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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Fuß. Er hatte seine Geringschätzung der Franzosen und ihrer Art, Dinge zu erledigen, nie verborgen – die ständigen Intrigen und Nahkämpfe, die chronische Instabilität der Regierungen und die maßlose Rolle des französischen Staats. 1924 und vor allem 1925, nachdem Großbritannien zum Goldstandard zurückgekehrt war, hatte er die finanziellen Probleme Frankreichs nicht ohne Schadenfreude beobachtet. Als der Franc abstürzte, gestand er Strong, die Position Frankreichs, das seit dem Krieg als Beispiel für die Vorteile eines unorthodoxen Finanzmanagements galt, bringe ihn zum »Schmunzeln«.
    Moreau seinerseits erwiderte diese Feinseligkeit. Seit seinem allerersten Tag im Amt hatte er sich über die überhebliche Annahme der angelsächsischen Bankiers geärgert, die Franzosen würden ohne ihre Hilfe den Franc nicht stabilisieren können. Ein großer Teil dieser Animositäten richtete sich direkt gegen Norman; in ganz Europa misstraute man dem Präsidenten der Bank of England immer mehr – mit Ausnahme Deutschlands. Strong hatte das im Sommer 1926 bemerkt und schrieb, die Finanz-Verantwortlichen auf dem Kontinent »scheinen ihn zu fürchten und ihm irgendwie zu misstrauen.«
    Die Banque de France hatte Überfluss an harter Währung, und der Franc war stabil. Daher war Moreau fest entschlossen, seine neue Unabhängigkeit dazu zu nutzen, das finanzielle Ansehen Frankreichs wiederherzustellen. Er hatte nicht vergessen, dass Paris vor dem Krieg das zweitwichtigste Finanzzentrum der Welt gewesen war.
    Seine erste Chance zur Bewährung auf der internationalen Bühne hatte er im Zusammenhang mit einem Kredit an Polen, das nach dem Krieg seine Unabhängigkeit wiedererlangt hatte und historisch als Partner Frankreichs bei der Eingrenzung deutschen Machtstrebens gesehen wurde. Ende 1926 stellte ein Konsortium von Zentralbanken, darunter die Federal Reserve, die Bank of England, die Reichsbank und nun auch die Banque de France, ein Finanzpaket zusammen, das bei der Stabilisierung des polnischen Zloty helfen sollte. Als Norman die Führungsrolle anstrebte, widersprachen die Franzosen scharf, denn sie verstanden dies als Versuch der Briten, sich in ihren traditionellen Einflussbereich in Osteuropa einzumischen. Für Moreau war dies ein weiteres Beispiel für Normans »imperialistische Träume«.
    Im Februar 1927 versuchte die Banque zudem, die Bedingungen eines Kredits der Bank of England neu auszuhandeln, der schon 1916 gewährt und durch französisches Gold abgesichert worden war. Wie meistens, wenn es um Frankreich ging, war Norman dabei nicht hilfreich, sondern stellte etliche Hindernisse in den Weg. Von Normans Obstruktionspolitik verärgert, überraschte die Banque de France die Bank of England im Mai mit der Ankündigung, den Kredit zu tilgen und die 90 Millionen an Goldreserven zurückzufordern, die als Sicherheit gedient hatten. Im folgenden Monat, ohne die Briten auch nur zu konsultieren, gab die Banque Instruktionen heraus, dass Sterling-Reserven im Gegenwert von 100 Millionen Dollar in Gold umgewandelt werden sollten. Das hätte dazu geführt, dass Gold im Wert von fast 200 Millionen Dollar aus den Reserven der Bank of England herausgezogen worden wären. Beide Aktionen trafen Norman wie ein Schock. Moreaus Anforderungen seien »unberechenbar« und würden »den Goldstandard gefährden«, beklagte er sich bei Strong.
    In den ersten Monaten 1927 trafen sich Norman und Moreau mehrmals – in Paris im Februar, in London im März und im Terminus Hotel in Calais Anfang April –, um zu einer Einigung über diese Themen zu gelangen. Obwohl die Spannungen zwischen beiden nie in einen offenen Konflikt ausarteten – sie wahrten sorgfältig eine frostige Höflichkeit bei ihren Verhandlungen –, waren ihre gegenseitige Abneigung und das Misstrauen zwischen ihnen nicht zu übersehen. Moreau hatte eindeutig nicht vergessen, wie unwillig Norman gewesen war, Frankreich am Höhepunkt der Krise im vorangegangenen Jahr zu Hilfe zu kommen – im krassen Gegensatz zu der Art und Weise, wie die Engländer 1924 Schacht und den Deutschen geholfen hatten.
    Der Goldstandard war ein traditionelles Sicherheitsventil für Verhandlungen über Verschiebungen der Goldbestände. Das Schrumpfen der Reserven in demjenigen Land, das Gold verlor, sollte zu einer automatischen Kreditverknappung und zu einem Zinsanstieg führen. Das würde die Kaufkraft des betreffenden Landes senken und Geld aus dem Ausland anlocken. Das Land, dessen Goldreserven

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