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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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zynische Stimmung in den Verhandlungsräumen auszubreiten. Lord Revelstoke beklagte sich in seinem Tagebuch, dass die Sitzungen »in die Länge gezogen, ermüdend und alles andere als befriedigend« verliefen. »Schacht hat wieder seine negativste Haltung eingenommen und ist in keiner Weise hilfreich.« Einer der anwesenden Journalisten beschrieb Schacht, der aus den Besprechungen stürmte und drohte, die Verhandlungen abzubrechen, als einen »vehementen und intoleranten Mann, erregbar und dogmatisch … der taktloseste, aggressivste und reizbarste Mensch, den ich jemals in der Öffentlichkeit gesehen habe.« Mit seinen »Wutanfällen und seiner Zurschaustellung« stieß er alle anderen Delegierten ab. Für Revelstoke sah Schacht »mit seinem zerhackten teutonischen Gesicht, seinem stämmigen Hals und dem schlecht sitzenden Hemdkragen« aus wie »ein Seelöwe im Zoo.«
    Moreau dagegen saß halsstarrig und schlecht gelaunt da, mit geschlossenem Mund »wie eine stählerne Falle, wenn Schacht über Armut und Zahlungsunfähigkeit spricht.« Als Moreau sah, wie sich die Deutschen immer stärker isolierten, versuchte er ruhig zu bleiben und sie sich ihr eigenes Grab schaufeln zu lassen. Aber schließlich konnte er sich nicht mehr zurückhalten, explodierte und beschuldigte Schacht in aller Öffentlichkeit, unlautere Verhandlungen zu führen. Jack Morgan war gelangweilt von den Details, die er normalerweise seinen Untergebenen überließ und erschüttert von seinem einzigen Versuch, mit Schacht ein vernünftiges Gespräch zu führen. Er brach mit dem Erzbischof von Canterbury auf seiner Yacht zu einer Kreuzfahrt in der Adria und der Ägäis auf. Er beklagte sich: »Wenn die Hölle eine Kombination aus Paris und einer internationalen Konferenz ist, dann birgt sie viele Schrecken und ich werde versuchen, ihr zu entgehen.«
    Die deutschen Delegierten fanden die Atmosphäre in Paris bedrohlich. Sie litten nicht unter Verfolgungswahn. Die französische Geheimpolizei hörte ihre Telefone ab. Die gesamte Kommunikation mit der Regierung musste über Boten oder mit verschlüsselten Telegrammen erfolgen, wobei jeder der 28 Teilnehmer einen Codenamen erhielt. Die drei ranghöchsten Repräsentanten, darunter auch Schacht, reisten abwechselnd alle zwei Wochen mit dem Zug nach Berlin, um das Kabinett zu informieren.
    Anfang April fühlte sich Young endlich dazu bereit, den Alliierten zu erlauben, ihre Vorschläge auf den Tisch zu legen. Deutschland sollte 37 Jahre lang jährliche Zahlungen von 525 Millionen Dollar leisten, um die Kriegsschulden der Alliierten in den USA exakt auszugleichen, und dann weitere 21 Jahre lang je 400 Millionen Dollar. Die Alliierten stellten klar, der einzige Grund, warum sie zwei Generationen von Deutschen die Reparationen aufluden, sei die Tatsache, dass sie für einen ebenso langen Zeitraum Schulden in den USA hatten. Als er den Vorschlag der Alliierten hörte, wurde Schacht blass und erklärte die Sitzung mit zornbebender Stimme für beendet.
    Jetzt wurde ihm klar, wie vollständig er sich verrechnet hatte. Die Macht der amerikanischen Bankiers, Druck auf die Alliierten auszuüben, hatte dazu geführt, dass die US-Regierung nicht mehr über eine Reduzierung der Kriegsschulden nachdenken wollte. Ohne einen solchen Schritt würden die Alliierten ihre Ansprüche an Deutschland aber nicht senken. Nun steckte Schacht in der Klemme. Wenn er die Konferenz scheitern ließ, würde dies sehr wahrscheinlich eine Finanzkrise in Deutschland auslösen, an der man ihm die Schuld geben würde. Wenn er den Bedingungen zustimmte, so fürchtete er, würde man ihn allerdings ebenfalls schmähen.
    Schacht war schon immer ein Glücksspieler gewesen. In einem verzweifelten Versuch, sich weitere Optionen zu eröffnen, beschloss er, das deutsche Angebot radikal zu verändern. Die Beschlagnahme der deutschen Kolonien hatte er stets für eine der größten Ungerechtigkeiten des Vertrags von Versailles gehalten. Dabei handelte es sich um eine seltsame Ansammlung von Gebieten, die Deutschland, das zu spät in die Balgerei um ein Kolonialreich eingetreten war, angesammelt hatte. Dazu gehörten der größte Teil von Samoa, ein Teil von Neuguinea, Togo, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun und Tanganjika. Schacht behauptete in wenig glaubhafter Weise, diese Kolonien seien für Deutschland 20 Milliarden Dollar wert gewesen. Dieser Betrag war sogar höher als die Rechnung für die Reparationen. Nun argumentierte er, Deutschland sei nicht in der

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