hatte; sie hatten sich mittlerweile so daran gewöhnt, dass es ihnen kaum noch bewusst war, wie sehr sie auf seine Verlässlichkeit bauten.
    Die Gegend in diesem östlichen Teil des Zerbrochenen Landes war nicht ganz so öde und trostlos wie jene auf ihrem früheren Marsch. Hier und da von

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