Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Reparationen erforderlichen 500 Millionen Dollar und darüber hinaus über einen enormen Überschuss an ausländischem Kapital. Ein Teil dieses Geldes war in den Wiederaufbau der Industrie geflossen, aber eine sehr große Summe war von den neu autorisierten Staaten, Städten und Gemeinden der jungen Demokratie absorbiert worden, um Schwimmbäder, Theater, Sportstadien und sogar Opernhäuser zu bauen. Der Eifer, mit dem ausländische Bankiers für ihre Güter trommelten, führte zu zahlreichen unklugen Investitionen und viel Verschwendung – eine Kleinstadt in Bayern, die beschlossen hatte, sich 125 000 Dollar zu leihen, wurde überredet, diesen Betrag auf drei Millionen Dollar aufzustocken.
Da so viel ausländisches Geld ins Land kam, explodierten die Importe, und der Druck auf die Regierung, die Härten von 1924 und 1925 abzumildern, wurde unerbittlich. 1926 schrieb die Regierung selbst wieder rote Zahlen. Sie waren allerdings moderat – nur 200 Millionen Dollar oder weniger als 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – im Vergleich zu den enormen Defiziten in den Jahren der Hyperinflation, und da sie mit harter ausländischer Währung finanziert waren, führten sie nicht zu Inflation.
Schacht als einer der Architekten dieses echten Wirtschaftswunders hätte in jeder Hinsicht ein glücklicher Mann sein sollen. Stattdessen war er immer noch besessen von den Reparationen. Sogar in der Zeit des Dawes-Plans war er nie vollständig davon überzeugt, dass Deutschland die vorgesehenen Summen zahlen konnte oder auch nur zahlen sollte. Dennoch hatte er widerwillig den Plan und die damit verbundenen Auslandskredite unterstützt. Er hatte gehofft, dass, wenn sich die Kredite aus den USA ansammelten und als Anspruch an die deutschen Devisenreserven eine Konkurrenz zu den Reparationen darstellten, eine mächtige Lobby amerikanischer Bankiers entstehen werde, die mit den deutschen Behörden ein gemeinsames Interesse daran hätten, dass die zukünftigen Zahlungen an die Alliierten reduziert würden.
Aber Deutschland verschuldete sich nun zu stark im Ausland. Schacht machte sich Sorgen, die Auslandsschulden könnten so hoch werden, dass sie am Tag der Rückzahlung eine gigantische Zahlungskrise und den Staatsbankrott auslösen würden. Es hatte für Deutschland keinen Sinn, sich Dollars zu leihen, um damit wunderbar moderne städtische Annehmlichkeiten wie Opernhäuser zu finanzieren, die niemals die für die Rückzahlung der Kredite erforderlichen Devisen einbringen würden. Zudem herrschte in Deutschland ein derartiger Überfluss an ausländischem Kapital und das Land wurde von einem so auffälligen Boom angetrieben, dass es Schacht immer schwerer fiel zu argumentieren, die Republik könne ihre Reparationsverpflichtungen nicht erfüllen. Der künstliche Boom gab jedem im Land und im Ausland ein falsches Gefühl der Prosperität – eine »Chimäre«, wie er es nannte.
Sein Problem war, dass er an der Situation nicht viel ändern konnte. Wenn er die Kreditvergabe zu drosseln versuchte, um den Boom im Inland abzubremsen, würde er damit die Menschen ermutigen, im Ausland nach billigeren Krediten zu suchen und so die ohnehin schon exzessive Kreditaufnahme im Ausland noch weiter anheizen.
Er war kein Mann, der sich über ein Dilemma zu lange den Kopf zerbrach. Für jemanden, der den Ruf eines berechnenden Opportunisten hatte, war er in vielerlei Hinsicht seltsam impulsiv. Am Donnerstag, dem 12. Mai 1927, schritt er zur Tat. Die Reichsbank instruierte jede Bank in Deutschland, ihre Kredite für Wertpapierkäufe sofort um 25 Prozent zu kürzen. Am nächsten Tag, den die Berliner Presse später als »Schwarzen Freitag« bezeichnen sollte, sanken die Aktienkurse um zehn Prozent. In den nächsten sechs Monaten rutschten sie um weitere 20 Prozent ab.
Indem er sich gegen die Spekulanten wandte, hoffte Schacht, die Atmosphäre des übermäßigen Selbstvertrauens zu erschüttern und den Strom ausländischen Kapitals nach Deutschland zu zügeln. Das erwies sich als schwere Fehlkalkulation. Obwohl die Aktienkurse in den vergangenen fünf Jahren stark gestiegen waren, war dies eine Erholung vom Rande der Katastrophe. Der Markt war in keiner Weise überbewertet – Anfang 1927 lag die Gesamtkapitalisierung nur bei etwa sieben Milliarden Dollar, was weniger als 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und nur 60 Prozent des Vorkriegsniveaus entsprach. Außerdem verschuldeten sich die gegen Schwankungen des Aktienmarkts immunen deutschen
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