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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Art Börsentipp-Blatt. 1928 zählte sie Hunderttausende Investoren zu ihren Anhängern. Sie nutzte die Leichtgläubigkeit und die Gier der Sparer aus der Provinz, die ihre Kunden waren – Gemeindepriester, Soldaten im Ruhestand, Lehrer und Ladenbesitzer –,
um für Aktien zu werben, die oft wenig mehr waren als Unternehmen auf dem Papier. Als ihr Erfolg die Aufmerksamkeit der Behörden weckte, hielt Hanau, die von der Presse den Spitznamen »Die große Katharina der Finanzen« erhalten hatte, die Staatsanwälte in Schach, indem sie Politiker bestach. Der Erzbischof von Paris war einer ihrer Kunden. Aber schließlich brachten ihre Extravaganzen sie zu Fall: Sie reiste stets mit einem Konvoi aus zwei Limousinen, falls eine davon ausfallen würde, gab regelmäßig 100 000 Dollar für Diamanten aus und verbrachte ihre Wochenenden des Öfteren an den Spieltischen in Monte Carlo. Im Dezember 1928 wurde sie verhaftet und in den Bankrott gezwungen, wobei sie Schulden in Höhe von 25 Millionen Dollar hinterließ. Jetzt saß sie im Gefängnis und drohte, Namen zu nennen. 43
    Die Deutschen wurden im Royal Monceau untergebracht, einem neuen Luxushotel in der Nähe des Arc de Triomphe. Man stellte ihnen für die Dauer der Konferenz vier Limousinen von Mercedes-Benz zur Verfügung. Dies war die erste Konferenz, bei der sie sich als gleichberechtigte Gesprächspartner und nicht als Feinde behandelt fühlten. Sie wurden sogar zum feierlichen Eröffnungsbankett in der Banque de France am Samstag, dem 9. Februar eingeladen. Gastgeber war Émile Moreau als Leiter der französischen Delegation. Die USA wurden von Owen Young und Jack Morgan vertreten, der sich mit Thomas Lamont abwechselte. Aus Großbritannien kamen Sir Josiah Stamp, Mitglied der ersten Reparationskommission von 1921, und Lord Revelstoke, einer der fünf gleichberechtigten Teilhaber der Familie Barings und Präsident der Bank. Der Industrielle Alberto Pirelli, einer der reichsten Männer Italiens, und der Bankier Émile Francqui, der reichste Mann Belgiens, vertraten ihre Länder. Eine Delegation aus Japan nahm ebenfalls teil. Für viele der Männer, die schon bei den Dawes-Verhandlungen dabei gewesen waren, war es ein Wiedersehen.
    Bei einem sechsgängigen Menü wählten die Delegierten Owen Young mit seinem perfekten diplomatischen Geschick zum Verhandlungsführer. Zu den Austern aus Ostende gab es einen 1921er Chablis, zum Hummer à l’Américaine einen 1919er Pouilly, zum Wildbraten einen 1881er Château Rothschild, zum Fasan Lukullus einen 1921er Clos de Vougeot, zum Spargelsalat einen 1910er Château d’Yquem, zum Dessert einen 1910er Champagner Grand Fine und schließlich zum Kaffee eine Flasche Cognac Napoléon Jahrgang 1820.
    Am 11. Februar begann die Young-Konferenz – später nannte man sie so, aber für den Moment sprach man von der zweiten Dawes-Konferenz – im Blauen Salon des Hotels George V. Im vorangegangenen Jahrzehnt war Paris Schauplatz so vieler internationaler Treffen gewesen, dass jedes andere Grand Hotel – das Crillon an der Place de la Concorde, das Bristol in der Rue Saint Honoré, das Majestic in der Avenue Kléber und das Astoria auf den Champs-Élysées – in seinen Korridoren und Konferenzräumen die Echos der Versammlungen von Staatsmännern trug, die in Verbitterung geendet hatten. Es erschien passend, wie eine Art Übergangsritus, dass das erst vor Kurzem eröffnete George V. Ort dieses Treffens war, ehe es seinen Platz unter den wirklichen hôtels de luxe von Paris beanspruchen konnte.
    Als die Teilnehmer am zweiten Tag um den hufeisenförmigen Tisch versammelt waren, legte Schacht sein Eröffnungsangebot vor – jährlich 250 Millionen Dollar für die kommenden 37 Jahre. Moreau teilte Young mit, dass Frankreich keinen geringeren Betrag als 600 Millionen Dollar pro Jahr für die vollen 62 Jahre akzeptieren und vielleicht sogar eine Milliarde Dollar verlangen werde. Young war schockiert über die riesige Lücke zwischen den beiden wichtigsten Protagonisten. Als vollendeter Finanzdiplomat und weil er wusste, dass eine verfrühte Diskussion über die Höhe der Reparationen nur zu einem frühen Scheitern der Verhandlungen führen würde, sorgte er dafür, dass Unterkomitees gebildet wurden, in denen in den folgenden sechs Wochen um dieses Thema herumgeredet wurde, während er diese Zeit für eine Pendeldiplomatie zwischen den Deutschen und den Franzosen nutzte.
    In der sechsten Woche der Konferenz begann sich eine missmutige und

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